Afrikanischer Klimagipfel: Teil der Lösung sein
Der Klimaschutz soll Motor für eine grüne Transformation Afrikas werden. Wer kommt dafür als Partner infrage?
In Afrika leben 18 Prozent der Weltbevölkerung – aber sie verursachen nicht einmal 4 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen. Die Folgen sind hier aber umso deutlicher zu spüren. Das gilt nicht nur für die Katastrophen durch Dürre- und Hochwasser in Ost- und Westafrika, sondern auch für die kleine Insel Rodrigues, ein Eiland der Republik Mauritius im Indischen Ozean.
Rodrigues ist ein Mikrokosmos der Herausforderungen, vor die uns der Klimawandel stellt. Ruhig, von atemberaubender Schönheit und mit einzigartiger Natur gesegnet, ist die Insel heute mit der harten Realität der Klimakrise konfrontiert. Die biologische Vielfalt leidet, die Widerstandsfähigkeit der Bewohner:innen wird auf die Probe gestellt.
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Der steigende Meeresspiegel bedroht Küsten, Wirbelstürme zerstören Lebensgrundlagen und sich ändernde Wettermuster stellen traditionelle Anbaumethoden infrage, mit denen verschiedene Generationen ihren Lebensunterhalt bestritten haben. Die Strände schrumpfen, das Meer dringt ins Landesinnere vor, Korallen bleichen aus, weil das Wasser wärmer wird. Um neun Millimeter steigt der Wasserspiegel jedes Jahr. Drängender könnte die Probleme für die rund 110 Quadratkilometer kleine Insel kaum sein. Und Rodrigues ist damit nicht allein.
Im September 2023 richteten Kenia und die Afrikanische Union gemeinsam den ersten afrikanischen Klimagipfel aus. Der Kontinent leidet unter Hitze-Extremen, Überschwemmungen und schweren Dürren mit Zehntausenden von Toten. Diese Katastrophen werfen die Entwicklungsbemühungen zurück und führen zu mehr Hunger und Vertreibung. 30 Milliarden Dollar an Klima-Anpassungshilfen bekommt Afrika nach Weltbank-Angaben pro Jahr. Den Bedarf schätzt die Weltbank aber auf 280 Milliarden Dollar jährlich.
Passiv auf die Hilfe warten will der Kontinent nicht – darum ging es bei dem Gipfel in Nairobi. „Afrika will Teil der Lösung sein“, sagte der Gastgeber, Kenias Präsident William Ruto. „Wir können ein grünes industrielles Zentrum sein, das anderen Regionen dabei hilft, ihre Netto-Null-Strategie bis 2050 zu erreichen.“ Die Erschließung der erneuerbaren Energieressourcen auf dem Kontinent sei nicht nur gut für Afrika, sondern auch für den Rest der Welt.
Was Ruto sagte, hörte etwa die EU gern. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nahm in ihrer Rede in Nairobi direkt Bezug darauf. „Sie sind ein Teil der Lösung“, sagte von der Leyen. Mit seinem riesigen Potenzial für erneuerbare Energien und sauberen Wasserstoff, seltenen Rohstoffen, der „unglaublichen“ Natur- und Artenvielfalt und den vielen jungen Arbeitskräften könnte Afrika dazu beitragen, die globalen Energiesysteme und Versorgungsketten zu sanieren. Allein durch die Beschleunigung des Übergangs zu Solar- und Windenergie könnten sich die Arbeitsplätze im Energiesektor in Afrika in wenigen Jahren verdoppeln, rechnete von der Leyen vor. Und Afrika könnte genug saubere Energie produzieren, um nicht nur den eigenen Kontinent zu versorgen, sondern auch ins Ausland zu exportieren. „Der Klimaschutz könnte eine der wichtigsten Triebfedern für Afrikas Wachstum sein“, so von der Leyen.
Der Klimagipfel hat Partnerschaften mit globalen Verbündeten gefördert
UN-Generalsekretär Antonio Guterres verwies auf den Handlungsdruck hin, um tödliche Klimaextreme einzudämmen. Doch dazu braucht es ehrgeizige Zielvorgaben für erneuerbare Energien. Denn die Welt müsse sowohl das 1,5-Grad-Ziel einhalten als auch allen Menschen auf der Welt – vor allem in Afrika – erschwinglichen Strom zur Verfügung stellen. „Wir müssen alle zusammenarbeiten, damit Afrika zu einer Supermacht der erneuerbaren Energien wird“.
