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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Heftige Kritik an Lawrow

Bei der UN-Sitzung verurteilt UN-Generalsekretär António Guterres den daneben sitzenden russischen Außenminister. Moskau droht mit Aus für Getreide-Abkommen.

Sergej Lawrow während der Sitzung des UN-Sicherheitsrats am Montag Foto: Brendan McDermid/reuters

Moskau droht mit Aus für Getreide-Abkommen

Die Ukraine gefährdet nach Ansicht Russlands mit dem Angriff auf die russische Schwarzmeer-Flotte in Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim die Fortsetzung des Getreideabkommen. „Terrorattacken des Kiewer Regimes bedrohen eine erneute Verlängerung des „Getreide-Deals“ nach dem 18. Mai“, teilte das russische Verteidigungsministerium in der Nacht zum Dienstag mit. Konkret wirft Russland, das im Februar 2022 selbst den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hatte, dem Nachbarland vor, im März und im April die Basis der russischen Schwarzmeerflotte auf der von Moskau annektierten Halbinsel Krim mit Drohnen attackiert zu haben. Aus Kyjiw gab es zunächst keine Reaktion.

Russland droht immer wieder damit, das zuletzt Mitte März um 60 Tage verlängerte Getreide-Abkommen platzen zu lassen – allerdings mit wechselnden Argumenten. Zuletzt etwa kritisierte Moskau wiederholt, die vereinbarten Sanktionserleichterungen für eigene Dünger-Exporte würden nicht ausreichend umgesetzt. (dpa,rtr)

Russland fährt Panzer auf

Russland hat einem Medienbericht zufolge damit begonnen, mit seinem Kampfpanzer T-14 Armata Stellungen in der Ukraine zu beschießen. „Aber sie haben noch nicht an direkten Angriffseinsätzen teilgenommen“, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur RIA einen Insider. Der britische Militärgeheimdienst hatte im Januar darauf verwiesen, dass die russischen Truppen in der Ukraine nur ungern die erste Liefertranche akzeptiert hätten wegen eines „schlechten Zustands“ der Panzer. Ein Einsatz des T-14 wäre dem Geheimdienst zufolge wahrscheinlich eine „Hochrisiko-Entscheidung“, die in erster Linie aus Propagandazwecken getroffen würde. „Befehlshaber würden dem Fahrzeug im Kampfeinsatz wahrscheinlich nicht vertrauen.“ (rtr)

Selenski: Bereiten uns auf kommenden Winter vor

Nach den monatelangen russischen Angriffen auf Energieanlagen bereitet sich die Ukraine laut Präsident Wolodimir Selenski schon jetzt auf den kommenden Winter vor. „Wir haben Entscheidungen getroffen, um den Energiesektor nach den russischen Angriffen wiederherzustellen“, sagte Selenski in seiner abendlichen Videoansprache am Montag nach einem Besuch in der Region Schytomyr westlich von Kyjiw.

Russland hat seit dem vergangenen Herbst immer wieder gezielt ukrainische Kraftwerke mit Raketen und Drohnen beschossen. Insbesondere in der kalten Jahreszeit kam es deshalb in vielen Regionen der Ukraine immer wieder zu Strom- und Heizungsausfällen. Kyjiw warf Moskau deshalb mehrfach „Energieterror“ vor. (dpa)

Heftige Kritik an Lawrow bei einer UN-Sitzung

In einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats unter Leitung des russischen Außenministers Sergei Lawrow ist Russland wegen seines Überfalls auf die Ukraine vehement angeprangert worden. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte in der Sitzung am Montag die Invasion in der Ukraine als Bruch des Völkerrechts und der UN-Charta. Der direkt neben Lawrow sitzende Guterres warf Russland vor, „massives Leiden“ und die „Verwüstung“ der Ukraine verursacht zu haben.

Russland hat im April turnusmäßig für einen Monat den Vorsitz im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen inne. Lawrow war für die Sitzung vom Montag nach New York gereist. Die Sitzung auf Einladung Russlands war dem Thema der „Verteidigung der Prinzipien“ der UNO gewidmet.

Guterres sagte bei dem Treffen auch, dass der Ukrainekrieg die von der Coronapandemie ausgelösten Verwerfungen in der Weltwirtschaft weiter verschlimmert habe. Er beklagte, dass „das multilaterale System“ aktuell so stark unter Druck stehe wie noch nie seit der Gründung der UNO im Jahr 1945. Die Spannungen zwischen den „großen Mächten“ hätten „den höchsten Punkt“ erreicht.

