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ARD-Serie „Warum verbrannte Oury Jalloh?Gegen das Vergessen

Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Polizeizelle. Eine neue ARD-Doku zeigt haarsträubende Ungereimtheiten bei Polizei und Justiz.

Oury Jalloh wurde auf so einer Matratze fixiert und verbrannte in seiner Gefängniszelle Foto: WDR

Viel aufwändiger geht es nicht: Sechs Folgen, über drei Stunden lang, ist die „ARD Crime-Time“-Serie „Warum verbrannte Oury Jalloh?“. Sie bietet detaillierte Einblicke in „einen der größten Polizei- und Justizskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte“, wie der Journalist Pagonis Pagonakis sagt.

Anwält:innen, Aktivist:innen, Gutachter, Polizisten, Freunde und die frühere Lebensgefährtin Jallohs kommen zu Wort. Dialoge aus den Akten werden nachgesprochen, Originalbilder gezeigt, deren Beschaffung die Filmemacherinnen Bence Máté und Anna Herbst viele Mühe gekostet haben dürfte.

Die für WDR, SWR, MDR und BR produzierte Doku macht Biografie und Fluchtgeschichte Jallohs aus ­Sierra Leone, seine Lebenssituation im Dessau der frühen nuller Jahre ebenso sichtbar wie einige der kaum fassbaren Versäumnisse von Justiz und Polizei. Sie zeigt auch die zivilgesellschaftlichen Bemühungen um Aufklärung, ihre juristischen Rückschläge und vor allem die Indizien für einen Mord.

Den Fall heute noch mal so prominent in den Blick zu nehmen, wird dazu beitragen, ihn auch weiterhin nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Etwas Neues zum Fall Jalloh gibt es in der Serie allerdings nicht. Vielleicht auch deswegen nicht, weil Jallohs Familie in der Doku-Serie nicht spricht.

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Eine ihrer Stärken ist, dass sie viele der haarsträubenden Ungereimtheiten in dem Fall nachzeichnet. Davon gibt es allerdings so viele, dass nicht einmal drei Stunden dafür reichen. Immerhin aber wird in Erinnerung gerufen, dass die Videoaufzeichnungen aus der ausgebrannten Zelle einfach gelöscht wurden, dass zunächst kein Feuerzeug bei der Durchsuchung gefunden wurde.

Private Initiative ermöglichte vollständige Untersuchung

Erwähnt wird auch, dass die vollständige Untersuchung der Leiche nur durch eine private Initiative zustande gekommen ist. Zu Wort kommt der Pathologe, der dabei einen Nasenbeinbruch festgestellt hat – eines der wichtigsten Indizien dafür, dass Jalloh auf dem Revier misshandelt wurde.

Ausführlich zu Wort kommt ­Gerold Kauert, ein forensischer Toxikologe, der untersucht hat, wie viel vom Stresshormon Adrenalin in Jallohs Urin war. Hätte Jalloh sich wie behauptet bei lebendigem Leibe selbst verbrannt, dann hätte der Adrenalinwert hoch sein müssen. Doch der Wert lag „im Normalbereich“, so Kauert: „Insofern hat eine Todesstressituation nicht vorgelegen.“ Und so glaube er, dass „er sich nicht angezündet hat, sondern schon fast tot war und dann eine dritte Hand im Spiel war“.

Jerzy Montag, ein grüner Jurist, der als „Sonderberater“ vom Landtag in Sachsen-Anhalt eingesetzt wurde, um einen Untersuchungsausschuss in dem Fall abzuwenden, darf in der Doku immer wieder als kritischer Geist auftauchen und Sätze sagen wie: „Weder im Arztbericht noch in den Unterlagen, die die Polizei gefertigt hat, sind Verletzungen von Oury Jalloh vermerkt.“ Wohl wahr. Doch es war Montag, der in seinen Abschlussbericht schrieb, dass es kein nennenswertes Problem in der juristischen Aufarbeitung gegeben habe.

„Dieser Fall hat alle Zutaten, um deutlich zu machen, was passiert, wenn Polizei nicht kontrolliert wird“, sagt die Hamburger Anwältin Gabriele Heinecke, die durchweg die stärksten Auftritte in der Doku hat. Um den 7. Januar, den 20. Todestag des sierra-leonischen Asylbewerbers, wird die Doku in der ARD ausgestrahlt, davor ist sie schon in der Mediathek zu sehen.

