AfD in den Medien: Einladung zur „Lügenpresse“
Drei Thüringer Zeitungen drucken einen Gastbeitrag von Björn Höcke. Ein Sonderfall? Andere Lokalzeitungen sind skeptischer.
Björn Höcke sieht sich als Opfer: „Wer heute zur traditionellen Familie steht, der wird verachtet. Wer den Ort seiner Herkunft Heimat nennt und gar von Heimatsliebe [sic!] spricht, der wird verlacht. Und wer sich zu seinem Vaterland bekennt, der wird ausgegrenzt“, schreibt der Thüringer AfD-Chef in einem am Dienstag erschienenen Gastbeitrag in der Ostthüringer Zeitung (OTZ).
Der Artikel ist Teil einer Reihe, in der Thüringer Politiker über Konservatismus schreiben. Nur: Ist Höcke, der immer wieder gegen Flüchtlinge und Muslime hetzt, ein Politiker wie alle anderen? Immerhin sei er ein gewählter Politiker im Thüringer Parlament, findet OTZ-Chefredakteur Jörg Riebartsch.
Riebartsch selbst hatte die Reihe gestartet. In einem Kommentar schrieb er, dass der „Begriff des Konservativen in Deutschland abhandengekommen“ sei. Alles, was nicht Linkspartei, Grüne oder SPD heiße, sei heute rechts. Riebartsch sieht ein „Lager der Meinungsdiktatoren“. An der Debatte beteiligten sich der linke Ministerpräsident Bodo Ramelow und der CDU-Landeschef Mike Mohring. Alle, die meinten, etwas vom Thema zu verstehen, sagt Riebartsch, sollten sich beteiligen können und so habe man auch Björn Höcke angesprochen.
Höckes Beitrag erschien Anfang der Woche in der OTZ und der Thüringischen Landeszeitung (TLZ), gekürzt in der Thüringer Allgemeine (TA). Die drei Zeitungen bilden die Mediengruppe Thüringen und drucken zum Teil die gleichen Inhalte in einer Auflage von gut 250.000 Stück.
Lightversion früherer Reden
Höcke bezeichnet in seinem Text unter anderem die Thüringer CDU als unglaubwürdig, weil ihr Vorsitzender Mohring nie die Kanzlerin für die „totale Grenzöffnung“ kritisiert habe, „die letztlich zur finalen Plünderung der Solidargemeinschaft führen muss“. Er zitiert Armin Mohler, den er einen „großen konservativen Denker“ nennt. Mohler gilt als Vordenker der Neuen Rechten, er fand Hitler ästhetisch beeindruckend und nannte sich selbst „Faschist“.
Höckes Gastbeitrag ist eine Lightversion früherer Reden. 2015 beispielsweise polemisierte er am neurechten Institut für Staatspolitik gegen den „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“. Sollte so jemand ein Forum in einer Zeitung bekommen? Noch dazu als Gastbeitrag, nicht als Interview, in dem ihm Fragesteller widersprechen könnten?
Sowohl der Chefredakteur der OTZ als auch der stellvertretenden Chef der TA, Thomas Bärsch, sagen: Höcke hat in seinen Texten für die Zeitung nichts Rassistisches geschrieben. Und unwidersprochen sei er nicht, weil sein Text ja Teil einer Reihe ist.
In den Redaktionen der anderen Bundesländer, in denen die AfD im Landtag sitzt, ist man da skeptischer. Annette Binninger, Ressortleiterin Politik und Wirtschaft bei der Sächsischen Zeitung, sagt: „Einen Gastbeitrag von Herrn Höcke hätte es bei uns vor dem Hintergrund seiner bisherigen Aussagen sicher nicht gegeben.“ Binninger würde für einen solchen Fall ein Interview bevorzugen.
Willi Reiners, Politikredakteur der Stuttgarter Zeitung, sagt: „Die AfD wurde von 15 Prozent der Baden-Württemberger gewählt, sie und ihre Positionen gehören in unsere Zeitung.“ Allerdings würde er eher ein Interview vorziehen, um den Gesprächspartner konfrontieren zu können. Pauschal ablehnen würde er ein Angebot des baden-württembergischen AfD-Chefs Jörg Meuthen aber nicht.
Die in Sachsen-Anhalt erscheinende Mitteldeutsche Zeitung druckt selten Gastbeiträge. Falls doch einmal, sagt Kai Gauselmann, Chef vom Dienst, würde sie den dortigen AfD-Landtagsfraktionschef André Poggenburg behandeln wie andere Autoren auch. „Völkische, rassistische oder sexistische Positionen würden wir in keinem Fall und von keinem Autor ohne Einordnung oder Kommentierung verbreiten.“
Ähnlich steht es beim Hamburger Abendblatt, das wie die Thüringer Zeitungen zum Verlagshaus Funke gehört. Bäte die Redaktion die Fraktionschefs der Bürgerschaft um einen Gastbeitrag, sagt Stephan Steinlein, Mitglied der Chefredaktion, dann würde sie sich sicher an alle Fraktionschefs wenden.
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