Afrika-Cup in der Elfenbeinküste: Vermehrte Geldquellen
Afrika-Cup-Gastgeber Elfenbeinküste präsentiert dank chinesischer Investitionen eine bessere Infrastruktur. Das Turnier generiert zudem steigende Gewinne.
Und plötzlich ist es hell auf den Start- und Landebahnen des Félix Houphouet Boigny Airport in Abidjan. Seit ein paar Wochen leuchten die neuen Lampen, mit denen der Flughafen bestückt wurde. Die Besucher des bevorstehenden Afrika-Cups sollen auch nachts landen und starten können. Das größte Sportevent des afrikanischen Kontinents steht vor der Tür: Vom 13. Januar bis 11. Februar findet der 34. Afrika-Cup in der Elfenbeinküste statt. Die 24 besten Mannschaften des Kontinents werden um die Trophäe kämpfen, es wird ein riesiges gesellschaftliches Ereignis.
Die Straßen in Abidjan, mit rund 6 Millionen Einwohnern eine der größten Metropolen Westafrikas, sind mit bunten Fahnen geschmückt. Fliegende Händler verkaufen bunte T-Shirts, Käppis und Fanschals mit dem Logo des Afrika-Cups in rauen Mengen. Wohin man auch sieht, an den Straßenecken, vor den Kiosken, an den Märkten stehen die Leute zusammen und diskutieren. Lebhaft und mit weit ausholenden Gesten wird debattiert: Wer wird den Cup gewinnen? Wie schlägt sich das heimische Team? Welche Stars werden den Erwartungen gerecht und führen ihre Nation zum Titel?
Fußball ist wichtig in Afrika, noch viel bedeutender als irgendwo sonst auf der Welt. Die Siegernation wird mindestens zwei Jahre lang – bis zur nächsten Austragung des Turniers – mit Ehrfurcht betrachtet. Wer den Afrika-Cup gewinnt, ist sozusagen König des Kontinents.
Für die Elfenbeinküste hat das Turnier noch eine andere Bedeutung. Eigentlich sollte es im Sommer 2023 stattfinden, doch aufgrund der zu erwartenden Schwierigkeiten mit der Regenzeit wurde das Event um ein halbes Jahr nach hinten verschoben. Man hatte ein wenig mehr Zeit für die umfangreichen Vorbereitungen, die weit über die Flughafenbeleuchtung hinausgingen.
Chinesischer Einfluss
Vier der sechs Fußballstadien, die in fünf Ausrichterstädten stehen, wurden neu gebaut, zwei umfassend renoviert. Es entstanden neue Straßen, neue Hotels, einige Krankenhäuser wurden auf Vordermann gebracht. Laut Idriss Diallo, Präsident des ivorischen Fußballverbands, hat das Land im Zusammenhang mit dem Wettbewerb mehr als eine Milliarde US-Dollar in die Infrastruktur investiert.
Natürlich hat beim Ausbau der Infrastruktur das auf dem gesamten Kontinent eifrig investierende China seine Hände und Bauarbeiter mit im Spiel. Im Frühjahr 2016, zum feierlichen Baubeginn des Alassane-Ouattara-Stadions in Abidjan, wo das Eröffnungsspiel und das Finale stattfinden werden, wurde der ehemalige Premierminister der Elfenbeinküste, Daniel Kablan Duncan, von mehreren im Land ansässigen chinesischen Botschaftsbeamten begleitet.
Ihre Anwesenheit war keine Überraschung. Schließlich wurde das Stadion vom Beijing Institute of Architectural Design entworfen und von der Beijing Construction Engineering Group gebaut. Bei beiden handelt es sich um chinesische Staatsbetriebe.
Auch an anderen Turnierorten wird Chinesisch gesprochen. In San Pedro wurde das Laurent-Pokou-Stadion von der ebenfalls im Staatsbesitz befindlichen China Civil Engineering Construction Corporation errichtet. Und die China National Building Material Group fungierte als Generalunternehmer für das Amadou-Gon-Coulibaly-Stadion in Korhogo.
Wirtschaftlicher Aufschwung ist bedeutend für das Land
Bis 2020 hatte China 1,5 Milliarden US-Dollar in der Elfenbeinküste investiert. Im Gegenzug erhält die asiatische Großmacht Zugang zu afrikanischen Ressourcen und Bodenschätzen. Mittlerweile exportiert die Elfenbeinküste jährlich natürliche Ressourcen und Güter im Wert von 700 Millionen US-Dollar nach China. 2016 waren es noch etwa 100 Millionen US-Dollar.
Der Aufschwung der Wirtschaft ist bedeutend für ein Land, das noch immer unter den Nachwirkungen zweier Bürgerkriege leidet. 2002 scheiterte ein Militärputsch, der die ehemalige französische Kolonie in eine mehrjährige Krise führte: Der Nordteil des Landes wurde von Soldatenrebellen besetzt, im Südteil standen die Truppen der Regierung.
Nach Neuwahlen 2010 ging das Ganze wieder los, als die Gefolgsleute des bis dahin amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo die knappe Wahlniederlage gegen den Herausforderer Alassane Ouattara nicht akzeptieren wollten und es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Hunderten Toten kam. Erst nach dem Eingreifen der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und der Verhaftung Gbagbos konnte die Lage unter Kontrolle gebracht werden.
Schwache ivorische Liga
Seither ist das Land, das als größter Kakaoexporteur der Welt bekannt ist und durchaus gutes wirtschaftliches Potenzial besitzt, mit Wiederaufbau beschäftigt und gilt als am stärksten wachsende Volkswirtschaft in Westafrika.
Der Afrika-Cup soll die fußballerische Entwicklung des Landes voranbringen. Die Elfenbeinküste hat schon in der Vergangenheit Weltstars wie Didier Drogba, Salomon Kalou, Kolo und Yaya Touré oder Gervinho hervorgebracht. Doch sie alle spielten in Europa und eigentlich nie im eigenen Land.
Mit dem Cup soll endlich auch die heimische Liga, die bisher bei den Fans im Land kaum Aufmerksamkeit genießt, auf Vordermann gebracht werden. „Die Grundlage des Fußballs ist die Infrastruktur“, sagt Fußballpräsident Diallo. „Die Länder, die im Fußball erfolgreich waren, sind diejenigen, die mit dem Aufbau grundlegender Infrastruktur begonnen haben: Trainingsplätze, Wettkampfplätze, lokale Spielfelder. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Er wird dem ivorischen Fußball Auftrieb geben.“
Bislang kommen zu den Spielen der Ligue 1, der höchsten ivorischen Spielklasse, selten mehr als ein paar Hundert Zuschauer. Die Fans gucken lieber die englische oder spanische Liga im TV, als den heimischen Kickern im Stadion zuzuschauen. Schließlich spielen die größten Stars des Landes ja auch in diesen ausländischen Ligen.
Den einheimischen Klubs fehlen daher Zuschauereinnahmen, Erlöse aus Fanartikeln und Sponsoren. ASEC Momosas, mit 29 Titeln bislang unangefochtener Rekordmeister und mit Abstand führender Klub des Landes, leistet zwar ausgezeichnete Jugendarbeit, spielt international aber keine Rolle. In den 90ern war man mal in der afrikanischen Champions League vorn mit dabei – seit dem Bürgerkrieg ist man aber international unbedeutend.
„Übernahme“ von Infantino
Der Cup soll Geld ins Land des Ausrichters spülen – aber auch der Veranstalter, der afrikanische Fußballverband CAF, hofft auf ein dickes finanzielles Plus durch sein Flaggschiff Afrika-Cup. Nachdem der südafrikanische Unternehmer Patrice Motsepe im März 2021 die Präsidentschaft des Verbands übernommen hat, geht es wirtschaftlich bergauf. Was viel damit zu tun hat, dass sich Motsepe und seine Leute wirtschaftliches Know-how vom Fußballweltverband Fifa geholt haben. Der Einfluss von Fifa-Präsident Gianni Infantino und seinen Leuten soll so groß geworden sein, dass einige Zyniker sogar von einer „Übernahme“ sprechen.
Fakt ist, dass sich die Einnahmen der CAF durch TV-Vermarktung und Rekrutierung neuer Sponsoren in den letzten beiden Jahren enorm gesteigert haben. 2023 sollen die Einnahmen laut CAF um 17 Prozent zugelegt haben, man habe die Investitionen sogar um 25 Prozent steigern können.
In dieser Bilanz sind die fetten Einnahmen aus dem Turnier in der Elfenbeinküste noch gar nicht enthalten. Dass unter den neuen Geldgebern einige direkt oder indirekt aus Saudi-Arabien stammen, entspricht dem aktuellen weltweiten Trend. Der Wüstenstaat will mit aller Macht die WM-Austragung 2034 und lässt sich dies auf der ganzen Welt so einiges kosten. Die afrikanische Gunst ist für Saudi-Arabien nicht zuletzt deshalb wichtig, weil Afrika in den Fifa-Entscheidungsgremien mit 54 Nationalverbänden vertreten ist. Exakt so viele Stimmen bringt der Kontinent bei Wahlen und Entscheidungsfindungen ein.
Entsprechend stolz vermeldete die CAF dieser Tage, das Preisgeld für seinen Afrika-Cup gegenüber der letzten Auflage um 40 Prozent zu erhöhen. Der Sieger wird 7 Millionen US-Dollar erhalten, der Zweite 4, die beiden restlichen Halbfinalisten je 2,5 und jeder der vier übrigen Viertelfinalisten noch 1,3 Millionen US-Dollar. Der Kampf um den Sieg wird sich nicht nur in Ruhm und Ehre auszahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus