Abwahl von AfD-Politiker im Ausschuss: Im Namen der Würde

Der Rechtsausschuss hat Stephan Brandner abgewählt. Das war überfällig. Als Vorsitzender müsste er für die Werte des Ausschusses stehen – tut er aber nicht.

Stephan Brandner steht zwischen Menschen im Bundestag.

Brandner hat mehrmals deutlich gemacht, dass er nicht für die Werte des Rechtsausschusses steht Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Es ist ein Einschnitt. Und er ist richtig. Oder genauer: Er ist überfällig: Der Rechtsausschuss des Bundestags hat in seiner Sitzung am Mittwochmorgen seinen Vorsitzenden abgesetzt, den AfD-Politiker Stephan Brandner.

Der Rechtsausschuss im Bundestag ist ein besonderer Ausschuss. Er ist für den Kern des Rechtsstaats zuständig, für das Strafrecht, das Bürgerliche Recht und die zentralen Prozessgesetze. Diesem Ausschuss muss jemand vorsitzen, der für den Geist des Grundgesetzes steht. Und der die Würde des Bundestages schützt. Nicht nur in den Ausschusssitzungen, sondern überall. Dieser Abgeordnete ist Stephan Brandner nicht.

Schon bei seiner Wahl hatte es Zweifel gegeben. Brandner, der aus der extrem rechten Thüringer AfD um Björn Höcke kommt, war bereits im Erfurter Landtag durch Zwischenrufe und Pöbeleien aufgefallen, im Bundestagswahlkampf hatte er noch draufgesattelt. Er unterstellte dem damaligen Innenminister Thomas de Maiziere, dieser gehe wohl von der „berühmten syrischen Kleinfamilie von Vater, Mutter und zwei Ziegen“ aus, bezeichnete den damaligen Justizminister Heiko Maas als „Ergebnis politischer Inzucht im Saarland“ und forderte, die Kanzlerin müsse man „einknasten“. Als deren Neuwahl im Bundestag anstand, postete Brandner einen Stimmzettel neben dem Klo. Viel deutlicher kann man Verachtung kaum ausdrücken.

Dennoch wählte der Ausschuss Brandner zum Vorsitzenden, wenn auch teils mit erheblichen Bauchschmerzen – und zahlreichen Neinstimmen und Enthaltungen. Der AfD stehe der Ausschussvorsitz zu, so lautete die Begründung. Die Hoffnung: Brandner würde sich im neuen Amt mäßigen.

Zwischen ihn und Höcke passe „kein Blatt Papier“

Dass dies nicht der Fall ist, hat Brandner seitdem immer wieder gezeigt, zuletzt noch einmal mit seinem #Judaslohn-Tweet über das Bundesverdienstkreuz für Udo Lindenberg. Brandner hat eine gewisse Lust am Provozieren und Pöbeln; fühlt er sich selbst provoziert, kann er sich kaum zurückhalten. Diese Fähigkeit sollte ein Vorsitzender des Rechtsausschusses aber schon haben.

Hinzu kommt: Brandner gehört nach eigenen Angaben zwar selbst nicht zum „Flügel“, ist aber eng verbandelt mit dessen Anführer. Zwischen ihn und Höcke passe kein Blatt Papier, so hat es der Jurist selbst ausgedrückt. Doch Höcke und sein „Flügel“ werden wegen des Verdachts, eine verfassungsfeindliche Bestrebung zu sein, vom Verfassungsschutz beobachtet. Dessen Präsident meint, dass der „Flügel“ immer radikaler werde. Wer Vorsitzender des Rechtsausschusses sein will, darf sich mit einer solchen Strömung nicht gemeinmachen.

Nach der Abwahl wird die AfD sich mal wieder als Opfer gerieren. Das lässt sich kaum vermeiden und war richtigerweise kein Hindernis für die Abwahl Brandners. Der hatte zwei Jahre lang die Chance zu zeigen, dass er des Amtes würdig ist. Diese Chance hat Brandner vertan.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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