Äußerungsverbot für Palästinenserin: Was Rasmea Odeh noch sagen wollte
Video statt Live: Trotz Politik-Verbot sprach die verurteilte Terroristin Rasmea Odeh zu ihren Anhängern.
Vor dem Café Be’kech in Wedding parken mehrere Mannschaftswagen der Polizei. Um den Eingang drängen sich junge Menschen mit Palästinenserschals, einer hat eine palästinensische Flagge um die Schultern geschlungen. Sie begrüßen und umarmen sich. Aber die Stimmung ist angespannt. Eine junge Frau bittet am Telefon darum, nun bloß nichts mehr „in die WhatsApp-Gruppe zu schreiben“. Vielleicht hat sie Angst davor, dass Gespräche von der Polizei aufgezeichnet werden könnten.
Es ist Mittwochabend, 19 Uhr. Gleich soll Rasmea Odeh vor ihren Anhängern sprechen, die eigentlich ein Auftrittsverbot hat. Nachdem unklar war, ob sich die 72-jährige Palästinenserin noch in Deutschland befindet, hatte die Gruppe Samidoun Palestinian Prisoner Network die Veranstaltung auf Facebook angekündigt. Weitere Initiativen, unter anderem die antiisraelische BDS-Bewegung und Berlin Against Pinkwashing unterstützten den Auftritt.
Ursprünglich sollte Odeh am 15. März auf einer Veranstaltung über die Rechte palästinensischer Frauen sprechen, auf Druck entzog die Ausländerbehörde ihr jedoch das Visum und verbot ihr, sich politisch zu äußern. „Wir sehen es mit Sorge, wenn in unserer Stadt das hohe Gut der Meinungs- und Versammlungsfreiheit missbraucht wird, um antiisraelische und antisemitische Propaganda zu verbreiten“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) dazu. Odeh wurde wegen eines Terroranschlags in Jerusalem 1969, bei dem zwei Menschen starben und neun verletzt wurden, von einem israelischen Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt. 1979 kam sie im Zuge eines Gefangenenaustauschs wieder frei. Später gab Odeh an, dass ihr Geständnis unter Folter erzwungen worden sei.
Als klar wird, das Rasmea Odeh nicht persönlich im Be’kech erscheint, ziehen die Polizeiwagen wieder ab. Im Café drängen sich die Menschen nun dicht aneinander. Ein Organisator macht deutlich, dass weder Bild- noch Tonaufnahmen gewünscht seien – sollten Besucher Journalisten dabei erwischen, sollen sie das sofort melden.
„Ehre und Unsterblichkeit“ für Märtyrer
Dann ist es so weit: Rasmea Odeh spricht. Per Videobotschaft erscheint sie auf einer Leinwand vorn auf der Bühne. Sie beklagt palästinensische Gefangene, zivile Opfer und die vermeintliche Besatzung durch Israel. Der unfreundliche Empfang in Berlin sei rassistischen Kräften geschuldet, die Menschenrechte nicht anerkennen würden. Zusammen, so der Aufruf, könnten sie gegen die „Hegemonie der Gewalt“ stehen. Sie beendet ihre Rede damit, allen Märtyern „Ehre und Unsterblichkeit“ zu wünschen. Schallender Applaus und Pfeifen. Darauf folgen Rufe wie „From the river to the sea, Palestine will be free“, eine Parole, die auch die Hamas nutzt, um ihren Anspruch auf Israel – das Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer – zu erklären.
Vor der taz möchte an diesem Abend zwar niemand Israel das Existenzrecht absprechen. Ein klares Bekenntnis dazu gibt es aber auch nicht.
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