+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: 1.119 tote Zivilisten in Ukraine
Die UN zählen 99 im Ukrainekrieg getötete Kinder. Mehrere Bundesländer gehen gegen das russische „Z“-Symbol vor. Die Ukraine kauft Panzerabwehrwaffen.
UN zählen 1.119 tote Zivilisten seit Kriegsbeginn
Die Vereinten Nationen (UN) beziffern die Zahl der im Ukrainekrieg umgekommenen Zivilisten auf mindestens 1.119. Vom Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar an bis zum 26. März seien außerdem 1.790 Zivilisten verletzt worden. Unter den Toten seien 32 Jungen, 15 Mädchen und 52 weitere Kinder, deren Geschlecht nicht festgestellt worden sei. Aufgrund der schwierigen Erfassung seien die tatsächlichen Opferzahlen wahrscheinlich beträchtlich höher. Zu Tode gekommen seien die meisten durch Explosivwaffen mit weiträumiger Wirkung wie Artilleriebeschuss sowie Raketen- und anderen Luftangriffen. (rtr)
Ukraine kauft 5.100 Panzerabwehrwaffen in Deutschland
Die ukrainische Regierung hat bei einem deutschen Waffenhersteller 5.100 Panzerabwehrwaffen gekauft. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus ukrainischen Regierungskreisen. Zuvor hatten Welt und die Bild über den Kauf berichtet. Das für die Waffenexportkontrolle zuständige Bundeswirtschaftsministerium wollte sich auf Anfrage nicht äußern.
Hersteller der schultergestützten Waffen vom Typ RGW90 HH „Matador“ ist das Rüstungsunternehmen Dynamit Nobel Defence im nordrhein-westfälischen Burbach. Die Kosten in Höhe von 25 Millionen Euro trägt die ukrainische Regierung. 2.650 der Waffen haben die Ukraine bereits am Samstag erreicht, die restlichen 2.450 sollen nach ihrer Fertigstellung bis Ende Mai in wöchentlichen Tranchen geliefert werden. (dpa)
Bundesländer gehen gegen russisches „Z“-Symbol vor
Immer mehr Bundesländer gehen gegen das „Z“-Symbol vor, das Zeichen der Unterstützung der russischen Armee im Ukrainekrieg. Niedersachsen und Bayern ordneten an, dass die öffentliche Verwendung des Symbols in Deutschland etwa bei Demonstrationen strafbar sei. Möglich sind bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Nordrhein-Westfalen kündigte am Sonntag an, strafrechtliche Konsequenzen zu prüfen.
In Russland taucht der lateinische Buchstabe „Z“ vielerorts im öffentlichen Raum auf. Auch zahlreiche russische Militärfahrzeuge tragen das „Z“. Das „Z“ werde etwa auf Gebäuden, an Autos oder an der Kleidung gezeigt, um Zustimmung zum Krieg Russlands gegen die Ukraine zu zeigen, teilte das Innenministerium in Hannover mit. Auch in Niedersachsen habe es schon „entsprechende Beobachtungen“ gegeben.
Das „Z“ ist als Symbol gut zu erkennen, da es dieses im kyrillischen Alphabet nicht gibt. Eine Theorie besagt, dass es sich um den Anfangsbuchstaben des Wortes „Zapad“ („Westen“) handeln könnte. Gemeint sein könnte die Bewegungsrichtung der Truppen oder, dass es sich um Panzer aus westlichen Landesteilen handelt. Einige sehen auch eine Anspielung auf den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, dessen Familienname in vielen Sprachen mit einem „Z“ transkribiert wird.
