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Abschiebegefängnis in Baden-WürttembergAfghanen protestieren mit Hungerstreik gegen Abschiebung

Mit einem Hungerstreik protestieren sieben Männer in Pforzheim gegen ihre geplante Rückführung nach Afghanistan. Sie fürchten Strafen und Verfolgung durch die Taliban.

Polizisten im Abschiebeflug von 45 abgelehnten Asylbewerbern von Leipzig nach Kabul, Juli 2019 Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Berlin taz | Im Abschiebegefängnis in Pforzheim in Baden-Württemberg sitzen seit Anfang August sieben Männer, die nach Kabul abgeschoben werden sollen. Mit einem Hungerstreik protestieren sie seit der vergangenen Woche dagegen.

Einer der Inhaftierten ist Zahidullah Kharotay. Außer Medikamenten nehme die Gruppe nichts zu sich, sagte er der taz am Telefon. Ärzte würden den Blutdruck der Streikenden täglich kontrollieren, ansonsten gebe es keinen Kontakt mit Vertretern der Behörden. „Bisher ist keiner zu uns gekommen. Wir haben Schmerzen, können kaum noch laufen, aber wir machen weiter,“ sagt er.

Alle sieben lebten zuletzt in Baden-Württemberg. Es handele sich „um schwere Straftäter, die u.a. wegen Gewalt- und Betäubungsmitteldelikten rechtskräftig zu Freiheitstrafen verurteilt wurden“, sagte ein Sprecher des für Abschiebungen zuständigen Landesministeriums für Justiz und Migration in Stuttgart. Was sich eine Person mindestens zuschulden kommen lassen muss, bevor das Bundesland eine Abschiebung in das von den Taliban beherrschte Land in Betracht zieht, wollte der Sprecher nicht sagen. Allerdings gehe es „prioritär (um) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilte“ Personen.

Angesichts der dramatischen Situation vor Ort sind Abschiebungen nach Afghanistan unverantwortlich.

Sadiq Zartila, Flüchtlingsrat Baden-Württemberg

Nach Kharotays Angaben fürchten die Inhaftierten Strafen und Verfolgung durch die Taliban. In seinem Fall etwa habe seine Familie eine Nachricht erhalten, dass er gesucht werde. Zwei seiner Geschwister seien bereits von den Islamisten getötet worden. Kharotay kam im Dezember 2015 nach Deutschland, ein erster Asylantrag sei 2017 wegen Straffälligkeit abgelehnt worden, eine Arbeitserlaubnis habe er nie erhalten.

„Nornalisierung des Taliban-Regimes“

Kharotay sagt, er wurde nach einem Gerichtstermin in Tübingen am 3. Januar festgenommen und nach Pforzheim gebracht. Zuvor habe er in Reutlingen gelebt. Kharotay hat nach eigenen Angaben in den Jahren 2017 und 2021 zwei Haftstrafen wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung verbüßt, sei jedoch wegen guter Führung vorzeitig entlassen worden und habe in Haft eine Therapie gemacht. Am 16. Januar 2024 sei sein Sohn geboren worden, mit dem er weiter Umgang habe. Er wolle bei ihm leben, habe aber kein Geld, um einen Anwalt zu bezahlen, der ihm helfe, dies durchzusetzen.

„Angesichts der dramatischen Situation vor Ort sind Abschiebungen nach Afghanistan unverantwortlich“, sagte Sadiq Zartila vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. Es gebe eine „akute Bedrohung von Leib und Leben“. Selbst, wenn Menschen Straftaten begangen haben, müssten diese im Rahmen des Rechtssystems hier bestraft ­werden, so Zartila. Mit Abschiebungen in das Land leiste Deutschland einen „wesentlichen Beitrag zur Normalisierung des Taliban-Regimes auf internationaler Bühne“. Mit der neuen Abschiebung solle vor der Bundestagswahl „migrationspolitische Härte“ demonstriert werden.

Einen für die sieben Männer in Pforzheim geplanten Abschiebetermin nannte die Landesregierung nicht. Zur operativen Durchführung der Abschiebung sei Baden-Württemberg – wie bei der letzten Abschiebung im Sommer 2024 – „auf die Durchführung der Maßnahme durch den Bund angewiesen“, hieß es.

Im August 2024 hatte Deutschland erstmals seit Machtübernahme der Taliban im August 2021 wieder Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Damals waren 28 Männer, die Straftaten begangen hatten, über den Flughafen Leipzig-Halle abgeschoben wurden. Das Golfemirat Katar hatte die Aktion vermittelt und auch den Flug übernommen. Bis heute ist unklar, welche Gegenleistung die Taliban für die Rücknahme bekommen hatten.

Die CDU will dies nach einer Regierungsübernahme fortsetzen. „Wir sind in der Union ja schon seit längerer Zeit der Auffassung, dass man nach Afghanistan und nach Syrien grundsätzlich abschieben kann und sollte. Das würden wir machen“, sagte Kanzlerkandidat Friedrich Merz Ende Dezember.

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3 Kommentare

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  • Ich vermisse im Artikel, warum und zu welcher Strafe die Afghanen verurteilt wurden. Bei einem werden zwei ältere Haftstrafen erwähnt, aber auch ein Gerichtstermin vor einigen Tagen . Um was ging es da, gab es da möglicherweise eine weitere Haftstrafe? Und was genau die anderen sechs Afghanen angestellt hatten, wird leider auch nicht geschrieben. Etwas mehr Recherche wäre schön gewesen.

  • "leiste Deutschland einen „wesentlichen Beitrag zur Normalisierung des Taliban-Regimes auf internationaler Bühne“."

    Und was soll da sonst so stattfinden in und mit Afghanistan?

    Ohne Unterstützung durch das afghanische Volk hätten die Taliban niemals die Macht erringen können. Und die Macht haben sie nun ganz real. Sie haben eine Regierung gebildet. Ob das dem Westen, Deutschland oder wem auch immer passt oder nicht: Die Taliban sind die afghanische Regierung genau so wie es das saudische Königshaus in Saudi-Arabien ist.

    Wenn man das nicht mag: Bundeswehr in Marsch setzen, die Taliban bekriegen und eine neue genehme Regierung einsetzen. Andernfalls die Realität hinnehmen und mit der Talibanregierung zusammen arbeiten. Auch bei der Rückführung afghanischer Staatsbürger. Es sei denn, sie hätten einen echten Asylgrund und sich ihren Aufenthalt in der BRD nicht wegen krimineller Taten verscherzt. Bei letzterem: Vor Begehen der Straftat überlegen, was man da tut und was man auf's Spiel setzt.

  • Wenn man keine Arbeit hat bekommt man Sozialhilfe. Und wenn das jetzt nicht reicht und man geht in ein Geschäft und klaut etwas zum essen ist das zwar nicht richtig verstehe ich aber. Aber was hat den Körperverletzung und Sachbeschädigung damit zu tun wenn man keine Arbeit hat. Und als Flüchtling hat der Mann wie 5,5 Millionen andere auch, nach 15 Monaten den vollen Sozialhilfesatz erhalten.