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Abholzung und BrändeEtwas weniger Urwald zerstört

Die vernichtete Fläche war 2023 größer als Nordrhein-Westfalen – allerdings ließ der Waldschwund etwas nach. Hoffnung machen vor allem zwei Länder.

Die Zerstörung ist etwas zurückgegangen, aber immer noch groß. Hier Regenwald bei Belem in Brasilien Foto: dpa

Washington dpa | Weltweit sind im vergangenen Jahr einem Bericht zufolge rund 3,7 Millionen Hektar (37.000 Quadratkilometer) tropischer Urwald zerstört worden. Das sind rund 400.000 Hektar weniger als noch 2022, wie das World Resources Institute (WRI) am späten Donnerstag in Washington mitteilte. Dennoch ist die verlorene Waldfläche größer als Nordrhein-Westfalen (35.000 Quadratkilometer). Der Rückgang geht zum Teil auf Brände zurück, hauptsächlich aber auf andere Entwicklungen wie insbesondere Abholzung.

„Die Welt hat zwei Schritte vorwärts und zwei Schritte zurück gemacht, als es um die Waldverluste des letzten Jahres ging“, erklärte Mikaela Weisse von der Umweltorganisation Global Forest Watch laut einer Mitteilung. 3,7 Millionen Hektar im Jahr 2023 – die Zahl ist fast identisch mit dem Waldverlust der Jahre 2019 und 2021. In den letzten zwei Jahrzehnten hat die Welt nach Angaben des WRI jedes Jahr drei bis vier Millionen Hektar Tropenwald verloren.

Umgerechnet seien im vergangenen Jahr pro Minute Baumbestände in der Größe von zehn Fußballfeldern verschwunden. In Brasilien ging der Verlust 2023 zwar deutlich zurück, trotzdem ist es dem Bericht zufolge noch immer das Land mit dem größten Waldschwund. Kolumbien habe seinen Waldverlust im Vergleich zum Vorjahr fast halbiert, hieß es.

„Starke Rückgänge im brasilianischen Amazonasgebiet und in Kolumbien zeigen, dass Fortschritte möglich sind“, sagte Weisse. „Aber der zunehmende Waldverlust in anderen Gebieten hat diese Fortschritte wieder weitgehend zunichte gemacht.“ Besonders stark schwanden Wälder demnach in der Demokratischen Republik Kongo, in Bolivien und in Indonesien.

Großer Waldverlust in Kanada

Mit Blick auf die weltweite Entwicklung – also auch jenseits der Tropen – taucht überraschenderweise Kanada prominent auf. Dort war der Waldverlust dreimal so hoch wie in anderen aufgezeichneten Jahren. Der Grund: 2023 wurden fünfmal mehr Bäume durch Brände vernichtet als im Vorjahr.

Urwald, also vom Menschen weitgehend unberührter Wald, hat eine große Bedeutung für den Erhalt der Artenvielfalt und für die Speicherung von Kohlendioxid. Mithilfe der Plattform Global Forest Watch beobachten zahlreiche Umweltorganisationen unter Leitung des WRI seit 2014 unter anderem mit Satellitentechnik Veränderungen von Waldgebieten weltweit. Das WRI erstellte den darauf basierenden Report jährlich gemeinsam mit Forschenden der US-amerikanischen Universität von Maryland.

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4 Kommentare

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  • Abholzung in Deutschland wg. z.B. dem Ausbau von Highways? Ach nee, das ist ja nicht weit genug weg bzw. ja auch gar kein tropical rainforest... (aber Kanada wurde dann doch noch erwähnt).

  • "...große Bedeutung... für die Speicherung von Kohlendioxid."



    Wobei gerne die Begriffe "Speicher" und "Senke" durcheinander geworfen werden. Urwälder sind Speicher, aber keine Senke. Nur wachsende und bewirtschaftete Wälder sind Senken.

    • @sollndas:

      Ah, ok, danke!

      Muss wan sich tatsächlich erstmal klar machen...

  • Bestenfalls eine Atempause.

    Denn nimmt wan diesen Taz-Artikel is.gd/076hXu gestern hinzu, wird klar, dass die Energiewende als industrielles Großprojekt - wie sie Habeck und sein Staatssekretär Graichen konzipiert haben, SUVs in "Teslageschwindigkeit" (Grünheide vertrocknet, während das Ruhrgebiet absäuft, wenn nicht ewig gepumpt wird), Gemüseanbau unter Solarpanelen, Co²-Verpressung unter dem Meeresgrund - verheerende Folgen haben wird, wenn sie sich (Vorbildfunktion!) so im globalen Maßstab durchsetzt.

    》Die steigende Nachfrage nach wichtigen Mineralien wie Kupfer, Lithium, Kobalt und Seltenen Erden, die für den großangelegten Umstieg auf saubere Energien benötigt würden, [...] führe unter anderem zur Abholzung von tropischem Regenwald. Hinzu kämen weitere direkte und indirekte Auswirkungen, wie der Bau von Straßen, die Ansiedlung von Menschen in bislang nicht bewohnten Gebieten, Jagd und die mögliche Übertragung von Krankheiten《

    Habeck hätte sich Ulrike Herrmann ins Ministerium holen sollen, ihre Vorschläge

    is.gd/34E85Q

    sind die grundsätzlich tragfähigsten, die sich weit und breit erkennen lassen.

    Ergänzt durch Kritik und Vorschläge wie den des Physikers und Klimawissenschaftlers am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Anders Levermann is.gd/ohxlAA

    》Der [...] Ruf nach Verzicht und Rückbesinnung [...] löst das Dilemma [alleine, ließe sich ergänzen] nicht auf. Das mathematische Prinzip der Faltung könnte diese Lösung liefern, denn es erlaubt unendliche Bewegung in einer endlichen Welt durch Wachstum in die Vielfalt. Nicht Wachstum ins Mehr, sondern Wachstum in die Diversität. Und zwar nicht theoretisch, sondern sehr praktisch《 (gesellschaftlich wiese so z.B. die LBGQT+ Bewegung gute Wege (wenn es nicht gerade um neue Dominanzen geht)

    Statt dessen erleben wir eine Goldgräberstimmung durch neue Technologien, neoliberale Ausbeutung noch der letzten unberührten Urwälder.

    Der Schaden wird unermesslich sein.