2,35-Millionen-Euro-Zuwendung: Neue Spendenaffäre bei der AfD
Verdacht auf illegale Parteienfinanzierung: Das Geld für eine AfD-Plakatkampagne kam wohl vom Immobilienmilliardär Henning Conle – verdeckt mal wieder.
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Der Spiegel und der österreichische Standard berichteten am Dienstagabend über den Verdacht, dass der bei der Bundestagsverwaltung angegebene Spender Gerhard Dingler nur ein Strohmann sein könnte. Der ehemalige FPÖ-Landespolitiker aus Vorarlberg soll demnach laut österreichischen Sicherheitsbehörden vor seiner Spende eine Schenkung in Höhe von 2,6 Millionen Euro von Conle erhalten haben. Der Deal soll über die Raiffeisenbank Montfort gelaufen und vertraglich festgehalten worden sein. Die Bank habe erklärt, dass Dingler angegeben habe, es sei um ein Immobilienprojekt gegangen.
Mit besagten 2,35 Millionen Euro sei dann aber der Großteil des Geldes in eine auf Plakatwerbung spezialisierte Firma in Köln geflossen, die ASS Werbe GmbH. Und die erstellte daraufhin 6.000 Plakate mit Wahlwerbung für die AfD, die bundesweit aufgehängt wurden.
Inhaltlich ist die Kampagne unterste Populistenschublade [Passt doch zur AfD; d. säzzer]. Mit unterkomplexen Wutbürger-Sprüchen werden CDU/CSU und Rot-Grün mit Vorwürfen überhäuft: „Arbeitsplätze vernichten“, „Asylbetrug“, „Teuerung und Stromkosten“. Darunter sind die Plakate in gelber Warnfarbe jeweils mit „Deshalb AFD! Die bürgerliche Alternative“ unterschrieben.
Nicht mal der Name ist richtig
So ganz zufrieden war man innerhalb der AfD mit der optisch eher schlichten Kampagne vor allem deshalb nicht, weil sie sich stilistisch deutlich von der eigenen Parteiwerbung abhebt. Trotzdem stimmte der Bundesvorstand um Alice Weidel dafür, die Sachspende anzunehmen, obwohl sogar der Parteiname auf den Plakaten nur in Versalien und somit falsch geschrieben ist.
In Österreich gibt es wegen des Vorgangs nun Ermittlungen wegen mutmaßlicher Geldwäsche und verdeckter Parteienfinanzierung. Das österreichische Bundeskriminalamt sowie die dortige Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst seien involviert, heißt es in den Medienberichten.
Auf Anfrage der taz, inwiefern es Ermittlungen gegen Dingler und die AfD gebe, bestätigte der in Feldkirch zuständige Staatsanwalt Heinz Rusch, dass dort eine Anzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche eingegangen sei. Der Sachverhalt werde derzeit geprüft. Konkrete Namen wollte der Staatsanwalt allerdings nicht bestätigen. Gut möglich, dass die Anzeige von der Bank kam. taz-Anfragen an das deutsche Bundeskriminalamt, das Innenministerium und die für Parteispenden zuständige Bundestagsverwaltung blieben bislang unbeantwortet.
Die AfD bestreitet unterdessen, gewusst zu haben, dass die Spende nicht von Dingler stammen soll. „Der Spender hat im Vorfeld auf Nachfrage der Bundespartei mitgeteilt, dass die Spende aus seinem eigenen Vermögen stammt und insbesondere nicht im Auftrag von Dritten erfolgte“, teilte ein Sprecher Weidels mit. Bundesschatzmeister Carsten Hütter gab sich kooperativ und versprach „eventuell ermittelnden Behörden vollste Transparenz und Mitarbeit“.
Der nächste AfD-Spendenskandal mit Conle?
Verdeckte Spenden, sogenannte Strohmannspenden, sind laut Parteiengesetz verboten. Sollte sich der Verdacht erhärten, drohten der AfD Strafzahlungen in dreifacher Höhe der unzulässigen Spende, also rund 7 Millionen Euro.
Normalerweise darf eine Spende nicht angenommen werden, wenn ein Verdacht auf Unrechtmäßigkeit besteht. Entscheidend ist dabei, ob die AfD zum Zeitpunkt der Annahme Kenntnis von den Unregelmäßigkeiten hatte oder nicht.
Im Zusammenhang mit einer verdeckten Spende von Henning Conle hatte die AfD schon einmal hohe Strafzahlungen zahlen müssen – damals waren es allerdings „nur“ rund 400.000 Euro. Dabei ging es um 132.000 Euro, die 2017 im Bundestagswahlkampf mit dem Betreff „Wahlkampfspende Alice Weidel Socialmedia“ auf dem Konto ihres AfD-Kreisverbandes Bodenseekreis gelandet waren. Das Geld war über Strohleute geflossen, den tatsächlichen Geldgeber Conle ermittelten erst das LKA Baden-Württemberg und die Staatsanwaltschaft Konstanz.
Die Parteienrechtlerin Sophie Schönberger sagte der taz, die AfD dürfe das Geld diesmal wohl behalten, wenn sie denn tatsächlich nicht erkennen konnte, dass die Spende von jemand anderem kommt. Denn nachträgliche Rückzahlungen sind in diesem Fall nicht vorgesehen. Im Rechenschaftsbericht müsste die AfD dann aber den richtigen Spender angeben. „Wenn sie die Sachspende ‚zurückgeben‘ wollen würde, um ganz sicherzugehen, müsste sie den entsprechenden Geldwert an die Bundestagsverwaltung zahlen“, so Schönberger.
Conle hat einen Ruf als „Mieterschreck“
Lobbycontrol forderte Aufklärung und eine stärkere und unabhängige Aufsicht mit eigenen Ermittlungskompetenzen. Ebenso forderte die NGO erneut einen Parteispendendeckel, der solche „fragwürdigen Finanzierungskonstruktionen erheblich erschweren“ würde.
Empfohlener externer Inhalt
Der Immobilienspekulant Conle selbst gilt wie viele Superreiche als schwer zu fassendes Phantom. Er stammt aus einer Duisburger Familie, die mit öffentlich gefördertem sozialem Wohnungsbau zu Reichtum gekommen ist und schon häufiger unter Korruptionsverdacht stand. Henning Conle selbst hat sich vor allem als Miethai und Immobilienspekulant einen Namen gemacht. Heute soll er in Zürich und London Wohnsitze haben sowie eine Holding im Steuerparadies Liechtenstein – das übrigens direkt an das österreichische Bundesland Vorarlberg grenzt, wo der FPÖler Dinger herkommt. Beide haben auf Medienanfragen bislang nicht geantwortet.
Auch im Zusammenhang mit einer anderen Großspende von knapp 1 Million Euro an die AfD von Anfang 2025 besteht der Verdacht einer Strohmannspende. Diesen prüft derzeit die Staatsanwaltschaft Mühlhausen.
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