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Akten über Maut-DebakelPlötzlich geheim

Der Maut-Untersuchungsauschuss hat erstmals getagt. Das Verkehrsministerium hat wichtigen Akten nun eine höhere Geheimhaltungsstufe gegeben.

Mag manche Akten lieber geheimer halten: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Foto: Hannibal Hanschke/reuters

Berlin taz | Überraschend haben Mitarbeiter*innen des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) am Montagmorgen Akten über die gescheiterte PKW-Maut von Minister Andreas Scheuer (CSU) eine verschärfte Sicherheitsstufe gegeben. Das berichten Spiegel Online und Süddeutsche Zeitung übereinstimmend. Die Beamt*innen holten demnach 52 Aktenordner aus dem Sekretariat des Verkehrsausschusses – obwohl sie bereits vom Untersuchungsausschuss als Beweismittel angefordert worden waren, der die Vorgänge bei der Auftragsvergabe prüfen soll.

Als das Verkehrsministerium die Ordner mit den weit über 100 Akten am Dienstag an das Sekretariat des Untersuchungsausschusses weitergab, hatten manche von ihnen plötzlich eine andere Sicherheitsstufe: Sie waren nicht mehr als „VS – Nur für Dienstgebrauch“ gekennzeichnet, sondern als „VS-Vertraulich“, wobei VS für Verschlusssache steht. Dadurch dürfen die entsprechenden Akten nur noch von Bundestagsabgeordneten und „sicherheitsgeprüften“ Mitarbeiter*innen eingesehen werden und das auch nur noch in der Geheimschutzstelle des Bundestags. Nicht wie zuvor im Sekretariat des Verkehrsausschusses.

Das BMVI begründete die Änderung der Sicherheitsstufe gegenüber dem Untersuchungsausschuss damit, dass die Akten „ein etwaiges schiedsgerichtliches Verfahren“ beeinträchtigen könnten. Außerdem ginge es um „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Bieters“ sowie „Geheimhaltungsbedürfnisse des Vergabeverfahrens“. Erst im Juli hatte Scheuer jedoch selbst 21 der 52 Aktenordner in den Verkehrsausschuss geschoben, um „vollumfassend“ über die Vorgänge zur PKW-Maut zu informieren.

„Tamtam“ wird geheim

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir kritisierte am Mittwoch auf Twitter, wie das BMVI mit den Akten umgeht. Erst seien sie „mit Kameras und Tamtam“ ins Parlament gerollt worden, „dann doch heimlich als geheimer als gedacht“ eingestuft worden.

Die Akten sind teilweise zentral für die Arbeit des Untersuchungsausschusses. Laut Spiegel Online unterliegen nun auch zwei Statusberichte der höheren Sicherheitsstufe, die aus den Wochen vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs stammen. Der Gerichtshof hatte die Maut am 18. Juni gestoppt hatte, weil sie Bürger anderer europäischer Staaten diskriminiere. Brisant dürfte dabei vor allem ein Statusbericht vom Mai sein, der laut Spiegel Online bereits im Vorfeld auf die Gefahr hingewiesen hatte, dass das EuGH im Sinne Österreichs, dem Kläger, entscheiden könnte.

In den 52 Ordnern befinden sich nach Informationen von Spiegel Online Protokolle der Verhandlungen zwischen Scheuers Beamt*innen und den Betreibern der PWK-Maut, CTS Eventim und Kapsch TraficCom, sowie Briefverkehr zwischen dem BMVI und den Anwälten der Betreiberfirmen aus der Zeit nach der Urteilsverkündung durch den Europäischen Gerichtshof. Einige Akten sollen dokumentieren, dass die Betreiber im Fall eines negativen EuGH-Urteils Schadensersatzforderungen in der Höhe der Gewinnausfälle aus der gesamten Vertragslaufzeit geltende machen können. Andere Akten sollen zeigen, dass das BMVI versucht hat, rund eine Milliarde Euro in einem Schattenhaushalt zu verbergen, um so nicht die Budgetgrenze von zwei Milliarden Euro zu sprengen.

Welche Akten von den Änderungen betroffen sind, können Bundestagsabgeordnete in einem Brief vom BMVI nachlesen. Inwieweit die neue Geheimhaltung die Arbeit des Untersuchungsausschusses behindern wird, wird sich vermutlich bald in den öffentlichen Sitzungen des Ausschusses zeigen. Im Januar soll der Ausschuss, der auf Betreiben von Linken, Grünen und FDP eingesetzt worden war, zunächst mit Sachverständigen sprechen.

Doch auch andere rechtliche Fragen können dadurch betroffen sein, etwa die Strafanzeige wegen Untreue, die zwei Linken-Abgeordnete gegen Scheuer stellten, oder auch Schadensersatzforderungen durch die Mautbetreiber, die eine dreistellige Millionenhöhe erreichen könnten.

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7 Kommentare

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  • &!Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - sagt was

    “Wir schaffen das - …Recht ab.“

    “ "NIchts Heiliges ist mehr, es lösen



    sich alle Bande frommer Scheu(er)



    Der Gute räumt den Platz dem Bösen



    und alle Laster werden frei."



    (aus "Das Lied Von Der Glocke" - Schiller)







    Laster. Genau. Aber die Laster fahren ja demnächst elektrisch. Wir schaffen das - Recht ab. Autokönig Scheuer - von Hottes Gnaden. In Preußen gab es Könige, die hötten sich sowas nicht getraut. "On the road again.. ??"



