Anbau von Gentech-Pflanzen: Zoff um nationales Verbot
Agrarminister Schmidt (CSU) schafft es nicht, sich mit der SPD zu einigen. Rot-grün regierte Bundesländer legen einen eigenen Gesetzentwurf vor.
Bislang mussten sich die Regierungen auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Gefahren für Gesundheit oder Natur berufen. Studien, wonach Gentechpflanzen zum Beispiel Krebs verursachen oder Schmetterlinge töten, sind aber umstritten.
Doch die Bundesregierung hat sich bisher nicht auf ein Gesetz einigen können, das die EU-Richtlinie umsetzt. Agrarminister Christian Schmidts (CSU) Entwurf von Anfang Juni sieht vor, dass vor allem die Bundesländer die Verbote aussprechen sollen. Der Bund soll das nur dürfen, wenn die angeführten Gründe „für das gesamte Bundesgebiet vorliegen“. Vorher müsste ein „Anbauausschuss“ aus Behördenmitarbeitern und Experten die Sache prüfen.
Die von SPD-Politikern geführten Bundesministerien und fast alle Bundesländer wollen aber bundesweite Verbote. Denn Gentech-Pollen fliegen ja auch über Ländergrenzen hinweg, lautet das wichtigste Argument. Schmidt hat dagegen argumentiert, bundesweite Verbote könnten eher vor Gericht gekippt werden als auf einzelne Regionen beschränkte. Seine Gegner haben mit diversen Rechtsgutachten gekontert. Von einer Einigung zwischen den Ministerien ist bislang nichts zu sehen.
Am Freitag wollen nun die rot-grün regierten Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einen eigenen Gesetzentwurf (pdf-Datei) in den Bundesrat einbringen. Er sieht vor, dass ausschließlich der Bund Verbote erlässt. In Schmidts Entwurf „kann“ er das nur, in dem Gegenpapier „soll“ er das auch.
Umweltschützer verfolgen die Debatte ziemlich gelassen. „Ich sehe derzeit überhaupt nicht, dass die EU-Kommission anfängt, eine Anbauzulassung nach der anderen durchzuwinken“, sagte die Gentech-Expertin des Bunds für Umwelt und Naturschutz (Bund), Heike Moldenhauer, der taz.
Die Aktivistin sieht die EU-Richtlinie sowieso als trojanisches Pferd: Sie befürchtet, dass die Staaten ihre weitgehende Blockade neuer EU-weiter Zulassungsanträge aufgeben würden, weil die Regierungen anschließend auf ihrem Territorium die jeweilige Pflanze verbieten könnten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Journalist über Kriegsgefangenschaft
„Gewalt habe ich falsch verstanden“
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“