
Aktiv gegen Abholzung in Schweden: Wald und weg
In Schweden verlieren samische Rentierhalter Weidegebiete. Schuld ist auch intensive Forstwirtschaft. Besuch bei Familie Åhrén und Umweltaktivist:innen.
A lles ist bereit, jetzt fehlen nur noch die Lastwagen. Pär Mikael Åhrén schneidet mit einem Jagdmesser getrocknetes Rentierfleisch in kleine Streifen. Neben ihm auf seinem Schneemobil dampft Kaffee in einem Plastikbecher. Frühstückspause nach zwei Stunden Arbeit, es ist neun Uhr.
In der Märzmorgensonne haben er, seine Familie und drei befreundete Freiwillige im Wald ein temporäres Gehege aufgebaut, das in einer Art Gangway mündet. Hier werden an diesem Samstag die ersten 400 Rentiere nach Norden in Richtung Sommerweide geschickt – von den Wäldern in der Provinz Västernorrland nach Jämtland, in die Berge nahe der norwegischen Grenze. Die Zeiten, in denen eine Herde die 250 Kilometer wandern konnte, sind lange vorbei.
Mit der Regulierung der Flüsse für Wasserkraft fing es an. Dazu kamen die intensive Forstwirtschaft und neue Straßen. Irgendwann waren die alten Wanderstrecken nicht mehr passierbar. Höchstens 150 Kilometer weit sei sein Großvater von den Bergen aus noch gekommen, sagt Pär Mikael. Jahrelang mussten mehrere Familien mit ihren Herden auf kleiner werdenden Wintergebieten zurechtkommen.

Bis sein Großvater 1968 die verlorenen Wege das erste Mal mit dem Lkw überbrückte. Anfangs seien die Tiere nach dem Ausladen desorientiert gewesen und in alle Richtungen davongesprungen. „Nach zwei Jahren hatte meine Familie 40 Prozent ihrer Herde verloren.“
Heute nutzen sie Schneemobile, aber damals waren die samischen Rentierhalter auf Skiern unterwegs – zu langsam, um eine versprengte Herde wieder zusammenzutreiben. „Sie wussten aber, dass es die einzige Möglichkeit ist, und haben weitergemacht“, sagt der Enkel des Lkw-Pioniers. Mit der Zeit sei es besser gegangen, die Rentiere gewöhnten sich an die Wanderlücke.
Aber ihre Anpassungsfähigkeit hat Grenzen, und die sieht Pär Mikael erreicht. Es geht dem Wald, den sie als Winterweide brauchen, an den Kragen. „Man kommt im Herbst zurück aus den Bergen und erkennt nichts wieder.“ Neben seiner Familie gibt es noch drei weitere im Ohredahke Sameby. Der Begriff steht zugleich für diese Gruppe von Rentierhaltern und für die Region, in der sie seit jeher mit ihren Herden unterwegs sind. Gut 10.000 Quadratkilometer sind das, rund viermal die Größe des Saarlands.
Das Land gehört ihnen nicht, aber sie haben ein im schwedischen Grundgesetz festgeschriebenes Nutzungsrecht. Der Großteil dieser Wälder gehört SCA – laut Selbstbeschreibung Europas größter privater Waldbesitzer.
Der börsennotierte Konzern verfügt nicht nur über 2,7 Millionen Hektar Wald in Nordschweden und im Baltikum, sondern auch über Sägewerke, Papier- und Zellstofffabriken, Windkraftanlagen, Biokraftstoffraffinerien, Containerschiffe und Hafenanlagen. Ein „industrielles Ökosystem“ für eine effektive Ressourcennutzung, so nennt es SCA.
Als er den zweiten Herbst in Folge Schwierigkeiten hatte, sich zurechtzufinden, fragte Pär Mikael bei SCA nach, wie viel sie hier eigentlich abgeholzt hätten in den zurückliegenden Sommern. 2.600 Hektar, habe er als Antwort bekommen, erzählt er.
Es gibt schwedische Gesetze, die Rücksichtnahme auf die Rentierhaltung vorschreiben – allerdings explizit nur in Maßen. Eine „vernünftige Waldnutzung“ durch den Grundbesitzer dürfe nicht behindert werden, schreibt die staatliche Waldbehörde. Eine geplante Abholzung muss sechs Wochen vorher bei dieser Behörde angemeldet werden. Im vergangenen Jahr summierten sich die angemeldeten Flächen landesweit auf 245.494 Hektar – einmal fast das Saarland. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres kamen mit 40.123 Hektar schon 27 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum zusammen.
