100 Tage rot-grün-rote Bildungspolitik: Plötzlich Krisenmanagerin

Tausende geflüchtete Kinder brauchen Schulplätze, Corona bleibt Thema: Bildungssenatorin Busse (SPD) müht sich in de Krise – und wirkt oft planlos.

Astrid-Sabine Busse (SPD), Bildungssenatorin in Berlin

Astrid-Sabine Busse besucht das Ankunftszelt für ukrainische Kriegsflüchtlinge am Hauptbahnhof Foto: picture alliance/dpa | Paul Zinken

Die neue Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) hatte wahrlich keinen leichten Start. Auf dem Höhepunkt der Omikron-Welle musste sie sich zunächst um das pandemische Tagesgeschäft kümmern: eine Kraftprobe mit den Amtsärzten um Sinn und Unsinn der Kontaktnachverfolgung (die Busse verlor), Diskussionen um Personalengpässe in den Schulen mit der Gewerkschaft (die man nur verlieren kann), und Kitas, die sich als „Versuchslabore“ fühlten. Busse erlebte im Zeitraffer, was ihre Vorgängerin Sandra Scheeres (SPD) im taz-Interview zum Ende ihrer Amtszeit so erkannte: „Ich kann es keinem recht machen.“

Dann Ende Februar der Krieg. Wieder ist Busse direkt am Krisenmanagement beteiligt: Wie organisiert man Schul- und Kitaplätze und das nötige Personal für Kinder aus der Ukraine, deren Zahl noch nicht absehbar ist? Ob Busse als Krisenmanagerin hier eine bessere Figur macht als in der Pandemiefrage, werden erst die nächsten 100 und mehr Tage entscheiden. Im Moment ist da ihre Ansage von 3.000 aktuell freien Plätzen in Willkommensklassen und bis zu 4.000 zusätzlichen Kitaplätzen, die man bis August 2023 zur Verfügung stellen wolle.

100 Tage im Amt – für Busse 100 Tage Krisenbewältigung, und kein Ende in Sicht. Doch wenn man die Regierende Franziska Giffey (SPD) richtig verstanden hat, soll Busse genau das sein: Krisenmanagerin. Sie soll den Laden am Laufen halten, und ansonsten möglichst wenig tun. „Keine großen Reformen in den nächsten Jahren“, hatte die Chefin als Credo bei der Vorstellung des Koalitionsvertrag zu Bildung im November ausgegeben. Giffey hat andere Baustellen in dieser Legislatur, zuvorderst die Mietenpolitik, da kann sie eine allzu forsche Bildungssenatorin nicht gebrauchen.

Zwei Checks konnte Busse gleichwohl setzen für ihren Bereich im 100-Tage-Programm von Rot-Grün-Rot: 50 neue „Sprachkitas“ konnte Busse verkünden – also Kitas, die eine Art Bonusbudget für Sprachförderung bekommen. Und der Senat hat, wie angekündigt, die schrittweise Lehrerverbeamtung beschlossen.

Die Sprachkitas sind Bundesmittel, das Programm ist – sollte es denn tatsächlich über 2022 verlängert werden, wie die Ampelkoalition verspricht – ein Selbstläufer, mit dem man immer punkten kann als Senatorin. Es bewerben sich mehr Kitas, als es Fördermittel gibt, heißt es aus der Bildungsverwaltung.

Bitte nicht weiter stören

Kein Selbstläufer wird die Verbeamtung, da war der Senatsbeschluss noch der einfachste Teil. 7.000 Lehrkräfte, schätzt die Gewerkschaft, wird man nicht verbeamten können, weil sie zu alt sind oder die gesundheitlichen Voraussetzungen nicht erfüllen. Tarifexperten halten einen im rot-grün-roten Koalitionsvertrag versprochenen „Nachteilsausgleich“ für schwierig umzusetzen.

Auch da wird Busse wieder mit Krisenmanagement beschäftigt sein. Aber gut, die großen Reformen (Schulbauoffensive, Quereinsteigerprogramme) hat ohnehin ihre Vorgängerin angestoßen. Die kann sie weiterverwalten – und ansonsten, wenn es nach Giffey geht, nicht weiter stören.

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