Die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield hielt ein Exemplar der UN-Charta in der Hand, während sie Russland als „heuchlerischen Organisator“ der Sitzung geißelte. Russland habe mit seiner Invasion in der Ukraine „der UN-Charta einen Herzstoß versetzt“.

In einer vorab an die Sicherheitsratsmitglieder verschickten Notiz hatte Russland unter Bezug auf die USA die „unipolare Weltordnung“ kritisiert, die nach dem Ende des Kalten Krieges entstanden sei und welche die „Effektivität und Stabilität des Systems der Vereinten Nationen“ bedrohe. Allerdings finde derzeit ein Wandel statt, in dem die „unipolare Ordnung ihre Grenzen erreicht und rasch an Kraft verliert, während ein neues multipolares System hervortritt“.

Vor der Sitzung sagte Lawrow zu Journalisten, das System der Vereinten Nationen stecke in einer „tiefen Krise“. Er machte dafür die westlichen Staaten verantwortlich. (afp)

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12 Kommentare

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  • Beim russischen Führungspersonal darf man wohl eine multipolare Störung attestieren?!

  • Mal ein paar Wahrheiten über den Status Quo

    Abseits der Hirngespinste des Russischen Außenministers hat sein oberster Kriegsherr eigentlich alles verspielt was es zu verspielen gibt. Selbst das Getreideabkommen regelt sich mittlerweile über Rumänien und die Drohung seiner Kündigung verliert zunehmend an Bedeutung.



    Es müsste mittlerweile dem unbedarftesten Russen in Russland selbst aufgegangen sein, was für eine Pleite der Biedermann im Kreml da hingelegt hat, für sein Land.



    Wenn selbst Kriegsmaterial aus dem vorherigen Weltkrieg in seiner Verwertung noch für wichtig befunden wird, erscheint die Lage mehr als hoffnungslos.



    Nein, das Land ist am Ende und ein Fortgang der Kriegshandlungen desaströs vor allem für Russland selbst.



    Vielleicht früher aber auf jeden Fall später werden sich die einzelnen Provinzen melden und nicht mehr so widerspruchslos Material und Menschen für die Eroberungsgelüste ihres Kriegsherrn bereitstellen.



    Und Moskau wird es an Kraft mangeln das Land zusammenzuhalten. Genau das aber wird ein größeres Problem, vor allem für die EU.



    Die Weitsicht der EU Politik muss sich genau auf diese Phase fokussieren, und nicht auf den Quatsch den der Kreml



    Phantast da abzieht. Ich gehe davon aus das alle Hände gebraucht werden um vor allem auch die Rachegelüste der leidenden Ukrainer einigermaßen und Kontrolle zu halten.



    Möglicherweise gelingt ja wirklich ein Konsens in dieser Sache mit China und möglicherweise wird die Chinesische Führung von einem Licht erhellt, ganz so wie im Fall des in Wogen des Kalten Krieges schwelgenden Chinesischen Botschafters in Frankreich.

  • An Heuchelerei und Zynismus ist dieser Auftritt wohl kaum zu überbieten!

    Trotzdem sollte man vielleicht hinterfragen, ob eine Weltordnung, die vor allen Dingen auf den Westen zugeschnitten ist, die Welt wirklicher friedlicher gemacht hat und überhaupt noch zeitgemäß ist!? Auch wenn ich den Angriffskrieg von Russland auf Schärfste verurteile, kann ich druchaus den Frust von Ländern wie Indien und Brasilien verstehen.

    • @Alexander Schulz:

      Welchen "Frust" genau? Und wie macht sich dieser Frust bemerkbar? Oder ist der angebliche Frust vielleicht einfach russische Desinformation?



      Für Brasilien ist der böse Westen ebenso der wichtigste Handelspartner (auch wenn China als einzelnes Land die Nr. 1 beim Handel Brasiliens ist).



      Für Indien ebenso, die USA ist der wichtigste Handelspartner.



      Wohingegen Russland - abgesehen von Waffen und Rohstoffen - wie üblich keinerlei Rolle spielt.



      Und DAS ist das wahre Problem Russlands. Im Frieden ist das Land ein irrelevanter Zwerg. Rohstofflieferant wie ein Entwicklungsland plus Waffen. Deshalb tut sich das Land so schwer mit Frieden.

      • @Kaboom:

        Siehe untrige Beiträge für Beantwortung der Fragen.

