piwik no script img

Abgesagte Studie zu „Racial Profiling“Gift für die Gesellschaft

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Horst Seehofer hat sich mit dem Veto gegen die Studie keinen Gefallen getan. Es ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die von Rassismus betroffen sind.

Racial Profiling kriminalisiert ganze Bevölkerungsgruppen Foto: Sebastian Kramer/dpa

E s ist schlichtweg ignorant, dass sich Bundesinnenminister Horst Seehofer gegen eine von der Bundesregierung geplante Studie zum „Racial Profiling“ bei der Polizei ausgesprochen hat. Und die Begründung des Ministeriums, dass es eine solche Studie nicht brauche, weil „Racial Profiling“ ohnehin verboten ist, ist geradezu rea­litätsfremd.

Zivilgesellschaftliche Organisationen wie etwa die „Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt“ dokumentieren seit Jahren solche Vorfälle. Richtungsweisend wurde im Jahr 2012 ein Fall vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz: Ein Student klagte erfolgreich gegen eine anlasslose Polizeikontrolle – das Gericht entschied, dass Personenkontrollen aufgrund der Hautfarbe nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar seien. Der Polizist hatte zugegeben, ihn wegen seiner Hautfarbe kontrolliert zu haben.

Es ist unbestritten, dass „Racial Profiling“ in der polizeilichen Praxis existiert. Nur das genaue Ausmaß ist unklar, weil die Forschung dazu unzureichend ist. Die Studie, die von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats empfohlen wurde, hätte geholfen, sich sachlicher mit rassistischer Diskriminierung durch Polizeibehörden auseinanderzusetzen und diese Lücke zu füllen.

Seehofer hat sich damit selbst und der Polizei keinen Gefallen getan. Eine solche Studie würde die Polizei keinesfalls unter Generalverdacht stellen. Es geht vielmehr um Gesetze, die es Polizistinnen erlauben, verdachtsunabhängig zu kontrollieren – was wiederum „Racial Profiling“ befördert. Wissenschaftliche Studien auf diese Weise zu unterbinden ist ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen in Deutschland, die von Rassismus betroffen sind.

Als Bundesinnenminister sollte Seehofer die Sicherheit aller Menschen in diesem Land wichtig sein. „Racial Profiling“ ist Gift für diese Gesellschaft. Diese Praxis kriminalisiert ganze Bevölkerungsgruppen und stellt sie unter Generalverdacht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Episode MCXVII: Ein sonderbares Rechtsverständnis der Seehofer offenbart! Gibt es ein Strafgesetz, gibt es auch keine Straftaten. Was wohl eher dem Ego des Innenministers gereicht, der annimmt, was er spreche und denke (ja, genau in der Reihenfolge!) ist auch wahr und damit Gesetz. Das erlassen von Gesetzten folgt aber eher der Erfahrung, dass es einen Tatbestand gibt, der ein Gesetz erforderlich macht! Aber bei Herrn Seehofer klingt es, das der über allem schwebende Geist (die CSU so wie Gott!) Gesetze einfach apriorisch synthetisiert, die dann ihrer unendlichen Weisheit wegen einfach keine Vergehen zulassen.



    Man kann es nicht oft genug rufen: Wer schützt uns vor diesem Innenminister!!! Er hat ja schon bewiesen, dass alles weggebissen werden muss, was die Staatsgewalt in Frage stellt...

  • Ich möchte das unserem Innenminister ja eigentlich nicht unterstellen, aber meine Meinung dazu: wer eine ergebnisoffene Studie ablehnt, hat Angst vor den Ergebnissen...

  • Es gibt einen parteiübergreifenden Unwillen von der CSU bis zur Linkspartei, diese Studien durchzuführen.



    Nach dem Grundgesetz ist die Polizei wie die Ausübung aller staatlichen Befugnisse grundsätzlich Ländersache, vgl. Art. 30 GG.



    Die Bundespolizei macht dabei ein sechstel der Gesamtbediensteten aus.

    Racial Profiling dürfte dabei, auch hinsichtlich der Aufgabenverteilung (Straßendienst) vor allem bei den Polizisten der Länder auftauchen.



    Warum also machen die Länder keine eigene Studie. Warum werden solche Studien nicht von R, RG oder RRG geführten Bundesländern durchgeführt? Warum schreitet da nur Thüringen voran? Warum wird das aber auch dort von Bundesmitteln abhängig gemacht?

  • Schon wieder ne Höchstleistung vom Ankündigungs-Horst... Mit diesem Unsinn ist doch keinem gedient. So eine Studie wird kommen, ob er will oder nicht. Selbst initiiert hätte man wenigstens dafür sorgen können, dass sie wissenschaftlichen Standards genügt.

  • Was es nicht geben darf, darf auch nicht untersucht werden bzw. was nicht untersucht wird, gibt es auch nicht - ist doch nur eine konsequente Haltung eines Ministers für Rassismus und Nationalismus, der sich an seinem 69. Geburtstag über die Abschiebung von 69 Geflüchteten freute.

  • Scheinbar hat da Horstl doch was zu verbergen.