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Agrarpolitik der BundesregierungWeniger Kürzungen von Agrarhilfen

Die Ampel nimmt die geplanten Streichungen von Subventionen für die Landwirtschaft teilweise zurück. Der Bauernverband hält an seinen Protesten fest.

Bauern wollen weiter gegen die Politik der Bundesregierung protestieren, wie hier in Berlin am 18. Dezember 2023 Foto: Emmanuele Contini/imago

Berlin taz | Die Ampel-Koalition will die geplanten Kürzungen von Subventionen für Bauern teilweise zurücknehmen. Die Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft soll nicht gestrichen werden, wie die Bundesregierung am Donnerstag mitteilte. Diese Sparmaßnahme hatte eigentlich pro Jahr 480 Millionen Euro Mehreinnahmen bringen sollen. Die Abschaffung des Rabatts auf die Energiesteuer für Agrardiesel (440 Millionen Euro) werde nicht in einem Schritt, sondern allmählich bis 2026 vollzogen.

Auch weitere Änderungen bei der Haushaltsplanung seien vereinbart worden. Zum Beispiel komme die Plastik­abgabe erst Anfang 2025 und damit ein Jahr später als bisher angekündigt. Darauf hätten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) verständigt, so der Sprecher der Bundesregierung.

Dem Deutschen Bauernverband reicht das nicht. „Dies kann nur ein erster Schritt sein. Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch“, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied. Die Organisation halte daher an ihrer ab Montag geplanten Aktionswoche gegen die geplanten Kürzungen fest. Am 15. Januar ruft er zu einer „Großdemonstration“ in Berlin auf.

Greenpeace: Klimaschädliche Subvention

Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte das, weil der „massive Einsatz fossiler Kraftstoffe“ wie Diesel klimaschädlich sei. „Auch die Landwirtschaft, die jährlich mit Milliarden an Steuergeldern subventioniert wird, muss einen Beitrag leisten, um die Klimaschutzziele in Deutschland zu erreichen“, so Greenpeace. „An die Ampel gerichtet muss man sagen: Es fehlt eine vorausschauende Politik, die verlässliche Vorgaben macht und unvermeidliche Maßnahmen nicht so lange hinauszögert, bis nur noch unter hohem Druck und Hals über Kopf gehandelt werden kann.“

Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) begrüßte die Einigung. Die „überproportionale Belastung“ der Landwirtschaft sei nun vom Tisch.

„Die Änderungen führen in 2024 zu geringeren Entlastungen im Bundeshaushalt in einer Größenordnung von rund 2,5 Milliarden Euro“, so die Regierung. Diese könnten durch Einnahmen aus der Wind-Offshore-Ausschreibung im Jahr 2023 und durch einen zusätzlichen Sparbeitrag des Agrarministeriums in Höhe von 100 Millionen Euro sowie „durch Spielräume, die sich aus aktualisierten Wirtschafts- und Haushaltsdaten im Bundeshaushalt ergeben haben, ausgeglichen werden“.

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16 Kommentare

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  • Rund 50.000 € Subventionen erhält jeder landwirtschaftliche Betrieb im Schnitt allein vom Bund

    www.tagesschau.de/...sse%20flie%C3%9Fen.

    Dazu kommen noch zig Milliarden aus der EU (rund 60 % des Etats sind landwirtschaftliche Subventionen), die in die Landwirtschaft fließen.

    Und wofür? Damit diese Leute weiter unsere Böden, unser Wasser und unsere Luft vergiften und massiv zum Artensterben beitragen. Na, das ist ja wirklich großartig!

    • @Kaboom:

      Agrardiesel wird nicht subventioniert. Für Lebensmittel erzeugende Maschinenarbeit auf dem eigenen Feld werden einfach weniger Steuer verlangt als für schnelles Autofahren. Auch Wasser wird nicht subventioniert nur weil es nicht so wie Spirituosen besteuert wird. Steuern sind grundsätzlich manchmal willkürlich und manchmal regulierend gestaltet. Das ist normal.



      Unterschiedliche Steuern mit Subventionen gleichzusetzen ist absurd und tendenziös. Die Frage ist, was damit bezweckt werden soll. Warum fällt das kaum jemanden auf ?

  • Es werden jährlich ca. 18 Millionen Tonnen Lebensmittel transportiert, um sie zu vernichten! Es werden subventionierte Lebensmittel erzeugt, um sie in ärmere Länder zu exportieren! Damit zerstören wir als Zivilgesellschaft dort die Existenzen der Bauern! Warum müssen wir soviel Fleisch exportieren? Dann gibt es da noch die Lebendtiertransporte quer durch Europa!

    • @Dr. Enseleit Jürgen:

      Der Agrardiesel dient nicht dem Transport von Lebensmitteln. Es ist der Diesel, der unvermeidbar bei der Feldarbeit anfällt. Durch Einsatz von Pestiziden lässt sich teilweise viel Diesel auf dem Acker sparen. Diese Möglichkeit hat die Bio-Landwirtschaft jedoch nicht. Ihr Hinweis zum Transport trifft nicht. Agrardiesel wird in der Regel nur für den sehr kurzen Transport vom Feld zur ersten Einlagerung verbraucht. Der Anteil ist marginal.

  • Auch wenn Jost Maurin, aus welchen Gründen auch immer, dies nicht gelten lässt:



    der 50% Rabatt auf die Mineralölsteuer auf Antrag ist mehr als gerechtfertigt, da ca. 90% des Diesels zum Ackern und nicht auf der Straße verbraucht wird. Aus diesem Grunde wird in den meisten EU Ländern gar keine Mineralölsteuer auf Agrardiesel erhoben.

    Wir beschreiten hier, wenn auch jetzt zeitlich gestreckt, mal wieder einen deutschen Sonderweg.

    Dass die Abschaffung der "grünen Nummern" zurückgenommen wurde, ist dagegen das Mindeste an Entgegenkommen, welches die Landwirte (m/w/d) zur Recht erwarten konnten.

    • @Waage69:

      Der CO2 Ausstoß auf dem Acker ist jedoch kein Stück besser als der auf der Straße.

      • @Perkele:

        Ja, das stimmt.

        Aber strittig ist (zumindest aktuell) nicht die künftige CO2-Abgabe auf den Diesel sondern der 50% Rabatt auf die Mineralölsteuer und die wird nun mal zweckgebunden für den Straßenbau und deren Instandhaltung erhoben. Daher müsste der Rabatt eigentlich auf 90% angehoben werden anstatt ihn abzuschaffen.

        Ich denke, das wird, nachdem der stillschweigender Konsens (der auch bisher zu Lasten der Landwirtschaft ging) aufgekündigt wurde, daher im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung auch nicht mehr die Bundesregierung sondern die Gerichte entscheiden.

      • @Perkele:

        Es wird auf dem Acker exakt der Diesel verbraucht der unvermeidlich ist um Lebensmittel und Rohstoffe zu erzeugen und zwar in der ökologischen Landwirtschaft fast noch mehr als im konventionellen Landbau. Da werden auch jetzt schon alle vermeidbaren Kosten gemieden. Echte Alternativen zum Antrieb der Maschinen gibt es noch nicht bzw. sie sind erst in der Entwicklung.

        • @aw3766:

          Und wieviel der Produktion wird für "Bio-Kraftstoff" oder Viehfutter verwendet und nicht für Lebensmittel?

      • @Perkele:

        Leider gibt es aber auch keine Alternativen zum Dieselbetrieb. Die existierenden E-Traktoren auf dem Markt sind nicht für die Arbeit auf dem Acker geeignet sondern eher nur auf dem Hof verwendbar.

        Ironischerweise bedeutet mehr Öko in der Landwirtschaft in der Regel auch einen höheren Energiebedarf. Verbote von gebeizten Getreide oder Glyphosat führen zu zusätzlichen Arbeitsgängen. Biobetriebe müssen häufiger Spritzen als in der konventionellen Landwirtschaft, da ihre Mittel nicht so effizient sind bzw. nur präventiv wirken können.

  • Sobald ein paar Landwirte mit dem Traktor protestieren, bekommen sie ihren Willen. Wenn Klimaschützer protestieren, bekommen sie Strafen. Absurde Welt.

    • @Felis:

      Ich denke, hier kommt mehr. Klimaschützer haben leider kein "reales" Problem, sie kleben sich aus diffuser Angst auf die Straße, behindern damit (unangekündigt) tausende Menschen, die in der Regel die diffuse Angst ums Klima nicht nachvollziehen können.

      Bei den Bauern kommen sehr reale Protestgründe. Vieles, mit dem sich sehr viele Leute identifizieren können. Die Sympathie wird sehr hoch sein.

      Die Reaktion der Politik ist dazu grundfalsch. Die Klimakleber hat man schöngeredet und relativiert. Das hat niemand vergessen, erst recht keiner, der 5 Stunden um Stau stand.

      Jetzt aufs billigste die unliebsamen, weil auch viel wikrungsvolleren Bauernproteste niederzureden, kann absehbar nicht funktionieren. Beschämend, dass man's trotzdem versucht und alle wohlfeil mitmachen (Medien!) .

      • @Pauline Friedrich:

        "Ich denke, hier kommt mehr. Klimaschützer haben leider kein "reales" Problem, sie kleben sich aus diffuser Angst auf die Straße"

        Ganz im Gegenteil. Die Basis der Aktionen der Klimaschützer ist die Wissenschaft. Und absolut konkret.

        Wohingegen die Bauern dagegen aufstehen, dass die Milliarden und Abermilliarden Subventionen, die sie jedes Jahr erhalten, ein ganz klein wenig gekürzt werden. Dass ihre exklusiven Sonderrechte (als einzige Gruppe in D zahlen sie auf Diesel keine Steuern) ein ganz klein wenig beschnitten werden.

    • @Felis:

      Landwirte arbeiten jeden Tag die woche jede Woche im Jahr.

      Viele kleinere Betriebe fahren vlt einmal in 5 Jahren eine Woche in den Urlaub.

      Das Arbeitspensum und der Preisdruck ist immens. Gerade kleine und Familiäre Betriebe, kriegen immer häufiger Steine in den Weg gelegt.

      Gleichzeitig ist die Landwirtschaft, von aller höchster Strategischer Bedeutung für die Zukunft und Sicherheit Deutschlands.

      Wäre z.B. die Ukraine Nahrungsimporteur, dann hätte Russland schon gewonnen.

      Insofern ist eine ungleichbehandlung zu klimaaktivisten, die regelmäßig noch die Schule besuchen, und für den Fortbestand der Volkswirtschaft idR neben ihren oft sehr guten Ansichten wenig beitragen, mehr als gerechtfertigt mMn.

      wenn ungleiches ungleich behandelt wird, ist das kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot.

  • Na, die sind lustig:



    „Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte das, weil der „massive Einsatz fossiler Kraftstoffe“ wie Diesel klimaschädlich sei.“



    Mit Luft und Liebe bewegt sich der Traktor nicht. Wenn hier in Deutschland kein einziger mehr fährt, ist Greenpeace dann zufrieden??

  • Sparpolitik wird in Frankreich auch gerne "Politique durée", Politik der Härte genannt.



    Ohne das jetzt im Einzelnen zu betrachten: Kürzungspolitik ist ein Wahlkampfhelfer der AfD.