Eine Studie der Universität Lund errechnete 2022, dass Schwedens Naturwald in den 2070er Jahren verschwunden sein wird, wenn es so weitergeht. Ein Fünftel des Kahlschlags seit 2003 betraf demnach alte Wälder.
Es gibt auch Gesetze, die die alten Wälder schützen sollen, aber kaum Sanktionsmöglichkeiten, um diese durchzusetzen. Die Verantwortung, sie einzuhalten, liegt quasi bei den Unternehmen selbst. „Freiheit mit Verantwortung“ nennt sich das in der schwedischen Politik.
Die Rentierhalter sind nicht die Einzigen, die das retten wollen, was vom Naturwald noch übrig ist.
Während Familie Åhrén auf die Lkws wartet, sitzt in einem Waldstück 100 Kilometer nordwestlich Jakob in einem Baum, seit fast zwei Tagen. Per Seil ist er verbunden mit einer großen Forstmaschine. Wer die bewege, gefährde das Leben des Aktivisten, das erklären Vertreterinnen der Gruppe Skogsupproret, auf Deutsch: Waldaufruhr, der vom Konzern SCA gerufenen Polizei.
So was habe sie noch nie erlebt, sagt die Polizistin. Sie und ihr Kollege mussten fast zwei Stunden aus der Stadt Östersund in das plötzlich besetzte Waldstück fahren. Wie man Jakob vom Baum bekommen könnte, wissen sie nicht.
„Sie haben mich aufgefordert, herunterzukommen und anderswo zu protestieren“, erzählt Jakob, nachdem die Beamten durch Matsch, Schneereste und über Baumstämme zu ihm gestakst waren, um mit ihm zu reden. Er bleibt sitzen dort oben, mit Aussicht auf großes Waldpanorama. Die Forstmaschine unter ihm kann einen Wald in kürzester Zeit in eine Fläche voller gestapelter Baumstämme zerlegen. Jetzt steht sie still. Links von ihr die getane Arbeit: Bäume am Boden. Rechts stehen sie noch. Sie sind unterschiedlich groß, also unterschiedlich alt – anders als in den plantagenartigen Wäldern, die auf einen Kahlschlag folgen. Von den Ästen hängen Flechten: Rentierfutter.
Neuer Dialog gefordert
Sofia Olsson von Skogsupproret sagt, hier sei wertvoller Wald im Verschwinden begriffen, der bislang noch nie kahlgeschlagen wurde. Was die Gruppe mit ihrer Blockade erreichen will: dass SCA mit jeglicher Abholzung in den zentralen Wintergebieten von Ohredahke Sameby pausiert. Die Firma soll mit den Rentierhaltern in einen neuen Dialog treten.
Aus Sofias Sicht haben sie keine Wahl, als sich in den Weg zu stellen: „Freundliches Bitten hat ja zu nichts geführt.“ Sie sagt aber auch, es gehe nicht um dieses spezifische Stück Wald. „Es geht um das ganze System, darum, mit welchem Tempo SCA die Natur zerstört.“
Schwedens Verhältnis zum eigenen Waldreichtum ist widersprüchlich. Die Natur, die Wildnis, die scheinbar unendlichen Weiten, sie sind wichtiger Teil der schwedischen Identität. Gleichzeitig ist das dominierende Credo: Der Wald ist zum Benutzen da. Er gibt, was wir brauchen, er garantiert Wohlstand, Unabhängigkeit und, vor allem: Er wächst ja wieder. Seit das gesellschaftlich und politisch relevant geworden ist, wird damit das Ganze auch für nachhaltig erklärt. Eine nachhaltige und klimafreundliche Industrie sei die Waldnutzung, meint entsprechend auch Schwedens wirtschaftsliberale Klima- und Umweltministerin Romina Pourmokthari. „Schwedens Forstwirtschaft ist nicht nachhaltig, Frau Ministerin“, widersprachen ihr vor einem Jahr 19 Waldexperten in einem offenen Brief. Sie kritisierten, die Regierung ignoriere wissenschaftliche Erkenntnisse.
