Abgrenzung nach rechts: Hamburger AfD frisst Kreide

Die Spitze der Hamburger AfD distanziert sich von Identitärer Bewegung und Patriotischer Plattform. Der Grund ist offensichtlich: Angst vorm Verfassungsschutz.

Die Hamburger AfD-Politiker Jörn Kruse und Dirk Nockemann.

Gehen auf Distanz zum rechten Rand der eigenen Partei: Jörn Kruse und Dirk Nockemann Foto: dpa

Hamburg taz | Ein Gespenst geht um in der AfD – das Gespenst der Geheimdienstbeobachtung. Die Angst vor einer Überwachung hat jetzt die AfD in Hamburg erfasst. Auf der Webseite des Verbandes gehen der Bürgerschaftsfraktionsvorsitzende Alexander Wolf und der Landesvorsitzende Dirk Nockemann auf Distanz zur „Identitären Bewegung“ (IB) und der „Patriotischen Plattform“ (PP). Solche Töne haben die beiden Hardliner der hanseatischen AfD bisher vermieden.

In einer Erklärung vom vergangenen Freitag, die Wolf und Nockemann unterschrieben haben, wird betont, dass AfD und IB „grundlegend wesensverschieden“ sein. In den vergangen Monaten waren aus den Nordverbänden ganz andere Aussagen trotz Unvereinbarkeitsbeschluss zu hören. Im April hatte der Bundesvorstand beschlossen, dass eine AfD-Mitgliedschaft nicht mit der in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation vereinbar sei. Mit dem Beginn der Beobachtung der IB durch Verfassungsschutzämter und –behörden (VS) wurden diese Bewertungen leiser.

Die Abgrenzung zur Patriotischen Plattform um Hans-Thomas Tillschneider ist ebenso Überlegungen des Verfassungsschutzes geschuldet. Unlängst erklärte das nordrhein-westfälische Landesamt, dass bei der PP „gewichtige Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung“ vorlägen. In einem internen Vermerk zu der parteiinternen Organisation heißt es: „Zweck der PP ist es, mit ihrer rechtsextremistischen Agenda auf die AfD Einfluss auszuüben.“ Das Landesamt empfahl die bundesweite Beobachtung. Die PP reagierte schnell. Der Vorstand beschloss am Freitag, bei der nächsten Mitgliederversammlung die Selbstauflösung zu beantragen.

Die Plattform hatte Tilschneider 2014 mitgegründet, um den vermeintlichen Ausgrenzungsbemühungen des damaligen Bundesvorsitzenden Bernd Lucke entgegenzuwirken. Die AfD sollte „keine fade Scheinalternative“ werden. Die PP wollte das Umfeld des neu-rechten Instituts für Staatspolitiks des Verlegers Götz Kubitschek einbinden: „Die AfD wird entweder mit Götz Kubitschek sein oder sie wird gar nicht sein“, polterte die PP 2015.

Bundesvorstand der AfD

Wir können alles, was wir sagen wollen, auch in der AfD sagen. Wir können alles, was wir tun wollen, auch in der AfD tun“

Heute erklärt der Vorstand: „Wir können alles, was wir sagen wollen, auch in der AfD sagen. Wir können alles, was wir tun wollen, auch in der AfD tun.“ Die PP brächte keinen Mehrwert mehr. Mit der Selbstauflösung würde aber ein „Angriffsziel“ verloren gehen, sodass die AfD „eine echte patriotische Alternative“ bleiben könne. Tillschneider selbst zog noch eine weitere Konsequenz, er will sein Büro im Hausprojekt der IB in Halle auflösen.

Die Bewertung der PP wollen Wolf und Nockemann nicht so stehen lassen. In der Erklärung, die der Landessprecher der AfD Nordrhein-Westfallen, Helmut Seifen sowie der Landes- und Fraktionschef von Rheinland-Pfalz, Uwe Junge, mittragen, wird betont, dass die „Vorstellungen“ der PP „innerhalb der AfD zu keinem Zeitpunkt mehrheitsfähig gewesen sein.

In Hamburg hatte zuvor der AfD-Bürgerschaftsfraktionsvorsitzende Jörn Kruse in der Öffentlichkeit immer wieder die Rechtsentwicklungen seiner Partei kritisiert. Im August leitete der Landesvorstand prompt ein Parteiordnungsverfahren. Vor Kurzem zweifelten Nockemann und Wolf auch die VS-Einschätzung an, das Rechtsextreme die Kundgebung „Mekel muss weg“ bestimmen. Die neue Positionierung dürfte nicht allen AfD-Mitgliedern und –freunden gefallen.

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