AfD sucht nach Rentenkompromiss: Neoliberal oder deutschnational?
Vor dem Parteitag im April streitet die Rechtsaußenpartei über ihr Rentenkonzept. Parteichef Meuthen will weiterhin die gesetzliche Rente abschaffen.
Als sich vor zwei Wochen die Bundesprogrammkommission in Halle traf, gerieten vor allem Parteichef Jörg Meuthen und der Vorsitzende der Bundesprogrammkommission, der Bundestagsabgeordnete Albrecht Glaser, lautstark aneinander. Am Samstag nun soll ein Treffen der SozialpolitikerInnen aus Bundestag und Landtagen in Berlin ausloten, wo ein Kompromiss liegen könnte. Auch Glaser und Meuthen sind eingeladen.
Während Glaser teilnehmen wird, sagte Meuthen der taz, dass er nicht nicht kommen werde. Er könne aus privaten Gründen nicht. Meuthen will die gesetzliche Rentenversicherung, die durch Beiträge von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen finanziert wird, abschaffen und statt dessen eine steuerfinanzierte Mindestrente einführen, die knapp über der Existenzsicherung liegt. Darauf soll dann jeder nach den eigenen Möglichkeiten private Vorsorge draufsatteln – oder eben auch nicht. Diese Vorstellung ist vielen in der Partei ein Dorn im Auge.
Allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Da sind zum einen die Anhänger des „Flügels“, der extrem rechten Strömung der Partei. Die Thüringer AfD, mit Landeschef Björn Höcke fest in Flügel-Hand, hat ein eigenes Rentenkonzept vorgelegt, das quasi ein Gegenentwurf zu Meuthen ist. Wo Meuthen weniger Staat will, wollen die Thüringer mehr. Und wo Meuthen auf private Vorsorge setzt, halten Höcke und auch der Thüringer Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl diese für Teufelszeug.
Den Thüringer Vorschlag, niedrige Renten allein von Deutschen aufzustocken, lehnt Meuthen strikt ab. Umstritten ist zudem, ob Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten.
Frontalangriff auf den Parteichef
Wie blank die Nerven liegen, zeigte vor einer Woche ein indirekter Schlagabtausch. Bei einer AfD-Veranstaltung in Magdeburg bezeichnete Pohl Meuthens Idee, die gesetzliche Rente abzuschaffen, als parteischädigendes Verhalten – ein Frontalangriff auf den Parteichef. Schließlich ist parteischädigendes Verhalten ein Grund für einen Parteiausschluss.
Meuthen kofferte umgehend via Medien zurück: Pohls schädliche und falsche Äußerungen seien eine „unheilvolle Mischung aus ökonomischer Inkompetenz, bemerkenswerter Infamie und einem Vulgärpopulismus“. Fragt man bei Pohl nach, sagt dieser: „Finanzielle Sicherheit im Alter kann nur die gesetzliche Rentenversicherung garantieren. Wir dürfen die Menschen nicht den Risiken des Kapitalmarktes ausliefern.“
Allerdings stellen sich nicht nur Flügel-Anhänger gegen Meuthens Konzept. Auch manchen SozialpolitikerInnen, die innerhalb der AfD als gemäßigt gelten, geht der Parteichef zu weit. Weil ihnen dessen Konzept zu neoliberal ist – oder auch weil sie die Schlagzeile „AfD will gesetzliche Rente abschaffen“ fürchten. Denn das sei den WählerInnen nicht vermittelbar. Schließlich betont die AfD doch so gerne, dass sie die Partei der „kleinen Leute“ sei.
Aus der Partei ist zu hören, dass man sich eigentlich schon angenähert habe, so sei der Rentenzuschlag nur für Deutsche inzwischen vom Tisch. Doch Meuthen beharre auf seinen Vorstellungen. „Ich will ganz sicher nicht mit dem Kopf durch die Wand“, sagte Meuthen auf Anfrage der taz dazu. „Es geht nicht um meinen Vorschlag, sondern um einen Kompromiss.“
Dieser ist in der Partei dringend gewünscht, eine Kampfabstimmung zwischen zwei Anträgen auf dem Bundesparteitag will man verhindern. Zumal dies zu einer klaren Niederlage des Parteichefs führen könnte, der als möglicher Spitzenkandidat für die nächste Bundestagswahl gehandelt wird.
Eine Möglichkeit könnte in einer Formulierung liegen, die langfristig einen Ausstieg aus der gesetzlichen Rente nicht gänzlich ausschließt. „Ich bin zuversichtlich, dass wir einen gemeinsamen Leitantrag zur Alterssicherung verabschieden werden, der auf dem Sozialparteitag zur Abstimmung kommt“, sagt denn auch Uwe Witt, sozialpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, der das Treffen am Samstag leiten wird.
An dessen Ende soll ein Stimmungsbild erstellt werden – das allerdings unverbindlich ist. Wichtiger ist das nächste Treffen der Bundesprogrammkommission, die Mitte Februar in Erfurt zusammenkommt. Denn es ist Aufgabe dieses Gremiums, den Leitantrag zu erarbeiten. Viel Zeit bleibt dafür nicht mehr. Der Leitantrag soll mit der offiziellen Einladung zum Parteitag am 9. März rausgehen – also in fünf Wochen.
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