"Agents Provocateurs" bei S21-Demo: Polizisten gegen Polizeigewalt

Nach Hinweisen aus Reihen der Polizei soll sich nun doch ein Untersuchungsausschuss mit den Übergriffen bei Protesten gegen das Bahnprojekt beschäftigen.

Nach den Gewalttaten gegen die Demonstranten im Schlossgarten von Stuttgart gab es Protest gegen das Verhalten der Polizei. Bild: dpa

Wegen neuer Hinweise aus Reihen der Polizei gewinnen die politischen Auseinandersetzungen um die Polizeigewalt im Stuttgarter Schlossgarten an Schärfe. Entgegen vorherigen Plänen hat die SPD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg angekündigt, am kommenden Mittwoch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Vorkommnissen in Stuttgart zu beantragen. Diesen kann die SPD mit eigener Stimmenanzahl einberufen.

In Stuttgart war die Polizei am 30. September mit massiver Gewalt gegen weitgehend friedliche Demonstrierende vorgegangen, die gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 demonstriert hatten.

"Wir haben verstärkt Hinweise aus Reihen der Polizei erhalten, dass die Eskalation im Stuttgarter Schlossgarten politisch gewollt war", sagte der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel am Mittwoch der taz. "Die Frage, ob hier gezielt eine Strategie der Eskalation gewählt wurde, gehört auf den Tisch."

Sowohl Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) als auch Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sollten sich vor dem Ausschuss verantworten. "Dazu gehört unter anderem auch die Frage, ob hier tatsächlich ,Agents Provocateures' im Einsatz waren", sagte Schmiedel.

Im Internet wird derzeit auf der Videoplattform YouTube heftig über eine Szene aus einem Polizeivideo spekuliert, auf dem ein Vermummter beim Einsatz von Pfefferspray zu sehen ist. Das Video hatte die Polizei als Beweis für die gewalttätigen Übergriffe gegen Polizisten online gestellt.

YouTube-Nutzer wollen aber Anhaltspunkte dafür sehen, dass der Täter aus Reihen der Polizei selbst stammen könnte. So lässt das Video den Schluss zu, dass der Täter einen Rückenprotektor trägt und mit einem Funkstöpsel am Ohr ausgestattet ist.

Eine Sprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft sagte der taz zu dem Fall: "Wir haben das Video geprüft. Dass es sich dabei um einen Polizisten handeln könnte, ist eine haltlose Vermutung." Die Staatsanwaltschaft habe deshab keine weiteren Schritte eingeleitet. Auch ein Ermittlungsverfahren sei nicht eingeleitet worden.

Das darf nun hingegen verwundern: Hat die Staatsanwaltschaft Kenntnis von einer Straftat, ist sie gesetzlich gehalten, auch gegen unbekannt zu ermitteln. Das tut sie nach eigener Aussage bislang nicht, obwohl der Verdächtige vermummt war und Menschen mit Pfefferspray besprühte.

Unabhängig von diesem Fall ist die Stimmung unter Polizisten derzeit gereizt. "Stuttgart 21 bringt uns in eine innerliche Aufruhr und Spannung", sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg, Joachim Lautensack, der taz.

In den vergangenen Tagen war die Kritik an Einsatzleitung und Politik auch aus Reihen der Polizei lauter geworden. Im Hamburger Abendblatt hatten am Einsatz beteiligte Polizisten den Einsatz im Schlossgarten scharf kritisiert und unter anderem Spezialeinheiten als "scharfe Kampfhunde" bezeichnet. Ein Polizist hatte angedeutet, dass auch taktische Provokateure zum Einsatz gekommen sein könnten.

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