Der Gipfeltreffen hat nicht nur den Stimmen der afrikanischen Länder mehr Gewicht verliehen, sondern auch Partnerschaften mit globalen Verbündeten gefördert.
Einer von ihnen ist die EU. Sie will die Zusammenarbeit bei den erneuerbaren Energien schon länger verstärken. Dazu hat sie eine Reihe von Programmen aufgelegt, die unter anderem von der African Renewable Energy Initiative unterstützt werden.
Eine der Grundlagen dafür ist die Afrika-EU-Energiepartnerschaft, die auf dem EU-AU-Gipfel im Februar 2022 in Brüssel erneuert wurde. Dort legte die EU mit ihrem „Global Gateway“ auch ein milliardenschweres Instrument vor, mit dem sie die „gemeinsamen Ziele“ der Kontinente für die Agenda 2030 – der UN – und die Agenda 2063 – der Afrikanischen Union – unterstützen will. Ein Teil des Geldes soll für Vorzeigeprojekte im Energiesektor Afrikas fließen. Dazu zählt die „Afrika-EU-Initiative für grüne Energie“, die ebenfalls auf dem Brüsseler Gipfel 2022 vorgestellt wurde. Flankiert wurde das Ganze unter anderem durch eine hochkarätig besetzte Konferenz namens „EU-Africa Green Investment Forum“ im April 2023 in Lissabon.
Mit dieser Unterstützung der grünen Transformation Afrikas will die EU nicht nur Energiearmut bekämpfen, sondern auch die Treibhausgasemissionen drücken. Allerdings bleibt die Kluft zwischen Selbstverpflichtungen und konkreten Ergebnissen groß. Gleichwohl hat sich der europäische Ansatz gegenüber Afrika in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt: von traditionellen, auf Hilfe basierenden Modellen ist er zu differenzierteren, partnerschaftlichen Strategien übergegangen.
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Für Afrika ist das eine Chance, zunehmend als Kontinent anerkannt zu werden, der reich an Ressourcen, Innovationen und ungenutztem Potenzial und nicht mehr nur auf Hilfe angewiesen ist. Aus einem bloßen Empfänger von Entwicklungshilfe kann ein Verbündeter werden. Und heute wird stärker als früher darauf geachtet, die afrikanischen Länder als gleichberechtigte Partner in die Gestaltung von Politiken und Agenden einzubeziehen.
Eine Rolle spielt dabei zweifellos das Agieren neuer Akteure in Afrika, wie China, Indien und Russland. Sie haben die Dynamik des Engagements auf dem Kontinent erheblich verändert. Die aufstrebenden Mächte verfolgen andere Ansätze als die westlichen Staaten. Doch auch sie beeinflussen die wirtschaftliche, politische und infrastrukturelle Entwicklung Afrikas – einschließlich der Klimapolitik.
China tut sich dabei besonders durch Infrastrukturinvestitionen, Handelspartnerschaften und Rohstoffgewinnung hervor – etwa im Rahmen seiner Belt and Road Initiative für Straßen, Häfen, Eisenbahnen und Energieanlagen. Das hilft bei der Entwicklung Afrikas, wirft aber Bedenken hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit und der Umweltfolgen auf.
Indien engagiert sich – etwa durch seinen India-Africa Forum Summit – bei wirtschaftlicher Zusammenarbeit und technologischem Austausch. Auch Russland verfolgt strategische Interessen in der Region. Das Land engagiert sich im Energiebereich, bei Militärbündnissen und der Rohstoffgewinnung. Beim Thema Klimawandel tritt Moskau aber kaum in Erscheinung.
Die neuen Akteure bringen Ressourcen und alternative Entwicklungsmodelle mit. Gelingt es, diese auf die Klimaziele abzustimmen, dann wird sich das positiv auf die Widerstandsfähigkeit der afrikanischen Ökosysteme auswirken. Und dann könnte die Insel Rodrigues im Indischen Ozean auch für künftige Generationen die „Stress Free Island“ bleiben, als die sie heute berühmt ist.
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