Grundlage für das Vorgehen der Länder ist Paragraf 140 Nummer zwei des Strafgesetzbuches: Demnach wird ein Verhalten unter Strafe gestellt, das als öffentlich zur Schau getragene Billigung von Angriffskriegen zu verstehen und geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich nannte auch den Paragrafen 13 des Völkerstrafgesetzbuches, in dem es um „Verbrechen der Aggression“ geht. „Wir akzeptieren nicht, wenn völkerrechtswidrige Verbrechen gebilligt werden“, erklärte der Minister. (AFP)
Türkei fordert Gespräche mit Russland
Die Türkei fordert weitere Gespräche mit Russland für eine Beendigung des Kriegs in der Ukraine. Die Türkei und andere Staaten müssten weiterhin mit Russland reden, sagt der türkische Präsidialamtssprecher Ibrahim Kalin auf dem internationalen Doha-Forum in Katar. „Wenn jeder die Brücken zu Russland niederbrennt, wer wird dann am Ende des Tages mit ihnen reden?“, fragt er. Die Ukraine brauche mehr Hilfe und müsse mit allen Mitteln unterstützt werden, damit sie sich selbst verteidigen könne. Aber die russische Seite müsse angehört werden, „so oder so“. (rtr)
Bundesregierung erwägt Anschaffung von Raketenschutzschild
Die Bundesregierung prüft mit Blick auf den Ukrainekrieg und die Bedrohung durch Russland den Kauf eines Raketenschutzschilds. Im Gespräch ist das israelische System Arrow 3, wie die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Agnes Strack-Zimmermann (FDP), am Sonntag dem Sender Welt sagte. Sie reiste zu Gesprächen über das Abwehrsystem nach Israel.
„Angesichts der Bedrohungslage und der unterschiedlichen Waffensysteme, die Russland hat“, müsse die Bundesregierung sich auch mit einem Raketenabwehrsystem beschäftigen, sagte Strack-Zimmermann dem Sender. Es gebe verschiedene Optionen.
„Die Israelis stellen so etwas her, und deswegen macht es Sinn, sich mit diesen unterschiedlichen Szenarien nicht nur zu beschäftigen, sondern gegebenenfalls auch umgehend zu kaufen“, fuhr die Verteidigungsexpertin fort. „Das muss alles sehr schnell gehen, aber auch sehr seriös besprochen werden.“ (AFP)
Papst verurteilt Krieg als Gotteslästerung
Papst Franziskus hat mit starken Worten ein Ende der Kämpfe in der Ukraine gefordert. Der seit mehr als vier Wochen tobende Krieg sei grausam und sinnlos und eine Niederlage für alle, sagte der Papst am Sonntag in Rom. „Die Mächtigen entscheiden und die Armen sterben“ beklagte er. Eltern müssten ihre Kinder begraben. Der Krieg zerstöre nicht nur die gegenwärtige Gesellschaft, sondern auch die künftige, sagte Franziskus mit Blick auf Berichte, nach denen mehr als die Hälfte der Kinder in der Ukraine wegen der Kämpfe fliehen musste.
Der Papst vermied es einmal mehr, Russland als Aggressor zu nennen, sondern verurteilte den Krieg allgemein als barbarisch und gotteslästerlich. „Die Menschheit muss begreifen, dass es an der Zeit ist, den Krieg abzuschaffen, den Krieg aus der Menschheitsgeschichte zu streichen, bevor der Krieg die Menschheit aus der Geschichte streicht“, sagte er. (AP)
Grünen-Chef will Krisenstab im Kanzleramt zum Umgang mit Ukraine-Flüchtlingen
Grünen-Chef Omid Nouripour dringt im Umgang mit den Flüchtlingen aus der Ukraine auf einen Krisenstab im Kanzleramt zur Koordinierung zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Freiwilligen. Fragen zur Registrierung, Unterbringung und Integration der Menschen müssten zügig geklärt werden. Bis Sonntag wurden laut Innenministerium 267.000 Ukraine-Flüchtlinge registriert – kamen also in eine Erstaufnahmeeinrichtung oder beantragten staatliche Hilfen.
Nouripour schlug vor, die Registrierung der Flüchtlinge solle „an Knotenpunkten erfolgen, um eine geordnete Verteilung sicherzustellen“. Auch die Frage, wie die Unterbringung und Integration der Menschen finanziert werden sollen, müsse zügig geklärt werden, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) dagegen lehnte die Registrierung aller vor dem Krieg in der Ukraine geflüchteten Menschen in Deutschland ab. „Wir reden vor allem von Kindern und Frauen, die tagelang auf der Flucht sind, die in der Kälte an der polnischen Grenze ausharren mussten. Wir wollen nicht, dass sie an der deutschen Grenze aufgehalten werden, weil wir hier stationäre Grenzkontrollen einführen“, sagte sie dem Tagesspiegel vom Sonntag. Die Menschen hätten das Recht, sich hier frei zu bewegen. (AFP)
Separatistenführer fordert Referendum über Anschluss an Russland
Einer der Führer prorussischer Separatisten in der Ukraine hat ein Referendum über den Anschluss seiner Region an Russland angekündigt. Eine Volksabstimmung könne den Wählerinnen und Wählern in nächster Zukunft die Möglichkeit geben, darüber zu entscheiden, ob ihr Gebiet ein Teil Russlands werden solle, sagte das Oberhaupt der selbsternannten Volksrepublik Luhansk, Leonid Passetschnik, am Sonntag.
Separatisten hatten 2014 in Luhansk und Donezk Volksrepubliken ausgerufen – kurz nachdem Russland die ukrainische Halbinsel Krim besetzt und nach einer unter dem Schutz seiner Truppen abgehaltenen Volksabstimmung annektiert hatte. Russland unterstützt die Volksrepubliken und hat sie Mitte Februar als unabhängige Staaten anerkannt. Diese baten um militärische Unterstützung und wenige Tage später befahl Präsident Wladimir Putin einen Angriff auf die gesamte Ukraine. In Verhandlungen mit der Ukraine hat Russland seither verlangt, dass seine Souveränität über die Krim und die Unabhängigkeit der Separatistengebiete anerkannt wird. (AP)
Blinken: USA streben keinen Machtwechsel in Russland an
US-Außenminister Antony Blinken hat am Sonntag betont, die Vereinigten Staaten strebten keinen Machtwechsel in Russland an. Bei einer Pressekonferenz mit seinem israelischen Amtskollegen Jair Lapid sagte Blinken in Jerusalem, es gehe vielmehr darum, dass Kremlchef Wladimir Putin „nicht dazu ermächtigt werden kann, Krieg gegen die Ukraine oder jedes andere Land zu führen“.
US-Präsident Joe Biden hatte am Samstag wegen des Ukrainekriegs die Herrschaft Putins offen in Frage gestellt. „Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben“, sagte Biden in einer Rede in Polen. Der Kreml reagierte empört: Wer in Russland regiert, entscheide nicht der US-Präsident, sondern das russische Volk, hieß es. Das Weiße Haus versuchte später klarzustellen, dass Biden nicht direkt zum Sturz Putins aufgerufen habe. Stattdessen habe der US-Präsident gemeint, Putin dürfe keine Macht über seine Nachbarn oder die Region ausüben.
Blinken bekräftigte in Jerusalem: „Wir verfolgen keine Strategie eines Regimewechsels in Russland oder irgendwo anders.“
Blinken hält sich zu einer mehrtägigen Reise in der Nahost-Region auf. Er wollte am Sonntag noch die Palästinenserführung in Ramallah treffen. Abends beginnt ein historisches Gipfeltreffen mit Repräsentanten aus vier arabischen Staaten im israelischen Wüstenort Sde Boker, an dem der US-Außenminister ebenfalls teilnimmt. (dpa)
Kriegsflüchtlinge: Deutschland und Polen dringen auf mehr EU-Hilfe
Angesichts der riesigen Fluchtbewegung aus der Ukraine haben sich Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und ihr polnischer Kollege mit einem dringenden Hilfsappell an die EU-Kommission gewandt. Darin dringen die beiden auf mehr Unterstützung bei der Verteilung der Flüchtlinge auf die anderen EU-Staaten sowie auf finanzielle Hilfe.
So werden etwa ein Pauschalbetrag von 1.000 Euro aus EU-Mitteln für jeden Aufgenommenen ins Spiel gebracht und mehr Koordinierung bei der Flüchtlingsverteilung gefordert. An diesem Montag wollen die Innenminister der EU-Staaten in Brüssel über den Umgang mit den Flüchtlingen beraten.
Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine haben nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks bereits mehr als 3,8 Millionen Menschen das Land verlassen. Mehr als 2 Millionen sind allein in Polen angekommen, in Deutschland wurden dem Innenministerium zufolge rund 267.000 Flüchtlinge registriert. „Man kann mit Sicherheit sagen, dass unsere Länder nun den Großteil der Anstrengungen unternehmen, um Menschen aus der Ukraine aufzunehmen und ihnen Schutz zu bieten“, schreiben Faeser und Mariusz Kaminski. Faeser hatte bereits zuvor gesagt, Ziel müsse eine Verteilung der Flüchtlinge in Europa nach festen Quoten sein.
Beide fordern nun, die Flüchtlinge in jene EU-Länder zu bringen, die bereit seien, sie aufzunehmen. Die von der EU-Kommission aufgesetzte Solidaritätsplattform solle bei der Organisation helfen. Flüchtlinge ohne spezifisches Ziel müssten über Länder mit freien Kapazitäten informiert werden. Dabei fordern Faeser und Kamniski alle EU-Staaten zur Aufnahme der Menschen auf.
Mit Blick auf die Kosten zur Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge heißt es in dem Brief: „Unser Finanzbedarf beläuft sich bereits auf mehrere Milliarden Euro und zusätzliche Unterstützung ist sofort erforderlich.“ Die EU-Kommission müsse an einfachen und flexiblen Finanzierungsmöglichkeiten arbeiten, die zumindest einen Teil der Kosten decken. Die Kosten für den polnischen Staat beliefen sich Schätzungen zufolge für diesen Zeitraum auf mindestens 2,2 Milliarden Euro. (dpa)
Ukraine bietet Speicher für europäische Gasreserve an
Die Ukraine bietet ihre Erdgasspeicher zur Einlagerung einer strategischen europäischen Energiereserve an. Sein Land habe die größten unterirdischen Speicheranlagen in Europa, schrieb der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko am Samstag auf Facebook. „Trotz der umfassenden militärischen Aggression Russlands ist die Ukraine weiterhin ein starker und zuverlässiger Partner Europas in Sachen Energiesicherheit.“
Er begrüße, dass die Europäische Union sich von russischen Gaslieferungen lösen und gemeinsam bei anderen Anbietern kaufen wolle, schrieb Haluschtschenko. Die Ukraine könne mit ihren Speichern zu diesem Solidaritäts- und Ausgleichsmechanismus beitragen.
Auf den gemeinsamen Einkauf im Kampf gegen hohe Energiepreise hatte sich ein EU-Gipfeltreffen am Donnerstag geeinigt. Die USA und andere Staaten wollen mehr Flüssiggas (LNG) liefern. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski lobte Katar und andere Staaten am Persischen Golf als „zuverlässige und solide Lieferanten von Energieträgern“. Sie könnten damit einen Beitrag zur Stabilisierung der Lage in Europa leisten, sagte er in einer Videoansprache für ein Wirtschaftsforum in Doha, der Hauptstadt von Katar. Selenski forderte energieproduzierende Länder aber auch dazu auf, ihre Fördermengen zu steigern. So könne kein Land Energie als Waffe nutzen, um die Welt zu erpressen, sagte er weiter.
Wegen des russischen Angriffskriegs drängt die Ukraine die europäischen Staaten dazu, Energielieferungen aus Russland sofort zu boykottieren. Gleichzeitig strömt aber weiter russisches Gas durch das ukrainische Pipeline-Netz Richtung Westen. Es ist auch nicht bekannt, dass Moskau die Zahlungen für diesen Transit eingestellt hat. Für die Ukraine war und ist der Gastransit eine wichtige Einnahmequelle. Für den Eigenbedarf an Gas wird die Ukraine seit einiger Zeit von der EU aus beliefert. (dpa)
Bundespräsident: „Es kommen auch auf uns härtere Tage zu“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschland auf wirtschaftliche Einbußen als Folgen des Kriegs in der Ukraine vorbereitet. Die scharfen Sanktionen gegen Russland würden unvermeidlich auch Unsicherheiten und Einbußen für die Deutschen bringen, sagte der an Corona erkrankte Steinmeier am Sonntag in einer Videobotschaft, die vor dem Konzert „Für Freiheit und Frieden“ der Berliner Philharmoniker in Schloss Bellevue ausgestrahlt wurde.
