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Aktivist über Monsanto-Syngenta-Fusion„Ein Konzern sagt, was wir essen“

Der Saatgut-Konzern will seinen Konkurrenten kaufen. Das würde die Vielfalt auf dem Teller reduzieren, warnt der Agrarexperte François Meienberg.

Wird vielleicht geschluckt: Syngenta Bild: reuters
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Herr Meienberg, warum sollte mich als Verbraucher interessieren, dass der US-Saatgut- und Gentechnik-Pflanzenproduzent Monsanto seinen Schweizer Konkurrenten Syngenta für 45 Milliarden Dollar übernehmen will?

François Meienberg: 56 und bis über 70 Prozent der geschützten Peperoni-, Tomaten- und Blumenkohlsorten in Europa kommen von diesen beiden Firmen. Nach der Fusion würde ein Konzern sagen, was wir essen, welche Gemüse gezüchtet werden – und er würde uns Gemüse andrehen, das wir vielleicht nicht wollen.

Warum nicht?

Die Auswahl würde noch kleiner werden und der Preis steigen. Heute sind die Firmen noch Konkurrenten und versuchen, verschiedene Sorten auf den Markt zu bringen.

Welche Folgen hätte die Fusion für die Umwelt?

Hier will der größte Saatgutkonzern weltweit, Monsanto, den größten Pestizidkonzern weltweit, Syngenta, übernehmen. Das würde die Entwicklung unheimlich verstärken, dass extra Saatgut entwickelt wird, um mehr Pestizide zu verkaufen. Die Pflanzen sind resistent gegen diese Chemikalien. Aber Pestizide verschmutzen Grundwasser und schädigen zum Beispiel Amphibien. Hauptleidtragende sind auch die Anwender, die ein erhöhtes Risiko haben für Pestizidvergiftungen oder chronische Schäden wie Krebs oder Parkinson.

Monsanto liefert nach eigenen Angaben nur 5 Prozent des globalen Saatguts, wenn man auch den informellen Sektor mitrechnet, in dem Bauern Samen für den Eigenbedarf produzieren. Wäre die Syngenta-Übernahme also gar nicht so schlimm?

Das sind weltweite Zahlen, bei Gemüse in Europa beispielsweise ist das anders. Und: Es ist die Strategie, von Monsanto diesen informellen Markt zu zerstören. Der kommerzielle Saatgutmarkt hat sich zwischen 1996 und 2012 von 30 Milliarden auf 45 Milliarden Dollar vergrößert – zulasten des informellen Marktes. Dieser Trend ist ungebrochen. Insbesondere weil immer mehr Gesetze zum Beispiel in Lateinamerika Afrika oder Asien eingeführt werden, die Bauern verbieten, Saatgut nachzubauen. Die USA und EU haben solche Klauseln in ihren Freihandelsverträgen.

Bild: EvB
Im Interview: François Meienberg

Der 50-Jährige ist Agrarexperte der entwicklungspolitischen Organisation //www.evb.ch/:Erklärung von Bern.

Glauben Sie, dass die Fusion an den Kartellämtern scheitern könnte?

Die Fusion wird nur stattfinden, wenn sie Teile von Syngenta oder Monsanto an andere Mitbewerber verkaufen. Es wurde da insbesondere der Soja- und der Maismarkt in Nordamerika erwähnt oder der Gemüsemarkt in Europa.

Syngenta hat das Angebot von Monsanto abgelehnt. Ist die Fusion damit vom Tisch? Die Reaktion von Syngenta ist kein ganz klares Nein. Sie hört sich eher nach Preistreiberei an.

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7 Kommentare

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  • Hoffe, die Fusion klappt. Einen Mörderzyklopen bekämpft mensch leichter als zwei...

  • Nur mal so zur Info: Der Marktanteil von Monsanto bei Maissaatgut in Deutschland liegt bei unter 4 (in Worten "vier") Prozent.

    Gemüse: Es gibt schätzungsweise um die 2500 Tomatensorten. Als Hobbygärtner kann man über Spezialversandhändler durchaus an eine stattliche Auswahl verschiedener Sorten kommen: in allen möglichen Farben, Größen und Formen. Wenn es im Supermarkt vor allem diese langweiligen Einheitstomaten gibt, dann weil der Verbraucher diese Tomaten haben will. Wenn sich der Markt also auf bestimmte Sorten oder Saatguthersteller konzentriert, dann weil das so nachgefragt wird. Niemand muss doch etwas kaufen, was er nicht will! Wir leben in einem reichen Land mit einer breiten Produktpalette bei Gemüse und Obst und vielen verschiedenen Bezugsquellen (Supermarkt, Bioladen, Direktvermarkter, Gemüsekiste vom Bauern etc.). Wo ist das Problem? Und wenn einem die Non-Monsanto-Tomate so wichtig ist, dann muss man halt tiefer in die Tasche greifen.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Susanne Günther:

      Der Verbraucher will gar nichts. Er kauft einfach nur, was im Angebot ist. Und das Angebot ist dünn, alles Einheitsbrei, ganz gleich, ob "Supermarkt, Bioladen, Direktvermarkter, Gemüsekiste vom Bauern etc.".

  • Wie lange geht es wohl noch geradewegs Richtung Abgrund für uns Verbraucher?Jemandem,der ein bisschen mit offenen Augen durch die Welt geht,dem muss man nicht mehr erklären,wer oder was "Monsanto"ist und wieso es verhängnisvoll ist diesem Monster noch mehr Futter zu geben.Bekämpfen muss man ihn,diesen Konzern,wie eine Heuschreckenplage,wenn er versucht irgendwo einzudringen.

  • Bereist jetzt ist das Angebot an Gemüse sehr arm. Arm an Vielfalt und Arm an Inhaltsstoffen und Geschmack. Ob Konventionell oder Bio, es werden nur noch Hochertraghybridsorten angebaut.

    Wer sich gut ernähren will, kommt nicht am Selbstanbau vorbei.

    • @Manni:

      Finde ich auch: Nichts schmeckt so gut wie selbst gezogene Tomaten aus dem eigenen Gewächshaus. Vor ein paar Jahren haben auch die Strauchtomaten im Supermarkt noch gut geschmeckt, heute sind sie so fad wie die Fleischtomaten früher und man muss für etwas Tomatengeschmack auf die kleineren Rispentomaten zurückgreifen.

    • @Manni:

      Monsanto gehört einfach verboten. Die können ja in den USA ihren kriminellen Wahnsinn betreiben aber Europa muss sich vor solchen Machenschaften schützen.