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Alba Berlin streicht CheerleaderinnenFeminismus für Faule

Alba Berlin schafft das Cheerleading ab und hält sich für progressiv. Doch das Problem ist nicht der Sport der Frauen, sondern der Blick der Männer.

Weniger Cheerleaderinnen? Mehr Cheerleader! Das muss die Antwort sein Foto: dpa

Der Basketballverein Alba Berlin wird bei Heimspielen künftig auf Auftritte von Cheerleaderinnen verzichten. Es sei „der Eindruck entstanden, dass Frauen bei Alba vor allem für die tanzende Pausenunterhaltung zuständig sind, während Männer Basketball spielen“, begründete der Geschäftsführer Marco Baldi die Entscheidung am Wochenende. Das „Auftreten junger Frauen als attraktive Pausenfüller“ sei nicht mehr zeitgemäß.

Nun sind die Cheerleaderinnen weg, der Sexismus aber bleibt. Natürlich ist es falsch, wenn weibliche Körper für den männlichen Blick sexualisiert werden. Und es ist ebenso falsch, wenn sie als seichte Pausenunterhaltung zwischen den Leistungen der Männer wahrgenommen werden. Aber wer glaubt, Frauen vermeintliche Emanzipation vorschreiben zu können, hat Feminismus missverstanden.

Cheerleading ist ein traditionsreicher Leistungssport, es gibt eine Welt- und eine Europameisterschaft, eine Bundesliga und eine Deutsche Meisterschaft. Das Problem an der Wahrnehmung von Cheerleaderinnen ist nicht der Sport der Frauen, sondern der Blick der Männer. So ist es wie immer im Patriarchat: Frauen erfahren Sexismus, aber nicht die Männer müssen ihr Verhalten ändern, sondern die Frauen sollen sich anpassen.

Albas Alternativen

Was Alba Berlin stattdessen hätte tun können: Einfach mal die Frauen fragen. „Wer denkt, diese Entscheidung sei ‚zeitgemäß‘, hat die letzten 100 Jahre Emanzipation verpasst“, schrieb eine der Cheerleaderinnen auf Instagram: „Enttäuschung ist gar kein ausreichender Ausdruck für diese mehr als erbärmliche Rechtfertigung.“ Auch Alba-Trainerin Valesca Stix erklärte: „Ich kann verstehen, wenn man sich umorientieren möchte, aber die Begründung finde ich persönlich falsch.“

Das Problem an der Wahrnehmung von Cheerleaderinnen ist nicht der Sport der Frauen, sondern der Blick der Männer

Oder, andere Möglichkeit: Dafür sorgen, dass Cheerleaderinnen nicht als „attraktive Pausenfüller“ wahrgenommen werden, sondern als das, was sie sind: Sportlerinnen. „Wenn man das als Sportart ankündigt und deutlich macht, was dahinter steckt, kriegt die Darbietung der Cheerleader auch gleich eine ganz andere Konnotation“, erklärte die Sportsoziologin Ilse Hartmann-Tews der Deutschen Welle.

Oder, noch eine andere Möglichkeit: Ein männliches Team gründen. Bestes Beispiel Wien, wo seit Jahren eine Gruppe männlicher Cheerleader das Vienna Roller Derby Frauenteam unterstützt. Neu ist das nicht: Cheerleading war im 19. Jahrhundert in den USA eine Männerdomäne. Ein prominenter Vertreter: Der ehemalige US-Präsident George W. Bush, der während seiner Schulzeit in Massachusetts Cheerleader war.

Oder noch besser: Gleich das Frauenteam öffnen und ein diverses Team für alle Cheerleader*innen daraus machen. Andernorts gibt es das schon längst.

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17 Kommentare

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  • Meine Güte ist das alles verkopft.

  • Wenn ich hier durchscrolle, finde ich n haufen Dudes, die sagen, dass der Text scheiße ist. wegen Identitätspolitik, und weil Männer und Frauen doch eigentlich gleich sind und ZENSUR, ganz vergessen. (Bald dürfen wir garnichts mehr, niemand hat mich lieb)



    Nur Gastnutzer 23 weiß sich würdevoll zu zu verteidigen. Chapeau.



    Wieso fällt es einigen linken Penisträgern so schwer, solidarisch zu sein?

  • Mein Blick war noch nie ein Problem. Mein Blick ist wunderschön und sehr achtungsvoll. Ich mag gemischte Puscheltänze.

  • Männer werden Frauen stets als Sexobjekte und potentielle Partner zur Paarung betrachten. Das ist die Natur des Säugetiers und wer mit seiner Ideologie gegen derartig fundamentale Mechanismen antreten will hat schon verloren. Darüber hinaus ist es gelinde gesagt eine Frechheit Männer für ihr Mensch sein zu verurteilen. Wohlgemerkt: Es geht hier um Blicke.

    Niemand hat ein Recht darauf zu bestimmen wie andere Menschen ihn wahrnehmen oder einordnen. Der Wunsch eben dies zu erreichen ist politisch im höchsten Maße autoritär und hat auf der psychologischen Ebene ganz klar narzisstische Züge.

    Es ist die Natur der Identitätsbasierten Politik einen gemeingültigen Anspruch der Interessensvertretung für alle Mitglieder der Gruppe zu proklamieren, der man sich selber primär zuordnet. Entsprechend tun das auch Feministinnin und müssen dieser Logik nach Frauen maßregeln, die nicht „im Sinne der Frauen“ ergo des Feminismus handeln. Deshalb lehne ich Identitätspolitik kategorisch ab. Die Widersprüche sind weitreichend und nicht auszuräumen.

    • @Januß:

      Wenn also ein Mann mir anzügliche Blicke zuwirft, dann ist das nicht seine Schuld, sondern meine, weil ich mich daran störe? Ich sollte nach ihrer Logik lieber denken: "Der arme triebgesteuerte Kerl, der kann halt nicht anders."



      Das ist ein wirklich armseliges Bild eines amannes, das Sie da zeichnen. Mein Mann schämt sich für Sie fremd...

    • @Januß:

      Genau meine Meinung, nur konnte ich sie noch nicht so gut artikulieren. Danke!

  • "Dafür sorgen, dass Cheerleaderinnen nicht als „attraktive Pausenfüller“ wahrgenommen werden, sondern als das, was sie sind: Sportlerinnen."



    Der Kontext ist doch aber das Basketball/Volleyball... -spiel. Sicherlich könnte/müsste Cheerleading hinsichtlich Körpernorm und Geschlecht aufgebrochen werden. Da sehe ich vorherrschend schon das Problem, dass Cheerleading wie das Präsentieren von Produkten auf Messen durch leichtbekleidete Frauen "eine bloße Garnitur" funktioniert bzw. diese Rolle zugewiesen wird - insbesondere, wenn Cheerleading während eines/für ein Spiel eines Männerteams gemacht wird. Das ist typisch für Patriarchat, Sexismus: Frauen als "attraktives, nettes Beiwerk". Eine Frage für jede Person für sich wäre, wie erfüllend es sein kann, Sport für das Ziel des "Pausenfüllens" zu machen. Alternativ kann ja Cheerleading wie Tanzen und Turnen als eigene Sportart inszeniert werden und nicht in Bezug auf eine andere Sportart.

  • "wie immer im Patriarchat"?

    Die gesellschaftliche Stellung der Frauen hat sich in Deutschland (und in vielen Teilen Europas/der Welt) v.a. im letzten halben Jahrhundert so deutlich verbessert, v.a. durch die Erfolge der traditionellen Frauenbewegung, daß hier und heute die



    Rede von 'wie immer im Patriarchat' eine anachronistische Worthülse ist, der die Wirklichkeit nicht mehr entspricht.

    Jedenfalls wenn mit 'dem Patriarchat' die gesamte Gesellschaft gemeint ist.

    Gleichwohl gibt es in einigen gesellschaftlichen Subsystemen Geschlechterverhältnisse, die m.E. den Begriff 'patriarchalisch' verdienen.

  • Cheerleading und Stangentanz mögen zwar im ´ehrbaren´ Leistungssport angekommen sein, aber der Zweck der Übungen war ursprünglich ein angesäuseltes männliches Publikum weiter anzuheitern.



    Wie auch das Tütü im Ballett eher dem uneingeschränken Schlüpferblick dient als der uneingeschränkten Bewegungsfreiheit.