„Ja, es kommen auch auf uns in Deutschland härtere Tage zu“, sagte Steinmeier. Die Deutschen müssten aber die Unsicherheiten und Einbußen tragen, wenn die Solidarität mit der Ukraine ernst genommen werden solle. „Und die ganze Wahrheit ist: Viele Härten liegen erst noch vor uns“, sagte der Bundespräsident. „Unsere Solidarität und unsere Unterstützung, unsere Standhaftigkeit, auch unsere Bereitschaft zu Einschränkungen werden noch auf lange Zeit gefordert sein.“ Gleichzeitig appellierte Steinmeier, nun nicht auf die Angst zu setzen, sondern auf die Stärke der Freiheit und der Demokratie.
Bei dem Solidaritätskonzert mit der Ukraine spielten die beteiligten Musiker und Musikerinnen – aus der Ukraine, aus Russland, Belarus und Deutschland – gemeinsam Stücke ukrainischer, russischer und polnischer Komponisten. (AFP)
Händler: Ukraine beginnt mit Getreide-Exporten per Zug nach Europa
Die Ukraine hat Händlern zufolge wegen der Blockade seiner Schwarzmeerhäfen durch Russland mit den ersten Getreidelieferungen per Zug nach Europa begonnen. „Die ersten Mengen von mehreren tausend Tonnen Getreide wurden bereits über die westliche Landgrenze der Ukraine exportiert“, heißt es in einem am Sonntag veröffentlichten Bericht des Agrarberatungsunternehmens APK-Inform. Die Ukraine ist ein weltweit bedeutender Getreideerzeuger und -exporteur. Fast alle Ausfuhren werden gewöhnlich von den Schwarzmeerhäfen aus verschifft. Vor dem Krieg beliefen sich die monatlichen Getreideexporte auf mehr als fünf Millionen Tonnen. „Die logistischen Schwierigkeiten bleiben bestehen“, so APK. Noch übertreffe das Angebot die Nachfrage.
Die ukrainischen Verkehrsbehörden hatten erklärt, dass monatlich bis zu 600.000 Tonnen Getreide per Zug aus der Ukraine nach Europa exportiert werden könnten. Nach Prognose von APK-Inform dürften sich die Getreideexporte der Ukraine in der Saison 2021/22 von Juli bis Juni auf insgesamt 44 Millionen Tonnen belaufen. Aufgrund von Logistikproblemen angesichts der russischen Invasion wird jedoch erwartet, dass von März bis Juni nur eine Million Tonnen Getreide das Land verlassen werden.
Durch die russische Blockade der ukrainischen Häfen könnten dem Land nach eigenen Angaben sechs Milliarden Dollar an Einnahmen aus dem Getreidehandel entgehen. Es warteten noch etwa 20 Millionen Tonnen Weizen und Mais aus der Saison 2021/2022 auf die Ausfuhr, sagte kürzlich der Vorsitzende des ukrainischen Getreide-Verbandes, Mykola Horbatschjow, der Nachrichtenagentur Reuters. Diese Menge könne unmöglich per Zug exportiert werden. Vor dem Krieg exportierte die Ukraine 98 Prozent ihres Getreides über die Häfen. (rtr)
Nuklearforschungsanlage in Charkiw angegriffen
In Charkiw ist eine Atomforschungsanlage nach ukrainischen Angaben erneut unter russischen Beschuss geraten. Die am Samstag entstandenen Schäden im physikalisch-technischen Institut könnten wegen der Kämpfe derzeit nicht untersucht werden, teilte die staatliche Atominspektion mit.
In dem Institut steht den Angaben zufolge eine Versuchsanlage mit einer Neutronenquelle für Forschungszwecke und zur Herstellung von Radioisotopen für Industrie und Medizin. Sie war nach ukrainischen Angaben bereits zuvor beschossen worden. Die Internationale Atomenergiebehörde hat erklärt, in der Anlage befänden sich nur geringe Mengen radioaktiven Materials, das nicht hoch angereichert sei. Das reduziere die Gefahr, dass bei Schäden Strahlung freigesetzt wird. (ap)
Spionageverdächtiger in Lwiw festgenommen
Nach russischen Raketenangriffen auf die westukrainische Metropole Lwiw ist ein Mann unter Spionageverdacht festgenommen worden. Der Verdächtige habe gefilmt, wie eine Rakete auf ihr Ziel zuflog und einschlug, sagte der Gouverneur der Region, Maxym Kosytskyj. Außerdem habe die Polizei bei ihm Handyfotos von Kontrollpunkten entdeckt, die an zwei russische Telefonnummern geschickt worden seien.
Russland hatte nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau am Samstag militärische Ziele in der westukrainischen Stadt Lwiw mit Marschflugkörpern angegriffen. Diese seien eingesetzt worden, um eine Anlage in der Stadt zu treffen, in der Flugabwehrsysteme, Radarstationen und Zielgeräte für Panzer repariert würden, hieß es in einer am Sonntag verbreiteten Erklärung. Zudem sei am Samstag ein von ukrainischen Streitkräften genutztes Tanklager mit Langstreckenraketen attackiert und zerstört worden. „Die Streitkräfte der Russischen Föderation setzen die Offensivaktionen im Rahmen der speziellen Militäroperation fort“, so das Ministerium unter Verweise auf die offizielle russische Bezeichnung der Invasion.
Russland habe seegestützte Langstreckenraketen eingesetzt, um ein Arsenal von S-300-Raketen und BUK-Flugabwehr-Raketensystemen in der Nähe von Kiew zu zerstören, hieß es weiter. Russische Streitkräfte hätten zudem eine Reihe von Drohnen zerstört. (ap/rtr)
Selenski fordert erneut Kampfflugzeuge
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die internationale Gemeinschaft erneut zur Lieferung schwerer Waffen aufgerufen. Sowohl in einer Videokonferenz mit dem polnischen Staatschef Andrzej Duda am Samstag als auch in einer in der Nacht zum Sonntag ausgestrahlten Videobotschaft forderte er Kampfflugzeuge und Panzer für die ukrainischen Streitkräfte. Mariupols Bürgermeister Wadym Bojtschenko berichtete unterdessen vom „heroischen Kampf“ gegen die russischen Angreifer, die seine Stadt ausradieren wollten.
„Die Ukraine kann russische Raketen nicht mit Schrotflinten und Maschinengewehren abschießen“, unterstrich Selenski die Forderung nach schweren Waffen. Er warnte, dass ansonsten das russische Militär eine spätere Bedrohung für die Nato-Nachbarstaaten darstellen könnte.
Polen hatte vor einiger Zeit eine mögliche indirekte Übergabe seiner Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 an die ukrainischen Streitkräfte angedeutet. Um die Jets nicht direkt an die Ukraine zu übergeben, sollten die Flugzeuge zuerst an die US-Streitkräfte überstellt werden. Dieser Vorstoß wurde von den USA abgelehnt. Eine solche Maßnahme könnte zu einer direkten Konfrontation zwischen Nato-Kräften und russischem Militär führen, was eine Eskalation des Krieges nach sich ziehen könnte, hieß es zur Begründung.
„Um im Luftraum auf Augenhöhe mit den Kräften des Gegners zu kämpfen, braucht es sowohl mengenmäßig als auch technologisch Aufrüstung“, untermauerte die ukrainische Luftwaffenführung die Forderung nach Kampfjets. „Wir sperren den Luftraum selber, gebt uns nur ein paar Waffen.“ (dpa)
Mariupols Bürgermeister: Russen wollen die Stadt ausradieren
Die Verteidiger der ukrainischen Hafenstadt Mariupol leisten den russischen Angreifern nach den Worten von Bürgermeister Bojtschenko „heroischen Widerstand“. In einem Gespräch mit der Agentur Unian berichtete er in der Nacht zum Sonntag von extrem schweren Kämpfen.
