Afrika-Russland-Gipfel: Weizen, Waffen, Wagner-Truppen
Auf dem Afrika-Russland-Gipfel in Sankt Petersburg belohnt Wladimir Putin alte Verbündete und sucht neue. Manche afrikanische Regierung spielt mit.
Wer diese Verbündeten Russlands auf dem Kontinent bereits sind, das wird auf dem Forum in den Sankt Petersburger Kongresshallen schon an der Sitzordnung klar. Die Präsidenten und Militärchefs von Algerien, Ägypten, Eritrea und Uganda sitzen in der ersten Reihe, alles Länder, die derzeit sehr enge Beziehungen nach Moskau unterhalten. Beim Gruppenfoto steht sogar direkt neben Putin der Juntachef von Burkina Faso, Ibrahim Traoré, in ockerbrauner Tarnuniform und mit rotem Barett. Der General hatte sich erst letztes Jahr, wohl mit Russlands Hilfe, an die Macht geputscht.
Nur wenige Tage nachdem Russland das Getreideabkommen im Schwarzen Meer aufgekündigt hat, unter welchem ukrainischer Weizen sicher auf den Weltmarkt exportiert werden konnte, gibt sich Putin in Sankt Petersburg nun spendabel gegenüber seinen Freunden aus den afrikanischen Staaten, deren Bevölkerungen sonst Hunger leiden würden.
Ausgesucht hat er sich fünf Länder, die eng mit dem Kreml kooperieren, sowie Somalia, das am meisten von den ausbleibenden Getreidelieferungen betroffen wäre: „Wir werden bereit sein, Burkina Faso, Simbabwe, Mali, Somalia, die Zentralafrikanische Republik und Eritrea in den nächsten drei bis vier Monaten jeweils mit 25.000 bis 50.000 Tonnen Getreide kostenlos zu versorgen“, so Putin in seiner Rede auf dem Gipfel. Die Afrikaner jubelten.
Eine Reihe von Partnerschaftsabkommen
Der simbabwische Präsident Emmerson Mnangagwa zeigte sich zwar dankbar, betont aber gegenüber Journalisten am Rande des Gipfels, dass die Ernährung seines Landes eigentlich gesichert sei. „Wir haben überhaupt kein Getreidedefizit. Wir sind ernährungssicher, er ergänzt nur das, was wir bereits haben.“
Im Hintergrund wurden aber wohl noch mehr Geschenke gemacht. Simbabwes Informationsministerium veröffentlichte auf Twitter Fotos von Mnangagwa, wie er die Stufen eines neuen Hubschraubers hinuntergeht und in der Kabine vor einem Tisch mit Weißwein und Obst sitzt. „Dieser Vogel wird bald unseren Himmel zieren“, freut sich der Minister.
Simbabwe war eines jener Länder, das am Rande des Gipfels ein umfangreiches Partnerschaftsabkommen mit Russland geschlossen hat. Darin geht es vor allem um Informationssicherheit. Russland hat sich jüngst auf dem afrikanischen Kontinent als Partner in Sachen Verschlüsselungssysteme für Regierungsserver und Anwendungen angepriesen. Daran haben viele afrikanische Regierungen Bedarf.
Anwesend auf dem Gipfel waren auch zwei einflussreiche Russen, die vielen afrikanischen Staatschefs und Verteidigungsministern mittlerweile sehr vertraut sein dürften. Zum einen Victor Bout, einst der größte Waffenhändler Afrikas und alter Kumpel Putins aus seinen Zeiten beim sowjetischen Geheimdienst KGB. Bout war in Angola stationiert, als der Sowjetblock zusammenbrach, und verscherbelte daraufhin sowjetisches Kriegsgerät überall in Afrika. Er saß lange in den USA in Haft, war 2022 aber in einem Gefangenenaustausch nach Russland überstellt und dort freigelassen worden. Er nahm am Panel „Neue russisch-afrikanische Logistikrouten“ teil.
Und auch Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin wurde gesichtet, das erste Mal seit dem gescheiterten Aufstand in Russland Ende Juni. In Jeans und weißem Hemd ohne Krawatte schüttelt er herzlich dem zentralafrikanischen Botschafter die Hand.
Prigoschin hat Putin pünktlich zum Gipfel quasi ein Geschenk gemacht: Im Niger hat am Mittwoch ein Militärputsch stattgefunden. Der prowestliche Präsident Mohamed Bazoum wurde von russlandfreundlichen Generälen abgesetzt. In einer Audiobotschaft erklärte Prigoschin seine Unterstützung für die Putschisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen