+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Über 100 Millionen Euro beschlagnahmt

Deutschland hat im Rahmen der Sanktionen gegen Russland bisher 137,9 Millionen Euro beschlagnahmt. Die UN gehen nicht von einem baldigen Ende des Krieges aus.

Reihen von 50 Euro Scheinen, mit Gummis zusammengehalten

50 Euro-Banknoten Foto: Silas Stein/dpa

Finanzministerium – 137,9 Millionen Euro beschlagnahmt

Deutsche Behörden haben nach Angaben des Finanzministeriums im Rahmen der westlichen Sanktionen gegen Russland bisher Geldvermögen in Höhe von 137,9 Millionen Euro beschlagnahmt. Dies sei der Stand am 29. April gewesen, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. (rtr)

Lindner lehnt gemeinsame Schuldenaufnahme in EU für Ukraine ab

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat Überlegungen der EU-Kommission eine klare Absage erteilt, nach der Corona-Pandemie nun wegen des Krieges in der Ukraine erneut gemeinsam Schulden aufzunehmen. „Die Bundesregierung lehnt unabhängig von der Finanzierung der Ukraine die gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU oder auch in der Währungsunion unverändert ab“, sagte der FDP-Vorsitzende am Mittwoch in Berlin. Auch ein edles Motiv mache das Instrument nicht richtig.

Insidern zufolge prüft die EU-Kommission derzeit eine gemeinsame Schuldenaufnahme der 27 EU-Staaten. Damit könnte der kurzfristige Finanzierungsbedarf der Ukraine gedeckt werden, sagten mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen. Der von Russland angegriffene Staat brauche für die nächsten drei Monate etwa 15 Milliarden Euro. Lindner zufolge beraten die sieben führenden Industrienationen (G7), deren Finanzminister und Notenbankchefs sich nächste Woche in Bonn treffen, über den genauen Liquiditätsbedarf der Ukraine.

In der Pandemie hatten die Europäer bereits zusammen Schulden aufgenommen, um den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds zu füllen. In mehreren EU-Ländern wurde dies als einmaliges Vorgehen eingestuft. Der Krieg in der Ukraine hat zuletzt aber wieder den Druck erhöht, gemeinsam zu helfen.

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die EU-Kommission werde sehr wahrscheinlich empfehlen, 2023 erneut die Ausnahmeklausel des Stabilitätspaktes zu ziehen. Dieser sieht eigentlich Obergrenzen für die Neuverschuldung und den Schuldenstand vor. Diese wurden in der Pandemie aber ausgesetzt. „In eine Krise spart man sich nicht hinein, sondern man handelt entschlossen mit einer aktiven Fiskalpolitik“, so Kindler. „Die geostrategische Auseinandersetzung mit Russland braucht einen langen Atem und dafür muss die Europäische Union geschlossen und handlungsfähig sein.“ (rtr)

Guterres: Fokus liegt auf Kriegsfolgen statt Friedensdiplomatie

Wegen der geringen Aussichten auf ein Ende des Ukraine-Krieges konzentriert sich UN-Generalsekretär Antonio Guterres vorerst auf die globalen Auswirkungen des Konflikts statt auf Friedensverhandlungen. Der Moment für solche Gespräche werde kommen, sagte Guterres am Mittwoch in Wien. „Aber in unmittelbarer Zukunft sehe ich ihn nicht“.

Deshalb liege der Fokus der Vereinten Nationen derzeit auf der Sicherstellung der globalen Lebensmittelversorgung, sagte Guterres. Dies könne aber nur gelingen, wenn ukrainische Agrarerzeugnisse, russische Lebensmittel und Dünger trotz des Krieges wieder zurück auf die Weltmärkte gelangen. „Damit das passiert, arbeite ich aktiv daran, entsprechende Gespräche zu fördern“, sagte er nach einem Treffen mit Österreichs Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Außerdem hätten sich die Vereinten Nationen entschieden, sich auf Verhandlungen zu Evakuierungen der Zivilbevölkerung und Hilfslieferungen in der Ukraine zu konzentrieren.

Laut Guterres untergräbt der Krieg in der Ukraine auch den Kampf gegen den Klimawandel. Das Thema sei nach hinten gerückt. „Es gibt ein ernsthaftes Risiko, dass wir den Klimawandel nicht mehr ernst genug nehmen.“ Guterres reiste für eine Sitzung der Chefinnen und Chefs der UN-Organisationen nach Wien, die diese Woche stattfindet. (dpa)

Städte fordern Landesmittel für ukrainische Geflüchtete

Der Niedersächsische Städtetag (NST) appelliert an die Landesregierung, sich angemessen an den Ausgaben der Städte für die rund 60.000 nach Niedersachsen geflüchteten Menschen aus der Ukraine zu beteiligen. „Die Frage ist, wie die Kosten verteilt werden. Wir werden mit dem Land darüber hart verhandeln“, kündigte Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann nach einer NST-Präsidiumssitzung am Mittwoch in Celle an. Krogmann, der auch NST-Vizepräsident ist, verwies darauf, dass alleine Oldenburg in diesem Jahr mehr als zehn Millionen Euro für die etwa 1.000 in Oldenburg lebenden ukrainischen Geflüchteten bereitstellt. „Die Mehrzahl ist aktuell privat untergebracht, aber viele von ihnen können nicht auf Dauer dort bleiben. Darauf stellen wir uns ein, wodurch Kosten für die Vorhaltung von Wohnraum entstehen“, so Krogmann.

Ab 1. Juni werden Geflüchtete aus der Ukraine nach einer neuen, bundesweit geltenden Regelung unterstützt. Von diesem Datum an erhalten sie finanzielle Unterstützung nicht mehr nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz, sondern bekommen die Grundsicherung für Arbeitslose. Dadurch sparen die Kommunen Gesundheitskosten, für die sie momentan noch aufkommen – denn ab Juni sind Ukrainer über die Jobcenter Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. „Dafür werden wir ab Juni an den Kosten für die Unterkunft beteiligt und können nur hoffen, dass wir einen erheblichen Teil erstattet bekommen“, sagte Krogmann.

Nach seinen Worten bekommen Städte wie Oldenburg und Celle derzeit keine Geflüchteten aus der Ukraine zugewiesen, weil sie ihre Quote mehr als erfüllt haben. „Insgesamt funktioniert die gleichmäßige Verteilung gut. Außerdem ist der Zustrom auch nicht mehr so stark wie noch vor einiger Zeit“, betonte Krogmann. Rund 12.000 Mädchen und Jungen aus der Ukraine gehen laut NST-Hauptgeschäftsführer Jan Arning in niedersächsische Schulen. Wenn sie sich in Deutschland mit einem Visum aufhalten, unterliegen sie nicht der deutschen Schulpflicht, sind aber dennoch als Gastschüler willkommen.

Einige Schulen in Niedersachsen bieten ihnen an, dass sie ihre Räumlichkeiten nutzen können, um am Online-Unterricht ihrer Heimatschule teilzunehmen. Der ist bis zum Ende des ukrainischen Schuljahres am 26. Mai geplant. Dagegen besuchen nur 600 ukrainische Kinder niedersächsische Kindergärten. „Wir bieten eigene Spielkreise für Vier- bis Sechsjährige an, die gut genutzt werden. Unsere Kitas sind dagegen kaum gefragt“, sagte Celles Oberbürgermeister Jörg Nigge. (epd)

Es fließt kein russisches Gas mehr durch ukrainische Pipelines

Die Buchungen für den russischen Gastransit nach Europa durch die Ukraine über die Schlüsselroute Sochraniwka sind am Mittwoch auf null gesunken. Das geht aus Daten des ukrainischen Gaspipeline-Betreibers hervor.

Die Ukraine hatte tags zuvor davor gewarnt, die Lieferungen über diese Route kriegsbedingt einzustellen. Der ukrainische Netzbetreiber GTSOU erklärte, er könne die Nowopskow-Verdichterstation in der östlichen Luhansk-Region wegen „der Einmischung der Besatzungsmächte in technische Prozesse“ nicht mehr betreiben. Daher werde der Gasfluss ab Mittwoch über die damit verbundene Sochraniwka-Route eingestellt und stattdessen über den Sudscha-Knotenpunkt geleitet. Dort stand die Buchungsdurchleitung am Mittwoch den Daten zufolge bei knapp 72 Millionen Kubikmetern.

Dagegen erklärt der russische Erdgaskonzern Gazprom, eine derartige Umstellung sei technisch unmöglich. GTSOU zufolge fließt über Sochraniwka fast ein Drittel des Erdgases, das von Russland über die Ukraine nach Europa geleitet wird. (rtr)

Ukraine meldet Gewinne um Charkiw, Russland im Donbass

Die ukrainischen Streitkräfte haben Geländegewinne rund um die zweitgrößte Stadt Charkiw im Osten des Landes vermeldet. „Die Ortschaften Tscherkassy Tyschky, Rusky Tyschky, Rubischne und Bayrak wurden befreit“, erklärte der ukrainische Generalstab auf Facebook.

Während die russischen Streitkräfte dadurch die Stadt Charkiw „noch weniger“ mit Artiellerieangriffen treffen könnten, habe die „Intensität der Bombardierungen im Bezirk Charkiw zugenommen“. Die russischen Truppen hinterlassen nach Angaben der ukrainischen Regionalverwaltung zudem „Todesfallen“ – Minen. Die russischen Truppen rückten zuvor bis auf wenige Kilometer an die Stadt heran.

Währenddessen rückt die russische Armee etwa 150 Kilometer südöstlich im Donbass Stück für Stück vor. Das ukrainische Südkommando meldete „gnadenlose“ Angriffe der russischen Streitkräfte auf Privathäuser, landwirtschaftliche Einrichtungen und die Stromversorgung. Der stellvertretende Bürgermeister der mittlerweile fast vollständig zerstörten Hafenstadt Mariupol, Petro Andryuschtschenko, berichtete indessen, dass die letzten ukrainischen Streitkräfte im Asow-Stahlwerk weiterhin „dutzenden“ Angriffen ausgesetzt seinen. (afp)

US-Repräsentantenhaus billigt Milliarden-Hilfen für Ukraine

Das US-Repräsentantenhaus hat ein neues Hilfspaket für die Ukraine in Höhe von 40 Milliarden Dollar (rund 38 Milliarden Euro) bewilligt. Damit erhält das von Russland angegriffene Land sogar sieben Milliarden Dollar mehr als von Präsident Joe Biden im April beantragt. Das Paket aus militärischer und humanitärer Hilfe fand in der Parlamentskammer breiten überparteilichen Rückhalt.

Neben militärischem und ökonomischem Beistand für die Ukraine sieht es Hilfen für Verbündete der USA in Osteuropa, eine Aufstockung der vom Pentagon an die Ukraine gelieferten Waffen sowie fünf Milliarden Dollar für die Bekämpfung weltweiter Lebensmittelengpässe als Folge des Ukraine-Kriegs vor.

Die Vorlage geht nun an den Senat, wo eine Zustimmung ebenfalls sicher erscheint. (ap)

Selenskyj: Moskau lässt ukrainische Soldaten nicht gehen

Die im Stahlwerk von Mariupol verschanzten ukrainischen Soldaten dürfen das Gelände nach dem Willen der russischen Belagerer nicht verlassen. Das russische Militär habe jeden Vorschlag zum ungehinderten Abzug der Kämpfer aus dem Werk Asowstahl abgelehnt, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Angaben der „Ukrajinska Prawda“ vom Dienstag. „Die Verteidiger Mariupols bleiben dort, sie setzen den Widerstand auf dem Gelände von Asowstahl fort.“

Kiew bemühe weiterhin alle zur Verfügung stehenden diplomatischen Möglichkeiten, um die Rettung der Soldaten zu ermöglichen. Russland besteht auf der Kapitulation der Asowstahl-Verteidiger. (dpa)

Ukrainische Soldaten zur Ausbildung bei der Bundeswehr

Am Dienstag trafen ukrainische Soldaten in Rheinland-Pfalz ein. Sie sollen an der Artillerieschule der Bundeswehr in Idar-Oberstein an der Panzerhaubitze 2000 ausgebildet werden, die als eines der modernsten Artilleriegeschütze weltweit gilt. Damit beginnt eine neue Phase der deutschen Militärhilfe. Insgesamt wollen Deutschland und die Niederlande der Ukraine zwölf dieser Haubitzen übergeben, um das Land in seinem Kampf gegen den russischen Angriffskrieg zu unterstützen. (dpa)

Mehrere Opfer bei Beschuss von Saporischschja

Bei neuen russischen Angriffen in der Umgebung der südostukrainischen Stadt Saporischschja sind am Dienstagabend mindestens ein Mensch getötet und acht weitere verletzt worden. Nach Angaben der Regionalverwaltung seien vor allem Wohngebäude in Orechowo getroffen worden, berichtete die „Ukrajinska Prawda“. Wegen der Intensität des Beschusses sei vorübergehend die Zustellung humanitärer Hilfe in den Ort unterbrochen worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. (dpa)

Kabinett will Durchsetzung von Sanktionen erleichtern

Sanktionen etwa gegen russische Oligarchen sollen in Deutschland mehr Biss bekommen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Kabinett am Dienstag in Berlin beschlossen. Die Fraktionen der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP wollen die Pläne nun im Bundestag einbringen. Aktuell würden sie zwar vor allem die Umsetzung der gegen russische Akteure wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine verhängten Strafmaßnahmen erleichtern, die Neuerungen wären aber ebenso anwendbar für alle möglichen künftigen auf EU-Ebene beschlossenen Sanktionen. (dpa)

Ein Dorf nach der Befreiung

🐾 Das Dorf Gusariwka ist vorerst gerettet – die russischen Truppen konnten zurückgedrängt werden. Doch die Spuren der Zerstörung sind überall, berichtet Juri Larin für die taz.

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