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Aktivismus als BereicherungEngagiert euch!

Politisches Engagement ist für unsere Autorin selbstverständlich und lohnt immer. Das heißt allerdings nicht, dass die Lasten gerecht verteilt wären.

„Black lives still matter“- Demo 2021, Berlin, Unter den Linden Foto: dpa

N achbar*innen, die gemeinsam gegen Gentrifizierung und Verdrängung kämpfen, Schwarze Menschen, die sich gegen rassistische Polizeigewalt organisieren, Feminist*innen, die sich gegen das Patriarchat verbünden: Im Laufe meines politischen Lebens war ich Teil von mehreren Formen von Selbstorganisation. Selbstverwaltete Jugendzentren, Konzertgruppen, Wohnprojekte, Genossenschaften und feministische Zusammenschlüsse haben eine Rolle gespielt und sind immer noch wichtig für mich. Momentan habe ich besonders viel mit migrantischer Selbstorganisation zu tun.

Selbstorganisation heißt selbst organisieren. Kein Chef, kein Management, nur ein Haufen Leute, die Interessen und Ideale teilen, sich zusammenraufen und aktiv werden. Es bedeutet eben nicht, dass irgendwer etwas für einen übernimmt – weder Arbeit noch Verantwortung. Man muss Zeit und Energie aufwenden. Nicht alleine, aber selbstständig und mit einem persönlichen Anteil, den man in ein Projekt steckt.

Auf Social Media, auf Podiumsdiskussionen oder Konferenzen erzählen mir immer mehr Menschen, besonders jüngere Frauen und Queers of Color, dass sie nicht verstehen, warum sie immer die Arbeit machen müssen. Warum von ihnen erwartet wird, sich politisch zu engagieren.

Ich antworte jedes Mal sehr leidenschaftlich. Ich bin überzeugte Aktivistin. Meine Familie war immer in Parteien, Initiativen und Vereinen aktiv. Ich kenne es nicht anders. Wie kann das jemand als Belastung empfinden? Auch ich bin manchmal erschöpft von Aufgaben oder Konflikten, aber im Ganzen bekomme ich mehr Energie aus dieser Arbeit, als ich verbrauche. Ich habe dabei Freude und Freunde gefunden.

Füreinander da sein

Und genau auf die kommt es wohl an: Freund*innen, Genoss*innen, Verbündete. Damit die Arbeit nicht frustriert, trotz der Anstrengungen und des Drucks, der mit dem Gefühl einhergeht, gegen jede Ungerechtigkeit etwas tun zu müssen. Und trotz der politischen Niederlagen, denen wir immer wieder begegnen werden – damit wir mit all dem umgehen können, müssen wir aufeinander aufpassen und füreinander da sein.

Dass es nie cis Männer sind, die mir sagen, dass sie es nicht mehr einsehen, so viel Arbeit in ihre politischen Kämpfe stecken zu müssen, erzählt einiges über Privilegien und Aufgabenteilung: Wer leistet Sorge- und emotionale Arbeit in der Politgruppe? Wer schafft Infrastruktur und erledigt die Bürokratie? Auch Selbstorganisationen sind nicht hierarchiefrei. Auch hier ist Arbeit nicht gerecht verteilt, auch hier stehen einige Aufgaben in der Wertschätzung über anderen. Manche Leute stehen nach dem Plenum vom Tisch auf, gehen nach Hause und schreiben an ihrem neuen Buch. Andere spülen die Tassen und schreiben dann eine Mail mit einer Terminumfrage, damit das nächste Treffen stattfinden kann.

Reden wir darüber seit 68? Wahrscheinlich schon länger. Verbessert sich was? Ja. Aber da ist noch Luft nach oben.

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Simone Dede Ayivi
Simone Dede Ayivi ist Autorin und Theatermacherin. Sie studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim. Aktuell arbeitet sie zu den Themen Feminismus, Antirassismus, Protest- und Subkultur.
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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Es handelt sich naturbedingt um andere Gruppen in denen ich aktiv war und möglicherweise andere Ziele, für die ich mich einsetze.



    Die Gruppierungen, die genannt werden, kenne ich nicht und daher steht mir kein Urteil zu.



    Schubladendenken halte ich allerdings für keine gute Veränderungsstrategie.



    Der Umstand, dass "immer Dieselben", die Arbeit machen, während die Mehrheit einer Gruppe



    " vornehme Zurückhaltung " übt, erscheint mir universell.



    Da ich kein Teil der LGBTQ community bin, kann ich dass immerhin auch für andere Gruppen bestätigen.



    Da ich mich in cisgender Kreisen bewege, kann ich bestätigen, dass gewisse Rollenklischees Tatsache sind. Dass Frauen die schweren Arbeiten erledigen sollen und die Männer putzen, ist eher unüblich.



    Dass Frauen die Arbeit und Männer Nichts machen, ist allerdings ebenso unzutreffend.



    Ich spreche jedoch auch nur über meine Kreise und nicht das Sommerfest der jungen Union.



    Im Gegensatz zur Einschätzung " da ist noch Luft nach oben" , würde ich sagen: wir waren schon mal weiter!



    Konservative Haltungen sind in den jetzt kommenden Generationen viel weiter verbreitet, als in meiner.



    Da ich mich weiter in meinen Kreisen bewege, juckt mich die Problematik anderer Generationen nur bedingt.



    Feminismus und Gleichberechtigung sind kein Status Quo. Sie müssen immer wieder neu verhandelt werden.



    Jede Generation kann sich nicht auf den Lorbeeren der VorgängerInnen ausruhen.



    So gesehen stimme ich mit der Autorin überein, die Arbeit ist noch nicht beendet.



    Im Gegensatz zur üblichen Behauptung, "Schuld sind die alten weißen Männer", behaupte ich, " Schuld sind Alle für und in Ihrer Generation".

  • ...Engagement für sich und andere Menschen, am besten gemeinsam mit Gleichgesinnten - es gibt kaum etwas erfüllerendes ! Glück, welches man mit keinem Geld der Welt kaufen kann...

    • @Alex_der_Wunderer:

      Richtig ist in beiden Fällen, dass solche selbst organisierten Zusammenhänge durchaus nicht hierarchiefrei sein müssen. Da ist es sogar wichtig, dass die Autorin das zum Thema macht. Nur überzeugt sie mich jedenfalls nicht, wenn da (wie ermüdend oft) Geschlechterdifferenzen "aufgemacht" werden. Die Autorin spricht von ihren Beobachtungen. Diese sind als solche erst mal so zu nehmen, wie sie geschildert werden. Nur die "Übertragung" der Problematik der häuslichen Care-Arbeit der Frauen auf Selbstorganisationen scheint mir doch etwas problematisch. Und sehr ärgerlich für mich ist, dass gleich wieder Geschlechterdifferenzen zur Erklärung herangezogen werden. Was bringt da eine Differenzierung nach "cis-Männern" hier/andere Männer dort. Das ist mir nicht nachvollziehbar. Das wirkt auf mich wie künstlich hineininterpretiert. Nach dem Motto: Keine feministische Betrachtungsweise irgendeines Themas, ohne das Kritik entweder an Männern oder speziellen Gruppen von ihnen erfolgt. Egal ob es passt oder nicht. Darüber wird schon gar nicht mehr nach gedacht. Das überzeugt nicht und schafft bei mir eine zunehmend skeptische Haltung gegenüber manchen Positionen des Feminismus, wegen dieses "Schachteldenkens" dass sich nicht begründen kann aber auf alle gesellschaftlichen Bereiche u. Themen fast schon reflexhaft angewandt wird.