Abstimmung über Afghanistan-Einsatz: Linke will mit Jein stimmen
Im Bundestag steht die Entscheidung über den Evakuierungseinsatz in Afghanistan an. Die Linken-Spitze empfiehlt der Fraktion, sich zu enthalten.
Die Linkspartei kritisiert, dass die Bundesregierung die Evakuierung katastrophal umsetze. „Deshalb halten wir eine Enthaltung für einen gangbaren Weg“, sagte Wissler auf der wöchentlichen Pressekonferenz in der Berliner Parteizentrale. Die Kritik der Linken richtet sich vor allem dagegen, dass das militärische Mandat zu weit gefasst sei, der Kreis der Personen, die für die Flüge in Frage kommen, aber zu eng.
Daher empfiehlt die Parteiführung keine Zustimmung zu den bereits laufenden Evakuierungsflügen der Bundeswehr. Für die Linksfraktion wäre es dennoch ein Novum, wenn sie sich geschlossen enthielte. Haben die Linken im Bundestag doch bisher gegen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr gestimmt und waren von Anfang an gegen den Einsatz des Militärs in Afghanistan.
Der Parteivorstand, der sich am Sonntag zu einer Sondersitzung per Video traf, hatte sich drei Stunden Zeit genommen, die heikle Frage zu diskutieren. Teilnehmer:innen sagten der taz, man habe lange und gründlich abgewogen, um Formulierungen gerungen – und das ohne „Gepöbel“.
Alle oder keiner
In dem Beschluss, der am Ende mit 22 Ja-Stimmen bei 5 Gegenstimmen gefasst wurde, heißt es nun: „Eine Zustimmung käme nur unter der Bedingung in Betracht, dass alle Ortskräfte und alle Menschenrechtsaktivist:innen gleichberechtigt mitgerettet werden.“ Des Weiteren stellt die Linkspartei fünf weitere Bedingungen auf, darunter ein Aufnahmeprogramm für alle Afghan:innen, die von den Taliban verfolgt werden.
In dem Antrag der Bundesregierung heißt es, Ziel des Einsatzes sei die „militärische Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Afghanistan“. Außerdem solle „im Rahmen verfügbarer Kapazitäten“ sich die Evakuierung auch „auf Personal der internationalen Gemeinschaft sowie weitere designierte Personen, inklusive besonders schutzbedürftige Repräsentantinnen und Repräsentanten der afghanischen Zivilgesellschaft, erstrecken“.
Doch obwohl der Vorstand der Linkspartei die Bedenken nach vorn gestellt hat, ist noch offen, ob die Fraktion der Empfehlung am Mittwoch folgt, sich zu enthalten. Die 69 Abgeordneten treffen sich am Dienstagnachmittag zur Fraktionssitzung. „Ich persönlich würde das Bundeswehrmandat der Regierung ablehnen“, sagte Friedenspolitiker Tobias Pflüger der taz. Er werbe aber dafür, dass die Fraktion geschlossen abstimme – und könne daher auch den Kompromiss mittragen, der „Enthaltung“ heißt.
Pflüger kritisiert scharf, dass es sich um einen weiteren „Kampfeinsatz“ der Bundeswehr handelte. Das habe Annegret Kramp-Karrenbauer im Verteidigungsausschuss vergangene Woche deutlich gemacht. Pflüger moniert auch, dass Angehörige des Kommando Spezialkräfte (KSK) unter den bis zu 600 Soldat:innen sind. Es bestehe, die Gefahr, dass wieder aktiv gekämpft werde.
Evakuierung ohne Gewalt
Eine Befürchtung, die auch von anderen Linkenpolitiker:innen geteilt wird. Der Linken-Abrüstungsexperte Jan van Aken hatte im Interview mit der taz gesagt, er wäre dagegen, „dass die Bundeswehr sich, um Leute zu retten, den Weg durch Kabul freischießt. Dann wären wir zurück im Krieg.“
In der Tat handelt es sich bei dem Antrag der Bundesregierung, der am Mittwoch zur Abstimmung steht, um ein sogenanntes robustes Mandat, welches den Einsatz militärischer Gewalt umfasst, „insbesondere zum Schutz der zu evakuierenden Personen, sowie im Rahmen der Nothilfe.“
Linken-Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch kündigte an: „Wir werden am Mittwoch sehr deutlich machen, was unsere Kritik ist.“ Die Fraktion hat außerdem einen eigenen Antrag auf die Tagesordnung gesetzt, unter der Überschrift „Evakuierung jetzt – Nato-Interventionspolitik in Afghanistan stoppen.“ Dieser liegt allerdings noch nicht vor.
In einem Punkt scheint die Skepsis der Linken gut begründet: Das Bundeswehrmandat soll bis zum 30. September gelten. Die Taliban haben allerdings mit Konsequenzen gedroht, sollten die USA und ihre Verbündeten das Land nicht bis zum 31. August verlassen haben.
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