    • @Alexander Schulz:

      "die Welt wirklicher friedlicher gemacht hat" ja hat sie die friedliche Periode der Menschheitsgeschichte, Lebenserwsrtung ist Global drastisch gestiegen, technologischer Fortschritt und globaler Wohlstand stiegennmehr als jemals zuvor.

      Was frustriert den Indien und Brasilien konkret? Indien kauft Waffen und Öl von Russland und braucht Russland gegen China, Brasilien handelt gernen mit Russland. Aber echte Vorschläge für eine bessere Weltordnung kam von denen noch nicht.

      • @Machiavelli:

        Das stimmt doch gar nicht! In den letzten 30 Jahren hatte es mehr Kriege auf der Welt gegeben als in den 30 Jahren davor. Sogar mitten in Europa: 2 x auf dem Balkan und jetzt in der Ukraine!

        Indien und Brasilien und viele andere sind z.B. frustriert darüber, dass die permanenten Sicherheitsmitglieder und Vetomächte vor allen auf den Westen zugeschnitten ist. Ist Ihnen aufgefallen, dass z.B. Grossbritannien im Gegensatz zu Indien ein permanentes Mitglied ist?



        Ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen, aber das würde den Rahmen sprengen.

        Meiner Meinung nach sollten wir früher oder später auch andere Sichtweisen verstehen zu lernen und versuchen Verbündete durch Argumente zu gewinnen. Sonst wird es in Bezug auf China langfristig schwierig. Die unipolare Welt ist vorbei, egal ob es uns gefällt oder nicht.

        • @Alexander Schulz:

          Der UN-Sicherheitsrat ist ein Gremium, das zwar viel für nationale Interessen missbraucht wird, seinem Zweck nach aber genau NICHT als Interessenvertretung der Mitglieder zu fungieren hat. Wer dort sitzt, hat sich um die Welt insgesamt zu kümmern und nicht nur seine eigene außenpolitische Agenda zu verfolgen.

          Man mag argumentieren, dass die westlichen ständigen Mitglieder (und ihre Verbündeten) diese Aufgabe mehr schlecht als recht erfüllen. Aber im Vergleich sind sie an globalem Engagement für die Ziele und Werte, denen der UN-Sicherheitsrat gewidmet ist, dem Rest der Welt - und das meint auch und gerade Brasilien und Indien - immer noch meilenweit voraus. Von daher ist es nur legitim, dass sie ihre Mitspracherechte nicht durch weitere ständige Mitglieder verwässert sehen wollen, die erkennbar nur ihr eigenes Süppchen kochen wollen und den Sitz im Rat vor Allem beanspruchen, um ihre "rechtmäßigen" Hegemonialinteressen zu untermauern.

          • @Normalo:

            Mit Verlaub, aber ich finde, dass Ihre Sichtweise gut die Arroganz wiederspiegelt, die dem Westen Von vielen Demokratien den Südens vorgeworfen wird. Haben Sie wirklich das Gefühl, dass sich die jetzigen Mitglieder um wie Welt insgesamt kümmern? Oder ist es nicht eher so, dass Werte vor allen Dingen eine Rolle spielen, wenn sie nützlich sind?



            Brasilien z.B. kritisierte ja den Westen dafür, dass er kein ernsthaftes Interesse am Krieg in Äthiopien und Jemen hatte und z.B. sogar Saudi Arabien mit Waffen belieferte. Versuchen Sie doch Mal die westliche Perspektive zu verlassen!

        • @Alexander Schulz:

          "...die permanenten Sicherheitsmitglieder und Vetomächte vor allen auf den Westen..."



          Wusste gar nicht, dass Russland und China im Westen liegen. Wieder was gelernt.



          Die Mitglieder im Sicherheitsrat spiegeln primär die Machtverhältnisse bei der Gründung wieder und sind so gesehen tatsächlich in Teilen überholt. Aber das "westliche" am Sicherheitsrat so hervorzuheben, offenbart eine recht einseitige Fokussierung, finden Sie nicht?

          • @Encantado:

            Einseitige Fokussierung? Weder Lateinamerika, noch Afrika oder Asien (abgesehen von China) ist im Weltsicherheitsrat als ständiges Mitglied repräsentiert...ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber kann es sein, dass Sie gar kein Interesse haben sich mit den Fakten auseinanderzusetzen?

            • @Alexander Schulz:

              Schöner rhetorische Kniff, aber wie wärs mal - nur so zur Abwechslung - mit Fakten? Belegen Sie den "Frust" von Brasilien oder Indien, statt Gründe zu nennen, warum er berechtigt wäre.