AfD-Rechtsaußen-Bewegung „Der Flügel“: Eine Partei in der Partei
In einem internen Schreiben warnt der AfD-Sprecher in NRW vor dem rechten Björn Höcke. Dessen „Flügel“ spalte nun den Landesverband.
In der fünfseitigen „Denkschrift“ wird Helmut Seifen, Landessprecher der AfD Nordrhein-Westfallen, überdeutlich. In dem Schreiben an die AfD-Bezirkssprecher, das der taz vorliegt, warnt er nicht nur vor der Rechtsaußen-Sammelbewegung „Der Flügel“, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird. Er befürchtet auch, dass diese AfD-interne Bewegung um Björn Höcke „als eigenständige Partei in der Partei agiert“.
Seit der Verfassungsschutz Mitte Januar die AfD zu einem „Prüffall“ und den „Flügel“ gar zu einem „Verdachtsfall“ erklärte, läuft bundesweit die parteiinterne Auseinandersetzung. In Nordrhein-Westfalen führte der „Flügel“ bereits im November vergangenen Jahres zu Streit. Anlass war die Einladung Björn Höckes durch den AfD-Verband Münster nach Bottrop.
Schon da erklärte Seifen, die Mehrheit der Mitglieder würde den Auftritt des Thüringer Landtagsfraktionsvorsitzenden „ablehnen“.Denn die politischen Gegner könnten die Rede nutzen, um den nordrhein-westfälischen Landesverband „über Jahre als ultrarechten Kreis hinzustellen“. Bei der Auseinandersetzung warf Seifen seinen Co-Landessprecher und Landtagsabgeordneten Thomas Röckemann und dem Landtagsabgeordneten Christian Blex vor, die Nähe zu dem völkisch-nationalistischen Flügel zu suchen.
In der aktuellen Schrift an die „sehr geehrten Bezirkssprecher“ greift Seifen, der auch stellvertretender Landtagsfraktionsvize ist, erneut Röckemann und Blex an. Ein „Teil der Vorstandsmitglieder“ würde sich „nicht so sehr dem Landesverband NRW gegenüber loyal verhalten, sondern sich eher zur Strömung ‚Flügel‘ hingezogen fühlen“. Es würde sich „geradezu der Eindruck“ aufdrängen, dass „vor allem Röckemann und Blex“ mithilfe des Bezirkssprechers von Münster, Steffen Christ, in NRW für Höcke „eine Plattform schaffen wollen“, schreibt Seifen. Sie würden auch „keine Rücksicht“ darauf nehmen, dass „viele AfD-Mitglieder in NRW die nicht wünschen“.
Spenden für den Machtausbau
Diese Intervention des „Flügels“ läuft, laut Seifen, auch jenseits der „Landesgrenzen von NRW“. Das Netzwerk um das „Idol Höcke“ wolle auf die Landesverbände Einfluss ausüben. In allen Landesverbänden soll der „Flügel“ Obleute haben, damit würde er „auf der operativen Ebene also eine Struktur“ aufbauen, „die an den jeweils gewählten Vertretern der Vorstände vorbei eine eigene Personal-, Organisations- und Sachpolitik betreiben kann“. Die Partei scheint „lediglich als Vehikel zur Beförderung der eigenen Agenda und des eigenen Personals“ genutzt zu werden, resümiert Seifen. Und er benennt zwei Vereine, die auch die Spenden für diesen Machtausbau akquirieren: „in NRW der Verein ‚Alternativer Kulturkongress Deutschland‘, bundesweit der Verein ‚Konservativ‘“.
In seiner Weihnachtsbotschaft bat Höcke auch „bei den Flügelanten“ schon um Spenden für „Konservativ e. V.“. Im März 2015 hatte Höcke den „Flügel“ gegründet, der mit seiner „Erfurter Resolution“ die AfD vor einem moderaten Kurs warnte. Die „Resolution“ soll der Mitbegründer des „Institut für Staatspolitik“, Götz Kubitschek, verfasst haben. Mit dem Papier setzten sich die rechten Kreise gegen den damaligen Bundesvorsitzenden Bernd Lucke durch. In der AfD soll von den rund 33.650 Mitgliedern mittlerweile ein Drittel dem „Flügel“ nahestehen – also rund 11.000 Personen. Die Vereine haben ihre Sitze in Paderborn, so Seifen.
Der Bundesvorstand würde prüfen lassen, „inwieweit solche Praktiken parteikonform und nicht parteischädigend“ seien. Die Bundessprecher Jörg Meuthen und Alexander Gauland haben dieses Netzwerk allerdings bisher nicht kritisiert. Im Gegenteil: Sie traten als Redner beim Kyffhäuser-Treffen des „Flügels“ auf. Höcke nehme alle „redlichen Parteimitglieder in Geiselhaft“, schreibt Seifen. Das Spitzenduo erwähnt er nicht.
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