piwik no script img

AfD-Bundesparteitag in KalkarPunktsieg für Meuthen

Bei den Wahlen zum AfD-Vorstand setzen sich drei KandidatInnen durch, die in der AfD als gemäßigt gelten. Das stärkt Parteichef Meuthen.

Wird von Fraktionschef Gauland als „spalterisch“ bezeichnet: AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen Foto: Wolfgang Rattay/reuters

Berlin taz | Die AfD hat am Samstagabend drei Posten in ihrem Bundesvorstand neu besetzt und auf allen drei Positionen haben die knapp gewonnen, die parteiintern als gemäßigt gelten.

Damit hat sich in dem Spitzengremium die Mehrheit weiter zugunsten der Gruppe um Parteichef Jörg Meuthen und Vize Beatrix von Storch verschoben, die zuletzt mit der Auflösung des rechtsextremen „Flügels“ und dem Rausschmiss seines Strippenziehers Andreas Kalbitz den parteiinternen Machtkampf deutlich zugespitzt hatten. Der AfD-Bundesvorstand hat 14 stimmberechtigte Mitglieder, hinzu kommt Alexander Gauland als Ehrenvorsitzender.

Weil Kalbitz als Beisitzer dem Bundesvorstand angehörte, war dieser Posten vakant. Als Nachfolgerin setzte sich im zweiten Wahlgang die hessische Bundestagsabgeordnete Joana Cotar durch. Die 47-Jährige, die in Rumänien geboren ist, ist digitalpolitische Sprecherin der Fraktion.

In ihrer durchaus kämpferischen Rede sagte Cotar, die AfD müsse konfrontativ sein im Umgang mit dem politischen Gegner, aber für die Wähler „sympathischer werden“. Geschickt vermied sie es, sich einem Lager zuzuordnen und beschwor den Zusammenhalt der AfD. Parteiintern aber wird Cotar dem Meuthen-Lager zugerechnet.

Niederlage für den „Flügel“

Sie gewann mit 52 Prozent der Stimmen knapp gegen den Europaabgeordneten Maximilian Krah aus Sachsen, der vom dortigen Landeschef Jörg Urban vorgeschlagen worden war und, wie er selbst in seiner Rede sagt, von Meuthens Co-Chef Tino Chrupalla unterstützt wurde. Krahs Niederlage kann man deshalb auch als Punktsieg des Meuthen-Lagers gegen den „Flügel“ und seine Unterstützer werten.

Auf den im Januar aus persönlichen Gründen zurückgetreten Bundesschatzmeister Klaus Forhrmann wird Carsten Hütter folgen, der im Ruhrgebiet aufgewachsen ist, aber bereits seit Jahrzehnten im Erzgebirge in Sachsen lebt und dort im Landtag sitzt. Hütter war zuvor Fohrmanns Vize und gehörte dem Bundesvorstand damit schon an. Er hatte sich bei der Abstimmung darüber, ob die Mitgliedschaft von Kalbitz annuliert werden sollte, enthalten – was für Kalbitz' Anhänger reichte, um ihn auf der Gegenseite zu verorten.

Gegen Hütter war Emil Sänze aus Baden-Württemberg angetreten, der mehrfach den inzwischen aus der Partei ausgeschlossenen Antisemiten Wolfgang Gideon verteidigt hatte. Auf den Posten des stellvertetenden Schatzmeisters rückte schließlich Christian Waldheim aus Schleswig-Holstein nach, der im dortigen Landesverband als Kontrahent der ehamligen Landeschefin Doris Sayn-Wittgenstein galt, die ebenfalls inzwischen aus der AfD ausgeschlossen wurde.

Meuthen hatte zuvor in einer Rede einen Teil der AfD scharf kritisiert und mehr Disziplin gefordert. Die Partei werde nicht gewinnen, wenn sie „immer derber, immer aggressiver, immer enthemmter“ auftrete. Gauland hatte ihm danach in einem Fernsehinterview vorgeworfen, seine Rede sei „spalterisch“.

AfD-Grabenkampf geht weiter

Der Parteitag wird am Morgen unter anderem mit dem Tätigkeitsbericht des Bundesvorstands für 2019 fortgesetzt. Für Meuthen könnte es später noch ungemütlich werden: Ein Antrag des Kreisvorstands Freiburg fordert, der Parteitag solle „das spalterische Gebaren von Bundessprecher Jörg Meuthen und seinen Parteigängern“ missbilligen.

Festgestellt werden soll zudem, „dass der Absturz in der Wählergunst kausal genau damit zusammenhängt“. Das käme dann wohl einem parteischädigenden Verhalten gleich, was ein Grund für ein Parteiausschlussverfahren ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "innerhalb der Partei als gemäßigt gelten". Oder, um Musketier Clapper in Richard Lesters "Wie ich den Krieg gewann" zu zitieren: "Was wir wollen, sind menschlichere Mörder!"

  • Man sieht so langsam welch eine verheerende, weil die AfD zusammenhaltende, Rolle Alexander Gauland lange gespielt hat. Er war nahezu der Einzige, der sowohl die sogenannten Radikalen als auch die sogenanntem Moderaten bedient hat. Jetzt darf man auf eine zunehmende Spaltung der AfD hoffen.

  • Ich hoffe, dass sich die Riege um Meuthen im Machtkampf durchsetzt. Bürgerliche, konservative und rechtsliberale Positionen gehören in den Bundestag. Rechtsradikale nicht. Wobei ich mich noch mehr freuen würde, wenn die AfD bei der nächsten Wahl unter 5% bliebe.

    • @Running Man:

      Thomas DrägeHallo,

      zunächst:



      > " ... wenn die AfD bei der nächsten Wahl unter 5% bliebe ... "



      Dem stimme ich zu - statt sie zu verbieten, wäre sie ein leicht zu beobachtendes Sammelbecken ohne wirklichen politischen Einfluß.

      Aber:



      Ich bin mir im Zweifel, ob Meuthen nicht doch öffentlichkeitswirksam Kreide gegessen hatte und zusammen ( ! ) mit Gauland nicht eher 'good-cop-bad-cop' spielt.



      Die Folge wäre, daß ein Teil ihrer Gefolgschaft glaubt, eine 'gezähmte' AFD wählen zu können – die es aber in Wirklichkeit nicht geben wird.

      > " ... Bürgerliche, konservative und rechtsliberale Positionen ... " sind insofern unscharf, weil man in Deutschland beim 'Bürger' nicht unterscheidet zwischen indolenter Bourgeoisie und verantwortungsbewußten Citoyens. Erstere fallen auf eine von Meuthen 'gezähmte' AFD herein, letztere schauen hinter die Masken, ganz gleich, welche Kosmetik mit Flügeln inszeniert wird.

      Netter Gruß,



      Thomas Dräger, D-67098