Er warf den russischen Militärs vor, rücksichtslos gegen alle Bewohner der inzwischen schwer zerstörten Stadt vorzugehen, auch gegen die ethnischen Russen. „Sie hatten nicht den Auftrag, irgendjemanden zu schützen“, sagte Bojtschenko. „Ihre Aufgabe ist einfach, die Stadt von der Erdoberfläche auszuradieren, samt Bewohnern.“ Dies sei schlicht Völkermord, „eine andere Bezeichnung kann es dafür nicht geben“. Über Mariupol wehe aber weiterhin die ukrainische Flagge, es bleibe weiterhin eine ukrainische Stadt.
Über die Zukunft der Stadt oder gar deren Befreiung durch ukrainische Truppen von außerhalb wollte sich Bojtschenko nicht äußern. „Selbst der Generalstab der ukrainischen Armee hat darauf sicher keine Antwort“, meinte Bojtschenko. „Ich denke, wir müssen Geduld und Kraft haben, die Zeit wird es zeigen.“ (dpa)
Britische Außenministerin will Putin mit Druck zum Verhandeln bringen
Die britische Außenministerin Liz Truss will mehr Druck auf Russland und Präsident Wladimir Putin ausüben, um das Land in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bringen. „Wir müssen unsere Sanktionen verstärken. Wir müssen der Ukraine verstärkt Waffen senden“, sagte Truss in einem Interview der Zeitung Sunday Telegraph. Wenn dann die Zeit für Verhandlungen gekommen sei, solle das Vereinigte Königreich eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Ukraine spielen. „Putin muss noch mehr unter Druck gesetzt werden“, sagte sie. (dpa)
London: Russland verlässt sich in Ukraine weiter auf Abstandsmunition
Russische Luft- und Raketenstreitkräfte beschießen nach britischen Angaben weiterhin Ziele in der gesamten Ukraine, darunter auch in dicht besiedelten Gebieten. Dabei verlasse sich Russland weiterhin auf sogenannte Abstandsmunition, die aus dem russischen Luftraum abgefeuert werde, um die eigenen Flugzeuge nicht der ukrainischen Luftabwehr auszusetzen, heißt es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, das in der Nacht zum Sonntag veröffentlicht wurde. (dpa)
Bereits zwölf Journalisten in der Ukraine getötet
In der Ukraine sind seit Kriegsausbruch vor einem Monat bereits zwölf Journalisten ums Leben gekommen. Weitere zehn Reporter seien im Verlauf der Kämpfe teils schwer verletzt worden, teilte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa auf ihrer Facebook-Seite mit. „Der Welt die Wahrheit über Putins Aggression zu berichten, ist tödlich – im Krieg sind schon zwölf Journalisten gestorben“, schrieb sie. Nach ihrer Lesart wurden die Reporter von russischen Militärs getötet. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Insgesamt seien nach den bisherigen Ermittlungen mindestens 56 Medienvertreter angegriffen worden, darunter 15 Ausländer. (dpa)
Kreml: Biden entscheidet nicht über Führung in Russland
US-Präsident Joe Biden entscheidet nach den Worten von Kremlsprecher Dmitri Peskow nicht über die Führung in Russland. „Das entscheidet nicht Biden, der Präsident Russlands wird vom russischen Volk gewählt“, entgegnete Peskow am Samstagabend nach Angaben der Agentur Ria Nowosti auf eine Rede Bidens, in der dieser den Machtverbleib von Kremlchef Wladimir Putin in Frage gestellt hatte.
„Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben“, hatte Biden am Samstagabend in einer Rede vor historischer Kulisse im Innenhof des Warschauer Königsschlosses gesagt. Bidens Auftritt in der polnischen Hauptstadt markierte den Abschluss seiner Europa-Reise. Russland habe die Demokratie „erwürgt“ und versuche dies auch anderswo zu tun, so Biden. „Ein Diktator, der ein Imperium wieder aufbauen will, wird die Freiheitsliebe eines Volkes niemals auslöschen.“ (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus