+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Selenskyj besucht Front bei Bachmut

In der Südukraine verschärfen sich die Kämpfe. Im Krieg werden auch nordkoreanische Waffen eingesetzt. Und Fechterin Olha Charlan erhält eine Olympia-Zusage.

Zerstörte Lagerhäuser auf dem Land, ein Mann geht an ihnen vorbei.

Lagerhäuser einer Getreidefabrik in Pawliwka, die laut Angaben der Ukraine durch russische Raketenangriffe zerstört wurden Foto: Jae C. Hong/dpa

Präsident dankt Soldaten für Einsatz bei Bachmut

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eigenen Angaben zufolge die Front bei Bachmut im Osten seines Landes besucht. Anlässlich des Tages der Spezialeinheiten der ukrainischen Armee habe er den Soldaten dort für ihren Einsatz gedankt, teilte Selenskyj am Samstag auf Telegram mit. Dazu veröffentlichte er auch ein Video, in dem zu sehen ist, wie er mehreren Kämpfern die Hände schüttelt und Auszeichnungen überreicht.

Er habe sich außerdem von Kommandeuren über die Lage in dem schwer umkämpften Frontabschnitt in Kenntnis setzen lassen, schrieb Selenskyj. Einzelheiten könne er aber derzeit noch keine nennen.

Russische Truppen hatten Bachmut nach äußerst verlustreichen Kämpfen vor wenigen Monaten erobert. Sie halten die Stadt, die vor Beginn des russischen Angriffskriegs rund 70.000 Einwohner zählte, seitdem besetzt. (dpa)

Zunahme der Kämpfe in der Südukraine

Die Kämpfe in der Südukraine haben nach Angaben britischer Militärexperten in den vergangenen 48 Stunden in zwei Sektoren zugenommen. Das geht aus dem Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London zum Krieg in der Ukraine am Samstag hervor.

„Im Süden von Orichiw fokussieren sich die Kämpfe nahe des Dorfs Robotyne, im Gebiet, das in der Verantwortung von Russlands 58. Armee liegt“, hieß es in der Mitteilung. 80 Kilometer weiter östlich sei es ukrainischen Streitkräften gelungen, die russische Luftlandetruppen zu besiegen und das Dorf Staromajorske zurückzuerobern.

Ebenfalls offensive Einsätze der Ukrainer gebe es weiter im Norden, im Wald von Serebrjansk, westlich von Kremina. Dort habe es aber nur wenig Fortschritte gegeben, so die Mitteilung weiter.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor. (dpa)

Polen: Wagner-Truppen sollen sich Grenze nähern

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagt, eine Gruppe von hundert Soldaten der russischen Wagner-Gruppe habe sich der weißrussischen Stadt Grodno nahe der polnischen Grenze genähert. Die Situation werde immer gefährlicher. Wahrscheinlich würden sich die Wagner-Kämpfer als weißrussischer Grenzschutz tarnen und illegalen Migranten helfen, auf polnisches Gebiet zu gelangen – um Polen damit zu destabilisieren. Anton Motolko, Gründer des belarussischen Oppositionsprojekts Hajun, das militärische Aktivitäten im Land beobachtet, berichtete jedoch, seine Gruppe habe keine Beweise für eine Annäherung der Wagner-Gruppe an Grodno. (rtr)

Dutzende Extremisten aus Deutschland an der Front

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sind offenbar dutzende Extremisten aus Deutschland zu Kämpfen in das Kriegsgebiet gereist. Wie die Welt am Sonntag in Berufung auf das Bundesinnenministerium berichtet, haben Sicherheitsbehörden Ausreisen von 61 Menschen registriert, „die einen Extremismus-Bezug oder eine Verbindung zur politisch motivierten Kriminalität aufweisen“. Bei 39 davon gebe es tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass diese „mit der Absicht zur Teilnahme an Kampfhandlungen“ das Land verlassen hätten, teilte das Ministerium der Zeitung auf Anfrage mit. 27 von ihnen stünden auf russischer Seite, zwölf seien pro-ukrainisch.

Die Teilnahme an Kampfeinsätzen in der Ukraine sei nicht grundsätzlich strafbar, gab dem Blatt zufolge eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums an. Dies gelte, „solange sie nicht als Söldner handeln, sondern als Angehörige der regulären Streitkräfte oder ihnen gleichgestellter Freiwilligencorps und Milizen“. Dies schütze aber nicht vor Ermittlungen bei etwaigen Kriegsverbrechen.

Kritik kam von CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter (CDU), der gegenüber der Welt am Sonntag die Zurückhaltung der Strafverfolger bemängelte. Wer „sich freiwillig den russischen Streitkräften beziehungsweise Terrorgruppen“ für den Angriff auf die Ukraine anschließe, sei „nach Rückkehr in Deutschland strafrechtlich zu verfolgen“, erklärte er der Zeitung. Es sei davon auszugehen, dass diese Kämpfer „systematisch an Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverbrechen beteiligt waren“. (afp)

Einsatz nordkoreanischer Waffen

Die Ukraine setzt im Kampf gegen russische Truppen nach einem Medien-Bericht von einem befreundeten Land beschlagnahmte nordkoreanische Waffen ein. Es handele sich um Raketenwerfer aus der Sowjet-Zeit, die bei den Kämpfen um Bachmut eingesetzt wurden, berichtet die Financial Time.

Die USA gehen nach Angaben von US-Außenminister Antony Blinken davon aus, dass Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu in Nordkorea weitere Waffen für sein Land beschaffen möchte. Er bezweifle stark, dass Schoigu in Nordkorea „Urlaub macht“, sagte Blinken am Samstag bei einem Besuch in Australien. „Wir sehen, dass Russland verzweifelt nach Unterstützung, nach Waffen sucht, wo immer es sie finden kann, um seine Aggression gegen die Ukraine fortzusetzen.“

Schoigu war in dieser Woche anlässlich des 70. Jahrestags des Endes des Koreakriegs nach Nordkorea gereist. Bei dem seltenen Besuch in Pjöngjang traf er auch den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un.

Russland gehört zu den wenigen Ländern, die noch Kontakt zu Nordkorea halten. Nordkorea hatte von Beginn an den russischen Angriffskrieg in der Ukraine unterstützt und nach Erkenntnissen der USA auch Waffen an Russland geliefert. Diese Vorwürfe weist Pjöngjang jedoch zurück.(rtr/afp)

Südafrikas Präsident: Wir wollen keine Getreidegeschenke

Bei seinem Besuch in Russland hat Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa auf eine Wiederaufnahme von ukrainischen Getreide-Exporten über das Schwarze Meer gepocht. „Wir haben vorgeschlagen, die Schwarzmeer-Initiative zu realisieren. Wir haben über die Notwendigkeit gesprochen, das Schwarze Meer zu öffnen. Wir möchten, dass das Schwarze Meer offen ist für die Weltmärkte“, sagte Ramaphosa bei einem Treffen mit Putin und anderen afrikanischen Staats- und Regierungschefs laut einer Mitschrift, die der Kreml in der Nacht zum Samstag veröffentlichte.

Der Kremlchef hatte seine Gäste zum Abschluss eines zweitägigen Afrika-Gipfels eingeladen, den er in der russischen Ostsee-Metropole veranstaltete. Im Westen wurde der Gipfel als „PR-Show“ kritisiert und als Versuch Putins, afrikanische Staaten noch abhängiger zu machen von russischem Getreide. Russland, das seit mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, hat kürzlich die Schwarzmeer-Initiative zum Export ukrainischen Getreides aufgekündigt. Es bombardierte seitdem mehrfach ukrainische Hafeninfrastruktur. Zugleich verspricht es ärmeren afrikanischen Ländern, ihnen angeblich kostenlos Getreide liefern zu wollen.

Ramaphosa betonte nun: „Wir sind nicht hergekommen, um um Geschenke für den afrikanischen Kontinent zu bitten.“ Dann fügte er an Putin gewandt hinzu: „Natürlich verstehen wir, dass Sie aus Großzügigkeit entschieden haben, kostenlos Getreide an einige afrikanische Länder zu liefern. (…) Doch es ist nicht unser Hauptziel, irgendwelche Lieferungen dieser Art zu erreichen.“ Viele afrikanische Länder sind stark auf ukrainische Getreidelieferungen angewiesen. (dpa)

Neun Verletzte bei Raketeneinschlag in Dnipro

Bei einem Raketeneinschlag in der ukrainischen Millionenstadt Dnipro wurden mindestens neun Menschen verletzt, wie der Leiter der Gebietsverwaltung von Dnipropetrowsk, Serhyj Lysak, bei Telegram mitteilte. Behörden hatten zuvor nur von drei Verletzten gesprochen.

„Die russischen Terroristen haben auf ein Hochhaus gezielt“, schrieb der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko am Freitagabend in seinem Telegram-Kanal. Nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde neben dem Hochhaus auch das Gebäude des ukrainischen Geheimdienstes SBU getroffen. Videos zeigen schwere Beschädigungen. Die relativ geringe Zahl der Verletzten wurde in ukrainischen Medien damit erklärt, dass viele Wohnungen in dem Hochhaus noch nicht bezogen worden seien.