Seit den 1950er Jahren ist der Kahlschlag in Schweden die dominierende Form der Bewirtschaftung. Alles auf einmal abholzen, Jungbäume setzen und warten, bis sie für die nächste Ernte reif sind: Der Wald wird zum Acker gemacht. Gut 60 Prozent der schwedischen Wälder haben das schon hinter sich.
Laut einer kürzlichen Metastudie der Landwirtschaftsuniversität SLU soll diese intensive Waldnutzung langfristig – „ab in 50 bis 100 Jahren“ – gut fürs Klima sein, da die neu gepflanzten jungen Bäume durch ihr schnelles Wachstum besonders viel Klimagase aufnähmen. Alte Wälder, so geht die Rechnung, wüchsen langsamer und speicherten weniger CO2.
So argumentiert auch der Konzern SCA. Laut der Studie komme es auf die Prioritäten an: Wolle man möglichst sofort den Ausstoß von Klimagasen reduzieren, wäre es besser, mit dem Kahlschlag aufzuhören. Um die Funktion des Waldes als Ökosystem ging es bei diesen Berechnungen nicht. SCAs zentrales Argument für die Klimafreundlichkeit ihres Geschäftsmodells ist, dass Produkte aus schwedischem Holz solche mit einem größerem fossilen Fußabdruck ersetzen. Ob der Konzern meint, Schweden könnte künftig ganz auf seine alten Wälder verzichten? Es sei wichtig, eine Balance zu finden zwischen maximalem Klimanutzen und Rücksicht auf die Umwelt, schreibt Jonas Mårtensson, Vorstand des Geschäftsbereichs Wald, der taz. Mit Umwelt meint er das alte Ökosystem Wald.
Wegwerfprodukte im großen Stil
Dass aus dem geernteten Holz keineswegs nur langlebige Häuser und Möbel werden, sondern in großem Stil Wegwerfprodukte wie Kartons für den Versandhandel, kritisierte Greenpeace schon im vergangenen Jahr.
Neben der blockierten Forstmaschine haben die Aktivist*innen von Skogsupproret zwei Zelte aufgebaut. Drei Waldarbeiter von SCA stehen recht schweigsam auf Holzstämmen, einer hat einen Hund dabei. Mit der Journalistin wollen sie eigentlich nicht reden, dafür sei die Pressestelle da, murmeln sie. Aber sich einfach ein bisschen unterhalten, so als Zeugen dieser ungewöhnlichen Situation, das geht. Unangenehm sei das, wenn einfach fremde Leute kämen und einen von der Arbeit abhalten, sagt der Mann mit dem Hund. Seine Normalität, die gesellschaftliche Normalität hier oben im Norden, sie wird gerade heftig gestört.
Es ist nicht das erste Mal. Seit Januar haben Aktivist*innen mehrfach SCA-Maschinen in der Region gestoppt. Skogsupproret und weitere Gruppen und Organisationen, darunter nicht zuletzt Greenpeace, haben hier eine Allianz gebildet. Greenpeace veröffentlichte im März zusammen mit der Organisation Renskog den Bericht „Der Kampf um die Rentierwälder“. Ihr gehe es darum, dass ihre Rechte als indigenes Volk respektiert würden, schreibt darin Renskog-Gründerin Anja Fjellgren Walkeapää. Sie ist selbst Rentierhalterin. Der besondere Schutz der samischen Lebensweise sei nicht nur Teil der schwedischen Gesetzgebung, sondern auch eine Voraussetzung für die FSC-Zertifizierung, betont sie.
Pär Mikael Åhrén, samischer Rentierhalter, über die neue und massive Unterstützung schwedischer Umweltaktivist:innen gegen die intensive Abholzung der Wälder
SCA rühmt sich wie andere große Waldbesitzer in Schweden bis jetzt mit dem unabhängigen Label für nachhaltig gewonnenes Holz. Seit 2020 gehört das sogenannte FPIC-Prinzip zu dessen Bedingungen. Demnach muss die Zustimmung indigener Gruppen zu Vorhaben, die sie betreffen, rechtzeitig angefragt werden, frei getroffen worden sein und auf ausreichend Information basieren.
In Schweden werde das mangelhaft umgesetzt, kritisiert Renskog. Die Organisation fordert unter anderem, dass Waldkonzerne verpflichtet werden sollten, Personal mit kultureller Kompetenz beim Thema Rentierhaltung anzustellen. 20 Jahre hätten sie darum gekämpft, ein Mitspracherecht über den Wald zu bekommen, sagt Rentierhalter Pär Mikael. Erst mit den FSC-Kriterien von 2020 bekamen sie es. Aber SCA halte sich nicht an die Absprachen. Die von Ohredahke Sameby gegebene Zustimmung zu einem Teil der Abholzungspläne reiche dem Konzern offenbar nicht aus, er dränge auf mehr. Schwerer noch wiegen für Pär Mikael aber jene 2.600 Hektar, die SCA ohne Abspracheverfahren gerodet habe. Vor allem deshalb zogen sie im Januar alle bisher gegebenen Zustimmungen zurück.
Diese Rücknahme gilt den Umweltschutzgruppen seitdem als Aufhänger für Protest- und Blockadeaktionen. Auf die Art unterstützt zu werden, ist für Ohredahke Sameby etwas Neues. „Zum ersten Mal sind wir nicht allein damit“, sagt Pär Mikael.
Für die Leute von Skogsupproret beginnt der dritte Tag ihrer Waldbesetzung, als er 100 Kilometer weiter südlich seine Frühstückspause beendet. Noch immer ist kein Lkw in Sicht. Er geht ein paar Schritte in den Wald hinein. Unterschiedlich große Bäume stehen in unregelmäßigen, lichten Abständen. Von alten Kiefern hängen Flechten. „So muss ein Wald aussehen“, sagt er. „Aber davon gibt es nur noch einzelne Flecken.“
Er nimmt einen verdorrten Ast vom Waldboden: Wenn ein Baum lange genug stehe, sterben einzelne Äste weiter oben ab und fallen beim nächsten Wintersturm mitsamt ihrem eingebauten Rentierfutter auf den Boden. Dafür braucht der Wald Zeit. Aber diese Art von Zeit habe kein Konzern, meint er. „Deren Zukunftsvision ist der nächste Quartalsbericht.“
Es gehe auch anders, das sehe er bei kleineren, privaten Waldbesitzern in der Region, die vernünftig mit ihrem Besitz umgingen. Damit meint er, dass die nicht einen ganzen Wald auf einmal schlagen, sondern ihn so bewirtschaften, dass die Fläche immer bewaldet bleibt. Es gibt längst Vorschläge, wie Schwedens Waldindustrie langfristig von einer Umstellung auf nachhaltigeres Wirtschaften profitieren könnte. Doch noch ist das System so holzhungrig, dass seinen Befürwortern jede Veränderung weltfremd erscheint.
Winter nicht mehr durchgehend kalt
Und es gibt ein weiteres Problem: Die Winter sind nicht mehr durchgehend kalt. Die Temperaturen schwanken häufig rund um null Grad, und dann wird die Schneedecke so hart, dass die Tiere Schwierigkeiten haben, Bodenflechten freizulegen.
Abgesehen davon, dass die in eng bepflanzten Plantagenwäldern, in denen das Licht nicht auf den Boden kommt, kaum noch wachsen: Früher sei der Schnee erst am Ende des Winters undurchdringlich gewesen, sagt Pär Mikael, und dann hätte es als Ersatz die hängenden Flechten gegeben. „Ich bin ja noch nicht alt, erst gut fünfzig, aber das Klima hat sich allein in der Zeit unerhört verändert.“ Viel Seltsames gebe es jetzt, Regen im Winter zum Beispiel. Und Frühling Anfang März. Früher sei die Herde erst Mitte April in die Berge gezogen, wo sie im Mai wieder Nahrung findet. Nun müsse er in der Übergangszeit zufüttern.
An diesem Morgen, als er mit der Familie im Wald steht und mit ruhigen Gesten und Lauten die Rentiere in ihre provisorische Einzäunung treibt, da sieht Pär Mikael nicht besorgt aus. Konzentriert wirkt er, routiniert. Das ist es, was er machen will.
In der Herde, die er auf gut 1.500 Tiere schätzt, laufen auch die Tiere seiner drei erwachsenen Kinder mit. Elen Regina und Anne Saila studieren noch, aber sie helfen bei Arbeitseinsätzen wie diesem. Piere ist schon Vollzeit-Rentierhalter. Ihr Vater will, dass sie eine Zukunft haben.
Die Glocken, die einige Tiere tragen, und das Knirschen von harschem Schnee unter Arbeitsstiefeln waren die Hintergrundmusik dieses Morgens. Plötzlich mischt sich ein neuer Sound darunter: Dieselmotoren. Da kriechen zwei sehr große Lastwagen den Waldweg hoch.
Familie Åhrén verteilt sich auf ihre Posten. Der erste Lkw fährt auf Position. Pär Mikaels Frau Doris und beiden Töchter treiben die Rentiere grüppchenweise auf die Gangway zum Lkw zu, wo die Männer sie erwarten. Die Fahrer schauen zu, sie kennen das schon und finden es trotzdem sehenswert. Vier Stunden werden sie brauchen für die 250 Kilometer, sagen sie.
Skogsupproret schickt Updates aus ihrem Protestcamp. Am vierten Tag sperrt SCA den Waldweg zur besetzten Stelle, heißt es darin. Am fünften Tag transportieren die Arbeiter ihren Pausencontainer ab. „Sie fuhren an uns vorbei und sagten ungefähr: Die Maschine könnt ihr behalten“, schreibt Sofia.
Am frühen Morgen des sechsten Tages kommt die Polizei, diesmal in größerer Zahl und zu Fuß. Unbemerkt von der noch schlafenden Gruppe – es sitzt niemand im Baum, niemand auf der Maschine. Neun Aktivist*innen werden von der Polizei ums Lagerfeuer versammelt, Personalien werden aufgenommen. „Alles verlief sehr ruhig und schnell“, schreibt Sofia. Sie bekommen Anzeigen wegen „verbotener Eigenmacht“. SCA-Arbeiter fahren mit der Forstmaschine davon.
Während der Waldbesetzung hatten lokale Experten den Wald inspiziert, geschützte Arten gefunden und der Waldbehörde gemeldet. Daraufhin schickte SCA eigene Experten, was sowieso üblich sei. Neu seien nun der Fund einer „verhältnismäßig gewöhnlichen, aber geschützten“ Orchideenart sowie Spuren einer geschützten Spechtart, schreibt SCA-Waldchef Mårtensson. Eine kleine Anpassung werde vorgenommen, ein Hektar werde aus Rücksicht auf die Funde stehengelassen.
Über die Forderung, mit den Rentierhaltern in einen Dialog zu treten, ist rund um die Auflösung des Camps öffentlich wenig zu hören. „Wir hatten bereits einen Dialog, und damals haben wir akzeptiert, dass Ohredahke Sameby etwa die Hälfte aller geplanten Vorhaben in einem sehr großen Gebiet ablehnte“, schreibt Mårtensson der taz.
Kritik vom Konzern SCA
Die Zustimmung zu der anderen Hälfte hätten die Rentierhalter nachträglich zurückgezogen. SCA gehe nicht davon aus, dass die Kriterien für das FSC-Siegel „als allgemeines Veto gegen 100 Prozent unserer Vorhaben auf unserem eigenen Grund und Boden“ genutzt werden könnten.
Der Konzern kritisiert auch die Protestaktionen. Er spricht von „fast 15 Vorkommnissen“, die bei der Polizei angezeigt wurden. Ein bedeutender Teil der Aktivisten sei aus dem Ausland eingereist. Natürlich hoffe man, dass das so bald wie möglich aufhöre.
„Alles gut gegangen“, erzählt Pär Mikael ein paar Tage nach dem ersten Lkw-Transport am Telefon. Die ersten Tiere warteten auf einer Weide, bis die Fahrer nach und nach die ganze Herde befördert hatten und alle zusammen freigelassen wurden. Den Rest des Weges zu ihrem Sommerzuhause schaffen sie selbst.
Dann kommt ein Schock für Schwedens Rentierhalter und alle, die den Wald schützen wollen: Der Konzern SCA meldet sich vom schwedischen FSC-Verfahren ab. Er verzichtet ab 1. Juni auf das Siegel für nachhaltige Waldwirtschaft.
Gut zwei Wochen liegt die Waldbesetzung von Skogsupproret zurück, da berichtet die Zeitung Dagens Nyheter am 10. April über eine Mail des Konzerns an FSC Schweden: Die Nachhaltigkeitskriterien zielten zu eng auf biologische Vielfalt ab, meint SCA demnach, das bedrohe den Zugang zu Rohwaren und in der Konsequenz zu „klimasmarten Produkten“ für den globalen Markt.
Wie der Wald, den Familie Åhrén gerade verlassen hat, bei der Rückkehr im Herbst aussieht – das erscheint ungewisser denn je.
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