    Keine Gewalt ist auch keine Lösung. (Scheuer! Wir wissen, wo dein Auto steht!!)“

    kurz - Mal sehn - Wie’s steht.



    Wie lange er am Brunnen bricht -



    …bis ers - Geht.

  • Seien wir doch froh. Die hätten die Akten auch schreddern können. Soll ja auch schon vorgekommen sein.

  • "Das BMVI begründete die Änderung der Sicherheitsstufe gegenüber dem Untersuchungsausschuss damit, dass die Akten „ein etwaiges schiedsgerichtliches Verfahren“ beeinträchtigen könnten."

    Für normale Sterbliche wäre das eine Straftat. Aber von hohen Staatsbediensteten kann man ja nicht erwarten, dass sie sich an ihren Diensteid halten...

  • RS
    Ria Sauter

    Das nennt sich Demokratie?



    Korruptistan wäre sinnvoller.Ein wichtiges yKontrollinstriment ausgehebelt und nichts geschieht.

  • "Einige Akten sollen dokumentieren, dass die Betreiber im Fall eines negativen EuGH-Urteils Schadensersatzforderungen in der Höhe der Gewinnausfälle aus der gesamten Vertragslaufzeit geltende machen können"

    Ernst gemeinte Frage:



    Kann mir bitte bitte jemand erklären warum das so gehandhabt wird? Was soll das? Die gleiche Geschichte gab es doch auch bei einem Autobahnabschnitt der privat betrieben wird und der nicht "den versprochenen Gewinn" eingefahren hat. Die Betreiber haben dann geklagt (Ist glaube ich noch ausstehend). Und wenn mehr Gewinn anfällt als geplant ist alles ok? I don't get it.

  • Na Servus - Da - Habt - Ihr - Es! Volle Kanne.

    “ Das BMVI begründete die Änderung der Sicherheitsstufe gegenüber dem Untersuchungsausschuss damit, dass die Akten „ein etwaiges schiedsgerichtliches Verfahren“ beeinträchtigen könnten. Außerdem ginge es um „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Bieters“ sowie „Geheimhaltungsbedürfnisse des Vergabeverfahrens“.

    Da zeigt sich unverhohlen - Wo ÖPP & Co. hinmarschieren •



    ”Private Interessen“ - Gehen dem Öffentlichen Interesse.



    An Aufklärung & Kontrolle der Exekutive vor.

    Na Mahlzeit

    unterm—- das isr aber im Bundesverkehrsministerium.



    Nicht neu. Newahr. Normal.

    Stichwort - “Es lebe der Vorgang!“



    = Eherner Beamtengrundsatz & Gar nicht - VS - wa.

    Doch Doch. Erinnert jemand noch B'Scheuerleins.



    Amtsvorgänger - Blockflöte - Günter Krause??? Get it? Fein.



    Der segelte schlußendlich aus dem Amt.



    Weil er die Vergabe der bekannten Gelddruckmaschinen.



    Autobahnraststätten a Lizenz zur eigenen Gelddruckanlage.



    Umfunktioniert hatte. Doch Doch.



    de.wikipedia.org/w...%C3%BCnther_Krause

    & Däh -



    Um eben selbiges - Nachtigall ick hör dir trapsen. Gellewelle.



    Abzuwenden - Wollte das Ministerium im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.



    Flurgespräch “Stell dir vor. Die wollen die Akten nicht rausrücken!“



    “Waaaas? Wieso das denn. Rad ab - oder was?!“



    “Die tragen ernsthaft vor. Das sei Privatrecht!!



    Unterfalle also nicht der im Öffentlichen Recht geltenden



    Aufklärungsmaxime.!“ “Hä - Beknackt?!“



    “Weil. Die Raststätten würden ja von Privaten betrieben!!“

    Das homerische Gelächter hallte noch lange im Flur nach.



    & Däh & logo -



    Der saubere Herr Krause nahm endlich den Hut!

    kurz - Uns aller B'Scheuerle - Da liegt die Latte •



    &



    Mach endlich - hinne. 👻 👻 👻

    • @Lowandorder:

      Ok Ok - war on the road - …service 🧐

      de.wikipedia.org/w...mittlungsgrundsatz

      “ Der Amtsermittlungsgrundsatz (auch Untersuchungsgrundsatz, Inquisitionsmaxime, Amtsermittlungspflicht, Amtsaufklärungspflicht) besagt, dass ein Gericht oder eine Behörde verpflichtet ist, den Sachverhalt, der einer Entscheidung zugrunde gelegt werden soll, von Amts wegen, d. h. ohne Antrag eines Betroffenen oder unabhängig davon, zu untersuchen.…“



      & Däh ! - entsprechend - Gelle -



      “… So dient der Verwaltungsprozess nicht allein dem subjektiven Rechtsschutz des Klägers, sondern ist auch immer objektives Rechtsbeanstandungsverfahren insoweit, als die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Gewaltenteilung die Tätigkeit der Behörden im öffentlichen Interesse zu kontrollieren hat. Neben den Beteiligten nimmt deshalb auch ein "Vertreter des öffentlichen Interesses" an den Verfahren teil (§§ 35 bis 37 VwGO).…“

      Alles a weng dünn. Aber als Einstieg - ok