Afrikas wirtschaftlicher Motor stottert: Kriseln am Kap
Südafrikas Wachstumsraten sinken – gleichzeitig steigt die Zahl der Arbeitslosen auf das Niveau von Spanien. Fünf Millionen haben keinen Job – offziell.
JOHANNESBURG taz | Die Wirtschaft am Kap steckt in der Krise: Südafrikaner stöhnen täglich über die steigenden Preise. Die Lebenshaltungskosten schrauben sich ständig höher und in den Läden werden in immer kürzeren Abständen teurere Waren angeboten, die für viele unerschwinglich sind. Nun hat auch die Arbeitslosigkeit die hässlichste Seite der vergangenen sechs Jahre gezeigt. Mehr als fünf Millionen Menschen haben laut offizieller Statistik derzeit keinen Job – ein Ergebnis des verlangsamten Wirtschaftswachstums.
Das Land mit seiner starken Industrie war einst der wirtschaftliche Motor des Kontinents. Nun bleibt es seit einiger Zeit hinter den gesteckten Zielen zurück. Die Regierung geht derzeit von einem Wachstum von 1,7 Prozent aus – damit liegt Südafrika weit hinter den Wachstumsraten anderer afrikanischen Staaten. Die Bevölkerungszahl nimmt zwar stetig zu. Gleichzeitig steigen jedoch die Arbeitslosenzahlen, denn die Wirtschaft schafft trotz der reichen Bergbauindustrie zu wenig Arbeitsplätze.
Der fünfmonatige Streik von etwa 70.000 Kumpels in den Platinbergwerken im Norden Johannesburgs hat stark zu der Rezession im ersten Viertel des Jahres beigetragen. Kurz nach Beilegung der gewaltsam erkämpften Lohnverhandlungen im Platinsektor begann ein neuer, vierwöchiger Streik in der Metall verarbeitenden Industrie. 220.000 Arbeiter schlossen sich ihm an – mit negativen Auswirkungen auf die Automobilherstellung in Südafrika.
Hatte das Wirtschaftswachstum im Jahr 2011 noch bei 3,6 Prozent gelegen, sank es im vergangenen Jahr auf 1,9 Prozent. Firmen und Bergwerke haben immer mehr Stellen abbauen müssen.
Zahlreiche Haushalte können nicht heizen
Die Arbeitslosenrate lag Ende Juni bei 25,5 Prozent, inoffiziell sind es jedoch über 40 Prozent der Bevölkerung, die keine Erwerbsarbeit haben. Viele Menschen sind seit Jahren arbeitslos und die sozialen Folgen nehmen zu. Die Verzweiflung steigt, denn viele Menschen können sich immer schlechter ernähren. Steigende Strompreise machen gerade jetzt im Winter vielen Menschen im Land zu schaffen und in zahlreichen Haushalten bleibt es kalt.
Die instabile Arbeitsmarktsituation ist nicht der einzige Grund für die angeschlagene Wirtschaft, die sich nach der Rezession 2009 nicht erholt hat. Geringere Nachfrage und Kaufkraft im Land, höhere Produktionskosten und Mängel in der Infrastruktur verstärken die Flaute auf dem Stellenmarkt. Ein Aufschwung ist nicht abzusehen.
Die Regierung geht davon aus, dass Südafrikas Wirtschaftswachstum auf 5,4 Prozent steigen muss, um bis 2020 die Arbeitslosenrate auf zumindest 14 Prozent zu verringern. Das Land tut sich immer noch schwer damit, mehr Stellen im privatwirtschaftlichen Arbeitssektor zu schaffen. Damit könnte jedoch die Anfälligkeit der Ökonomie, beispielsweise durch die regelmäßig wiederkehrenden Streiks, gesenkt werden.
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