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5 Kommentare

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  • Der Jurist, Herr Montag, war von der Landesregierung eingesetzt worden einen Untersuchungsausschuss zu verhindern?



    Also das Ergebnis seiner Funktion als "Sonderberater" (was auch immer das bedeutet, und unter welcher Legitimation dafür sogar mit Staatsgeldern bezahlt wurde) wurde bereits in der Beauftragung als Ziel vertraglich fixiert!?!



    Die vertragliche Bezeichnung "Sonderberater" trifft doch daher gar nicht seiner Aufgabe/Funktion, diese liegt doch eher in der Vertuschung von Staatsversagen. Inwieweit dieser dann auch noch mit Steuergeldern bezahlt werden darf, ist zudem zu hinterfragen.



    Eine derartige Beauftragung ist seitens des Staatsapparates zumindest absolut unüblich und lässt zudem sowohl an der persönlichen Integrität des Herrn Montag, und v.a. der auftraggebenden Landesregierung, also der führenden Parteien der Landesregierung, massiv zweifeln!

    Was für ein Schmierentheater!

    Und dass Herr Montag nun, nachdem das alles v.a. durch die Zivilgesellschaft doch näher aufgeklärt wird, versucht seine "Hände rein zu waschen" oder von seiner Rolle in dem ganzen Justizskandal mit Staatsversagen abzulenken ist nachvollziehbar, um seinen Ruf aufzubessern, aber insgesamt unethisch!

  • Wer mehr und genau wissen will, wie die Ermittlung der Täter verhindert wurde, kann das im gerade erschienen Buch von Margot Overath lesen: "Verbrannt in der Polizeizelle. Die verhinderte Aufklärung von Oury Jallohs Tod im Dessauer Polizeirevier". Metropol-Verlag. Nicht nur eine spannende Lektüre! Eine umfangreiche Recherche, akribisch mit Quellenangaben dokumentiert.

  • Polizeiskandal: sehr sicher. Justizskandal? Da bin ich eher der Meinung von Herrn Montag (der eher unverdächtigt sein sollte rechter Gesinnung zu sein).

    Ein Strafverfahren richtet sich darauf, einen konkreten Täter zu ermitteln um ihn anklagen zu können. Hier sind verschiedene Versuche gemacht worden - aber man weiß eben nicht, wer der Täter ist, selbst wenn auf der Wache sehr schlimmer Misshandlungen sehr wahrscheinlich stattgefunden haben. Nur ist das Problem eben, dass es keinerlei konkreten Hinweis gibt, von wem - wer also der Täter ist oder die Täter waren.







    Welchen Vorwurf will man der Justiz also machen? Dass man nicht einfach irgendwen oder alle angeklagt hat, die dann freigesprochen worden wären?







    Der Vergleich ist vielleicht hart (für die betreffenden Beamten) aber es ist nicht viel anders als bei Clan-Kriminalität: wenn alle schweigen, kann man eine relativ offensichtliche Tat nicht aufklären.

    • @Dr. McSchreck:

      Aussage des "unverdächtigen" Herrn Montag zu seinem "Auftrag":



      »Die Feststellungen der Gerichte, wonach Oury Jallow [sic!] durch ein von ihm selbst entfachtes Feuer gestorben ist und eine Tötung durch Dritte ausscheide, müssen – im Sinne einer objektiven Wahrheit – richtig sein. Für diesen Bericht jedenfalls sind es – als prozessual ermittelte Wahrheit – rechtskräftig feststehende Tatsachen, welche in Frage zu stellen vom an die Berater ergangenen Auftrag nicht gedeckt sind.«



      Ein Strafverfahren sollte vor allem objektive Beweise würdigen und erheben! Wenn ein nachträglich aufgetauchtes Feuerzeug keine Spuren vom Tatort trägt - nicht einmal vom Brandschutt aus der angeblichen Tüte! -, Gutachteraussagen selektiv gelesen und faktisch manipulierte Bewegungsversuche auf zu kleinen Matratzen als "Beweis" gewertet werden, während Brandversuche gar nicht erst durchgeführt werden, beruht die "richterliche Überzeugung", dass jemand ohne Zündmittel eine zeugenschaftlich unversehrte feuerfeste Matratze derart angezündet haben soll, dass sich binnen Minuten ein unmögliches Inferno entwickelt haben soll, halt auf objektiv unhaltbaren Hypothesen der Staatsraison - niemand fordert das vom Gericht

  • kein vergeben, kein vergessen: oury jalloh – von deutschen polizisten ermordet.