Luftalarm gab es auch in anderen Regionen der Ukraine, etwa in der Hauptstadt Kiew. Zudem berichteten Medien über Explosionen im Gebiet Sumy im Nordosten des Landes sowie in der südostukrainischen Großstadt Saporischschja. (dpa)

Selenskyj verspricht jungen Ukrainern Sicherheit und Freiheit

Am Tag der ukrainischen Staatlichkeit sicherte Präsident Selenskyj den jungen Menschen im Land eine sichere und freie Zukunft in ihrer Heimat zu. „Der Staat kann und muss ihnen absolut alle Möglichkeiten für ein würdevolles, zivilisiertes und sicheres Leben eröffnen. Für ein freies Leben“, sagte er am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Er habe Jungen und Mädchen an diesem Feiertag ihre ersten Pässe überreicht und danke ihnen für ihren Glauben an die Ukraine.

Der Tag der ukrainischen Staatlichkeit wurde von Selenskyj vor zwei Jahren eingeführt. Er wurde auf den Jahrestag der Christianisierung des mittelalterlichen Reiches der Kyjiwer Rus im Jahr 988 festgelegt. Ab dem kommenden Jahr wird er einem kürzlichen Parlamentsbeschluss zufolge um 13 Tage vorverlegt, um dem modernen gregorianischen Kalender zu entsprechen. (dpa)

Fechterin Charlan kriegt einen Olympia-Platz

Olympiasiegerin Olha Charlan hat die Säbel-Nationalmannschaft aus der Ukraine bei der Fecht-WM in Mailand ins Viertelfinale geführt. Zwei Tage nachdem die 32-Jährige nach ihrem Sieg gegen die unter neutraler Flagge angetretene Russin Anna Smirnowa (23) disqualifiziert worden war, weil sie den Handschlag verweigert hatte, präsentierte sich die viermalige Mannschafts-Weltmeisterin in guter Verfassung. Beim 45:7 gegen Usbekistan und beim 45:33 über Italien gewann Charlan ihre Gefechte. Im Viertelfinale treffen die Ukrainerinnen auf die USA. Die deutschen Säbelfechterinnen hatte in der Runde der letzten 16 mit 32:45 gegen Aserbaidschan verloren.

Der Fecht-Weltverband FIE hatte die Charlan-Disqualifikation am späten Freitagabend verteidigt, sie aber genauso wie die Handschlagregel aufgehoben. Die Entscheidung sei im Einklang mit dem olympischen Geist getroffen worden, sagte FIE-Interimspräsident Emmanuel Katsiadakis nach Beratungen mit dem Internationalen Olympischen Komitee.

„Da die Welt vor großen und wichtigen Herausforderungen steht, passt die FIE die Regeln im allgemeinen Interesse der Athleten und der Verbände an, wobei sie auch unseren Sport respektiert“, zitierte der „Spiegel“ am Samstag das FIE-Exekutivkomitee-Mitglied Bruno Gares aus Frankreich.

IOC-Chef Thomas Bach hatte Charlan nach dem Eklat einen Olympia-Platz versprochen. „Angesichts deiner besonderen Situation wird dir das Internationale Olympische Komitee einen zusätzlichen Quotenplatz für die Olympischen Spiele Paris 2024 zuweisen, falls du dich in der Zwischenzeit nicht qualifizieren kannst“, schrieb Bach am Freitag in einem persönlichen Brief an die Säbelfechterin. Vadym Gutzeit, der Sportminister aus der Ukraine, veröffentlichte den Brief (dpa)

Donezk erwägt, in Hamburg zu spielen

Der ukrainische Fußball-Meister Schachtar Donezk plant laut Medienberichten, seine Heimspiele in der Champions League im Hamburger Volksparkstadion auszutragen. Wie zunächst das Hamburger Abendblatt berichtete, soll sich Schachtar derzeit in konkreten Verhandlungen mit dem Hamburger SV befinden. Der HSV bestätigte der „Bild“ und der „Hamburger Morgenpost“ die Angaben.

Die Ukrainer, deren Stadion bereits 2014 schwer beschädigt wurde, haben in der vergangenen Saison der Königsklasse ihre Heimauftritte in der polnischen Hauptstadt Warschau gespielt. Das könnte aktuell aufgrund von Terminüberschneidungen schwierig werden.

Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Zuvor muss eine Delegation der UEFA das Volksparkstadion noch auf seine Champions-League-Tauglichkeit überprüfen. Weitere Ausweichkandidaten sollen Gelsenkirchen, Köln und Düsseldorf sein. Am Volksparkstadion laufen gerade Bauarbeiten, um die Arena tauglich für die Europameisterschaft 2024 zu machen. (dpa)

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