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Aktivist über Rodungen für Schokofabrik„Ökozid ist Ökoterrorismus“

In Halle (Westfalen) will Storck einen Wald für eine Fabrikerweiterung roden. Ak­ti­vis­t:in­nen haben die Bäume besetzt und einen Teilsieg errungen.

Waldschäden: Der Klimawandel gefährdet den Wald wie hier in NRW ohnehin schon Foto: dpa
Interview von Andreas Wyputta

In Halle in Westfalen wird gegen die Schokoladenfirma Storck protestiert. Warum?

Mit etwa drei Milliarden Euro Umsatz ist Storck schon heute einer der weltweit größten Süßwarenproduzenten. Jetzt soll das Werk erweitert und dazu ein Bach verlegt werden. Dafür sollen 200 Jahre alte, gesunde Bäume gefällt und anschließend noch einmal 7 Hektar Wald vernichtet werden. Als Klimabewegung haben Gruppen wie Extinction Rebellion und Ende Gelände den Wald deshalb besetzt – unterstützt von Fridays for Future.

privat
Im Interview: Thomas Müller-Schwefe

66, ist promovierter Mediziner. Er hat 28 Jahre als niedergelassener Hausarzt in Bielefeld gearbeitet. In der Klimabewegung engagiert er sich seit zehn Jahren – und hat zum Schutz des Walds in Halle die vergangenen Nächte im Freien geschlafen.

Warum ist dieses Stück Wald so wichtig?

Der Klimawandel, die Trockenheit lässt Bäume weltweit sterben. Hier in Ostwestfalen ist der Gebirgszug des Teutoburger Walds bald nackt – das ist von Halle mit bloßem Auge zu sehen. Bundesweit haben wir bereits 280.000 Hektar Wald verloren – das muss selbst SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze einräumen. Deshalb können wir nicht hinnehmen, dass gesunde Bäume abgeholzt werden, um die Diabetesdichte in Deutschland zu erhöhen. Hier geht es um die Zukunft und die Gesundheit unserer Kinder: Die dürfen nicht den Interessen von Großindustriellen und Lokalpolitikern geopfert werden.

Storck und die Stadt Halle, denen jeweils ein Teil des Walds gehört, haben am Donnerstag verkündet, zunächst auf eine gewaltsame Räumung durch die Polizei verzichten zu wollen. Ist das nicht ein Riesen-Erfolg für die Besetzer:innen?

Wir sind kurzfristig erleichtert – aber nicht so dumm zu glauben, dass der Wald damit langfristig gerettet ist. Die Räumung wurde verschoben, nicht die Rodung. Wir werden deshalb vor Ort bleiben und genau beobachten, was passiert – nicht nur in Halle, sondern überall in Deutschland. Der erst am Mittwoch veröffentlichte Waldzustandsbericht der Bundesregierung sagt ganz klar: So schlecht wie heute ging es der Natur noch nie. Die Klimakatastrophe verhandelt nicht mit uns. Deshalb wird die Klimabewegung immer stärker, deshalb werden immer öfter Wälder besetzt – denn Politik und Industrie ignorieren die Wissenschaft.

Storck hat aber Ausgleich versprochen und will an anderer Stelle neue Bäume pflanzen.

Das funktioniert nicht. Denn in wenigen Jahren sind viele dieser Bäume vertrocknet. Als Ausgleich gezählt werden sie trotzdem. In Wahrheit geht es also um Kahlschlag ohne Ersatz. Außerdem: Ausgewachsene Buchen, wie sie hier in Halle gefällt werden sollen, haben bis zu 600.000 Blätter. Ein neu gepflanzter Baum hat zwischen 20 bis 80. Bis der also so viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre zieht wie ein alter, vergehen viele Jahrzehnte. Dann ist die massive Erderwärmung mit ihren ungezählten Hitzetoten schon längst Realität.

In Ostwestfalen wird bereits davor gewarnt, dass die Waldbesetzung das Risiko linksextremer Gewalt berge. Sind Sie ein Öko-Terrorist?

Ich bin Arzt im Ruhestand, komme aus einem gutbürgerlichen Spektrum. Ökozid, also die Vernichtung der Umwelt, ist Ökoterrorismus – und nicht der gewaltfreie Schutz der Natur. Hier vor Ort kenne ich fast alle Aktivist:innen. Von denen ist niemand gewalttätig. Gewaltfreiheit gehört zum Aktionskonsens. Wir sind friedlich – und wurden selbst als „Öko-Wichser“ beleidigt und angegriffen: Unbekannte haben in der Nacht einen Baum abgeholzt – und der hätte durchaus Wald­be­set­ze­r:in­nen treffen können. Trotzdem ermittelt die Polizei nur wegen Sachbeschädigung.

Aber Sie hoffen trotzdem, den Wald vor Storck retten zu können?

Wir machen uns keine Illusionen: Das ist ein Kampf von David gegen Goliath. Noch wichtiger als die Rettung des Walds ist, dass wir immer mehr Menschen bewegen. Hier vor Ort wird die Unterstützung durch die An­woh­ne­r:in­nen immer größer, weil sie sehen, wofür wir stehen: Für unsere Zukunft, für die Zukunft unserer Kinder, für alle Lebewesen. Wir sind alle Teil der Natur.

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10 Kommentare

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  • Womöglich hätte man mehr von der klimaerwärmunggerecht bepflanzten Ausgleichsfläche als von dem bestehenden Wald.

    Wenn dort sowieso schon die vertrockenen Flächen zu sehen sind, spricht das ja dafür, dass es dort ein Problem gibt und es in 10 Jahren noch viel kahler aussieht.

    Um die Situation vor Ort geschildert zu bekommen, ist ein Mediziner vielleicht nicht der ideale Interviewpartner.

    • @rero:

      Was für eine seltsame Einstellung, einem Mediziner die Kompetenz abzusprechen, über den Klimawandel und die dafür äußerst wichtige Rolle von gesunden, jahrhunderte alten Bäumen wissenschaftlich belegte Fakten zu vertreten. Immerhin hat dieser Mann ein interdisziplinäres wissenschaftliches Studium und ein Berufsleben voller gesammelte Erfahrungen in diesem Bereich hinter sich und ist kognitive sehr wohl in der Lage, Zusammenhänge von Klimawandel und Waldvernichtung herzustellen, zumal unzählige wissenschaftliche Studien dies beweisen.



      Was ist eigentlich Ihr Studiengang gewesen, dass Sie glauben, diesen Mediziner so diskreditieren zu können?



      International Master of Narzissm?

      • @E. W.:

        Man braucht kein Narzisst zu sein, um auf die Idee zu kommen, dass ein Forstwirtschaftler oder Biologe zu dem Thema möglicherweise kompetenter Auskunft geben könnte als ein Mediziner.

  • Das Argument des Baumalter ist schon arg fragwürdig. Letztlich geht es ja nicht um den CO2-Umsatz von Bäumen, sondern darum, wie viel CO2 gebunden wird. Siehe dazu:

    biooekonomie.de/na...ssere-co2-speicher

    Im Prinzip muss man sich fragen, unter welchen Bedingungen man überhaupt noch Wälder abholzen darf, wenn schon ein Neupflanzen nicht ausreicht, um in den Augen der Aktivisten Sühne zu leisten. Gerade dieses Moralisieren in Richtung eines Konzerns, der nun wirklich nichts anderes tut, als Süßwaren herzustellen. Keine Waffen fertigt, keine Tierhaltung betreibt, keine seltenen Ressourcen verbraucht. Das ist ernsthaft fragwürdig...

    • @Stokes:

      Ihre Frage, "unter welchen Bedingungen man überhaupt noch Wälder abholzen darf", ist leicht zu beantworten: Wenn die Fläche, auf der die Bäume stehen, für Windkraftanlagen genutzt werden soll, z. B. im Reinhardswald in Hessen: ( taz.de/Initiative-...bb_message_4003126 ). Oder für eine Fabrik, in der E-Autos hergestellt werden sollen (nebst Gaskraftwerk auf dem Fabrikgelände von Tesla, weil die der Zuverlässigkeit einer Stromversorgung ihrer Gießerei durch "erneuerbare Energien" offenbar nicht recht trauen). Da lassen sich keine Aktivisten der Klimabewegung blicken, die das durch Waldbesetzungen verhindern wollen. Manche Bäume sind eben wichtig fürs Klima und manche nicht ;-).

      • @Budzylein:

        Das ist keine Rechtfertigung dafür noch mehr Wald abzuholzen, nach dem Motto "die machen es ja auch" , diese rechtfertigung benutzt u.a. Brasiliens Präsident um endlos viel Regenwald abzuholzen.....abgesehen davon ja es gibt Nutzwälder und Urwälder bzw. Wälder in denen Forstwirtschaft betrieben wird und Wälder die naturbelassen sind und wo keine Eingriffe des menschen stattfinden.....so gesehen gibt es Wälder die schützenwerter sind als andere, wobei die Fläche dann mit Beton zuzukippen meiner Meinung nach nie die der richtige Weg ist

    • @Stokes:

      Dass Zucker, aus dem Storck seine Süßwaren herstellt, neben Alkohol eine der schlimmsten legalen Drogen ist, die die Welt kennt, scheint Ihnen nicht bewusst zu sein. ZUCKER ist verantwortlich für Übergewicht, bis zur Fettleibigkeit, Fettleber, Diabetes Typ 1, Karies und kostet unsere Krankenkassen Milliarden. Wir brauchen nicht immer noch größere Süßigkeitenfabriken, und noch mehr krankmachende Süßigkeiten, vielmehr wäre es allerhöchste Zeit, die Herstellung dieses ganzen industriell gefertigten Zuckermists, der meist auch noch mit dem klimaschädlich gewonnenen Palmfett aufbereitet wird und obendrein ja nicht einmal gut schmeckt, zu reglementieren, einer höheren Besteuerung zu unterziehen, ähnlich der, die bei Spirituosen Anwendung findet.



      Dafür Wälder abholzen und Bachläufe verändern zu wollen, wäre ein schweres Vergehen gegen die Natur und gegen die Menschheit und ist, was den Klimawandel anbelangt, heutzutage nicht mehr zu verantworten.

    • @Stokes:

      Dass Zucker, aus dem Storck seine Süßwaren herstellt, neben Alkohol eine der schlimmsten legalen Drogen ist, die die Welt kennt, scheint Ihnen nicht bewusst zu sein. ZUCKER ist verantwortlich für Übergewicht, bis zur Fettleibigkeit, Fettleber, Diabetes Typ 1, Karies und kostet unsere Krankenkassen Milliarden. Wir brauchen nicht immer noch größere Süßigkeitenfabriken, und noch mehr krankmachende Süßigkeiten, vielmehr wäre es allerhöchste Zeit, die Herstellung dieses ganzen industriell gefertigten Zuckermists, der meist auch noch mit dem klimaschädlich gewonnenen Palmfett aufbereitet wird und obendrein ja nicht einmal gut schmeckt, zu reglementieren, einer höheren Besteuerung zu unterziehen, ähnlich der, die bei Spirituosen Anwendung findet.



      Dafür Wälder abholzen und Bachläufe verändern zu wollen, wäre ein schweres Vergehen gegen die Natur und gegen die Menschheit und ist, was den Klimawandel anbelangt, heutzutage nicht mehr zu verantworten.

    • @Stokes:

      Deine Aussage ist auch ernsthaft fragwürdig, denn sie versucht zu rechtfertigen warum Firmen die in deinen Augen ja nichts schlimmes tun gesunde Bäume, gesunde Wälder gesunde Ökosysteme zerstören dürfen, von der Flächenversiegelung und den Auswirkungen auf den Wasserhaushalt des Bodens ganz abgesehen....eine vernünftige rechtfertigung dafür gibt es selten bis nie ....nebenbei bemerkt bezieht auch Storck Kakao und Zucker oder Palmöl und das ist meist auch sehr problematisch für Umwelt und auch Arbeiter vor Ort abgesehen vom Ressourcenverbrauch

    • @Stokes:

      Für Kakao und Zucker wurde ja auch schon (Regen)Wald abgeholzt, also ist die Gesamtbilanz ja wohl nicht gerade positiv...



      Aber Storck wäscht sich ja an anderen Stellen grün mit der Storck Foundation...