Abschiebung nach Albanien: Schutzlos ausgeliefert
Am Donnerstagmorgen wurde die Albanerin Fllanxa Murra abgeschoben. Das Vorgehen der Behörden und der Polizei wird scharf kritisiert.
Überdies seien ihr nach eigenen Angaben Handschellen angelegt und der Mund zugehalten worden. Später hätte sie am Flughafen zwei Stunden auf dem Boden liegen müssen und habe mehrere Hämatome davongetragen. Das Queer Refugees Network beruft sich dabei auf Aussagen, die Murra via einen Messengerdienst und später per Anruf getätigt habe. Sie habe zudem Bilder von den Hämatomen geschickt. Es bestehe bei allen UnterstützerInnen nicht nur Unverständnis, sondern „absolute Fassungslosigkeit“.
Als die zuständige Richterin, die die Abschiebung vielleicht noch hätte stoppen können, von der Anfrage erfuhr, war es bereits zu spät: Das Flugzeug war schon gestartet.
Wie die taz bereits berichtete, hatte Murra erfolglos einen Asylantrag gestellt und bis zum 28. November Zeit gehabt, freiwillig auszureisen. Das wollte die junge lesbischen Romni unter allen Umständen verhindern, da sie in Albanien unter anderem Misshandlung durch die eigenen Eltern, gesundheitliche Probleme und Homophobie befürchtet. Wenn sie zurück müsse, würde sie sich umbringen, sagte Murra.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aber hatte ihren Antrag auf Asyl als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Murra, ihre UnterstützerInnen und ihr Anwalt Franz Schinkel kämpften weiter.
Murra galt als nicht reisefähig
Wie das Queer Refugees Network Leipzig mitteilte, lagen den Behörden mehrere Stellungnahmen vor, die Murra als nicht reisefähig und als dringend behandlungbedürftig einstuften. Auch ein Antrag auf Duldung aus humanitären Gründen war noch nicht beschieden. Laut Anwalt Schinkel hatte dieser zwar keine aufschiebende Wirkung. Aber das Verwaltungsgericht Leipzig teilte dem BAMF am 04.12.18 mit, „dass davon ausgegangen wird, dass bis über die Entscheidung über den Eilantrag von Vollzugmaßnahmen abgesehen wird.“
„Doch dann ist das passiert, womit wir alle nicht gerechnet haben“, sagte Sozialarbeiter Andreas Irmscher von der Diakonie Delitzsch/Eilenburg, der Murra betreute.
Zu den genauen Gründen für die Abschiebung machte das BAMF keine Angaben und verwies auf Datenschutz. Holm Felber, Sprecher der für die Durchführung zuständige sächsischen Ausländerbehörde, erklärte, dass es üblich und sogar gesetzlich vorgesehen sei, Abschiebungen frühmorgens und ohne Ankündigung abzuwickeln. „Das war nichts Ungewöhnliches“, sagte er. „Es war auch ein Arzt am Flughafen, der bei allen Abgeschobenen die Reisefähigkeit festgestellt hat.“ Ob dies auch für die Fahrt von der Wohnung zum Flughafen gelte, könne er nicht sagen. Auch die Polizei verwies darauf, dass man frühestens nächste Woche nachforschen könne.
Als Murras Anwalt Franz Schinkel von den berichteten Details der Abschiebung hörte, kommentierte er: „Da läuft es einem kalt den Rücken herunter. Aber wir wissen einfach noch zu wenig.“ Es sei sein erster Fall, bei dem die Abschiebung im juristischen Sinne möglicherweise nicht rechtmäßig abgelaufen sei – er wolle die Sache jetzt prüfen.
Indes befindet sich Murra in einer geschlossenen Psychiatrie in Tirana. Sabrina Latz vom Queer Refugees Network Leipzig berichtete am Freitag, dass die Albanerin unter Schock steht, zurück nach Leipzig möchte und ihre UnterstützerInnen um Hilfe gebeten hat. Ihre Stimme sei heiser gewesen, man habe sie kaum verstanden. Sie habe auch wieder davon gesprochen, sich umbringen zu wollen.
Update 10.12., 15 Uhr: Dieser Text wurde an mehreren Stellen leicht überarbeitet.
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