    Und das das Cheerleading ursprünglich unterbrechende gamsbockduellartige Zusammenrennen muskelbepackter Berserker mag mittlerweile intellektuell Grossmeisterschachpartien das Wasser reichen können, der männliche Intellekt war aber ursprünglich nicht als spielentscheidendes Kriterium gedacht.



    Oder wir entregen und entpuritanisieren uns und akzeptieren den hirnfernen Eros als natürlichen Bestandteil des Sports, statt dem vergeistigten Kastraten als Gesellschaftsdiskurs-suspensorium zu huldigen.

  • "Der Blick der Männer ist das Problem"



    Wahnsinn. Sanktionieren wir doch Blicke, bald Gedanken. Kopf aus, Daumen hoch.

    • @relation:

      Ich verstehe Ihre Bedenken, Herr Gomringer.

  • Die Autorin weist in ihrem Artikel ja bereits sehr nachdrücklich darauf hin, das Cheerleader als Sport wahrgenommen werden wollen.

    Können sie gerne und sie dürfen ja auch weiterhin an Weltmeisterschaften teilnehmen.

    Aber darum geht es ja gar nicht.

    Es geht um den Event. Ich persönlich halte Cheerleader für einen GermaniesNextTopModel-Auswuchs von Sport. Man muss aber nicht alles gut finden, was junge Mädchen so treiben, um bejubelt zu werden.

    Es gibt Alternativen.

  • Der Autor scheint ja ein ganz Schlimmer zu sein, schlägt er doch nur ein diverses Cheerleader Team vor. Das scheint progressiv, ist aber nur eine Nebelkerze.



    Was ist mit Integration und Inklusion? Es ist nicht der Blick der Männer allein, es ist auch die Gleichgültigkeit einer ignoranten Gesellschaft, die mich traurig macht.



    So, jetzt trieft aus meinem Geschreibsel genauso viel Schmalz, wie aus obigem Textgebilde dieses Presseerzeugnisses.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Was ist daran falsch, wenn ich mich am Körper meiner Frau erfreue und sie sich an meinem? Als Journalist sollte man präziser schreiben. Oder, wenn Sie das so gemeint haben, wie sie es schreiben, dann kann man nicht mehr helfen.



    Cheerleading gehört zur Ami-Kultur, die die Welt zerstört.

  • "Weniger Cheerleaderinnen? Mehr Cheerleader! Das muss die Antwort sein"

    Ganz einfach nein.

    Mehr Spiel und weniger drumherum ist die Lösung.

    Warum geht kaum jemand zu Spielen der Damen von Alba oder warum zum Teufel spielen die immer noch in der 2. Bundesliga Nord?

    Wenn der Autor mal, wie sagt es die Deutsche Bank, einen positiven Beitrag leisten will, sammelt er mal in der Redaktion und privat Leute ein und bringt die mal zu einem Spiel der Alba Damen.

    Erstes Heimspiel ist gegen Osnabrück, 13.10. Wo die Max Schmeling Halle ist, kriegen Sie bis dahin selbst raus.

  • Ist Cheerleading Sport? Sicher.

    Ist es herausfordernd und fordert Spitzenleistung? Auch dieses.

    Es hat jedoch nur einen einzigen Zweck und der steht unmissverständlich im Namen: Cheer-leading. Die Einstellung des Vereins, so verbesserungswürdig sie in anderen Punkten auch sein mag, finde ich sehr begrüßenswert: Sexy Körperkultur als Pausenunterhaltung ist vielleicht gerade nicht zeitgemäß. Ein diverses Cheerleading-Team wäre meine Meinung nach ein Schritt in die falsche Richtung.

    Das Cheerleading, was nicht als Pausenfüller gemeint ist, heißt übrigens Akrobatik bzw. Turnen. Darin gibt es eigene Wettkämpfe, da muss man nichts krampfhaft anders "ankündigen".

    Und noch eines: Sowohl Cheerleading als auch Basketball dienen zum Gutteil dazu, dem Kult des Körpers und dem Genuss der Ästhetik der Bewegung zu frönen. Vielleicht kann man dieses Teenagergehampel auch einfach sein lassen und sich das selbst eingestehen. Man muss seinen Sportidolen ja nicht gleich an die Wäsche wollen...

  • Daumen hoch für diesen Text.

    Auch wenn gute Absichten dahinter standen, war die Entscheidung der Verantwortlichen total falsch.