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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++450.000 Kyjiwer Haushalte ohne Strom

Bürgermeister Vitali Klitschko zufolge sind derzeit Hundtertausende Haushalte in der ukrainischen Hauptstadt ohne Strom. Kyjiw beklagt „massenhafte Zwangsumsiedlungen“ aus den von Russland besetzten Gebieten.

Kiew im Dunkeln – Russland attackiert die Stromversorgung Foto: Andrew Kravchenko/ap/dpa

Notabschaltungen wegen Angriff auf Stromversorgung

Nach russischen Angriffen auf die Energieversorgung in der Ukraine hatten am Freitag allein in der Hauptstadt Kyjiw nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko 450.000 Haushalte keinen Strom. „Ich rufe alle Bewohner der Hauptstadt auf: spart so viel Strom wie möglich, denn die Lage ist weiterhin schwierig“, schrieb Klitschko auf Telegram. Der staatliche Netzbetreiber Ukrenerho teilte mit, dass es in Kiew zu weiteren Notabschaltungen der Stromversorgung kommen werde.

Präsident Wolodimir Selenskyi hatte Russland in seiner abendlichen Ansprache wegen der Angriffe auf die Stromversorgung „Energie-Terrorismus“ vorgeworfen. Im ganzen Land hätten etwa 4,5 Millionen Menschen keinen Strom. Dass Moskau auf solche Mittel zurückgreifen müsse, sei ein Zeichen von Schwäche, sagte Selenskyj. „Sie können die Ukraine nicht auf dem Schlachtfeld schlagen, deshalb versuchen sie, unsere Leute auf diesem Weg zu brechen.“ (ap)

G7 wollen Koordinierungsmechanismus für die kritische Infrastruktur in der Ukraine fördern

Die Außenminister der sieben führenden Industriestaaten (G7) wollen US-Regierungskreisen zufolge einen Koordinierungsmechanismus zur Reparatur der kritischen Infrastruktur in der Ukraine auf den Weg bringen. Angesichts der massiven russischen Luftangriffe etwa auf die ukrainische Energie- und Wasserversorgung werde dies ein Schwerpunkt der Arbeit der G7-Gruppe in den kommenden Tagen und Wochen sein, sagt ein Vertreter des US-Außenministeriums am Rande des G7-Außenministertreffens in Münster. Ziel sei die Wiederherstellung, Verteidigung und Reparatur der kritischen Energie- und Wasserinfrastruktur in Zusammenarbeit mit der Regierung in Kiew. (rtr)

Erdogan und Putin wollen bedürftigen Ländern gratis Getreide liefern

Moskau und Ankara planen türkischen Angaben zufolge Getreide kostenlos an bedürftige Länder zu liefern. „Bei meinem Gespräch mit Herrn Putin hat er gesagt: „Lasst uns dieses Getreide kostenlos nach Dschibuti, Somalia und in den Sudan schicken.“ Wir stimmten zu“, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Istanbul am Freitag. Details sollten beim G20-Gipfel in Bali besprochen werden. Ob der russische Präsident Wladimir Putin tatsächlich an dem Gipfel Mitte November teilnimmt, ist noch nicht klar.

Auch der Kreml hatte diese Woche mitgeteilt, Putin sei bereit, große Mengen an Getreide und Dünger unentgeltlich nach Afrika zu liefern. Russland ist, wie die Ukraine auch, großer Getreideexporteur. Das Land rechnet in diesem Jahr mit einer Ernte von 150 Millionen Tonnen Getreide – davon 100 Millionen Tonnen Weizen. Darin enthalten sind auch die Erträge des Ackerlandes, das sich Moskau durch die als völkerrechtswidrig eingestufte Annexion von vier Gebieten in der Ostukraine einverleibt hat.

Russische Exporte von Getreide und Düngemitteln unterliegen keinen Sanktionen der westlichen Länder. Trotzdem sind viele Transporteure, Versicherer und Geldgeber verunsichert und meiden derzeit diese Geschäfte. (dpa/rtr)

Xi Jinping warnt bei Gespräch mit Scholz vor atomaren Drohgebärden im Ukraine-Konflikt

Der chinesische Staatschef Xi Jinping hat bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz vor atomaren Drohgebärden im Konflikt in der Ukraine gewarnt und zu Friedensgesprächen aufgerufen. Die internationale Gemeinschaft müsse alle beteiligten Parteien zur Zurückhaltung auffordern, in direkten Kontakt treten und so rasch wie möglich die Bedingen für die Wiederaufnahme von Verhandlungen schaffen, wurde Xi am Freitag vom chinesischen Staatsfernsehen zitiert.

„Zum jetzigen Zeitpunkt ist die die Weltlage komplex und unbeständig“, sagte Xi demnach. Als einflussreiche Staaten müssten China und Deutschland in Zeiten von Wandel und Chaos zusammenarbeiten, um Frieden und Entwicklung zu fördern. Scholz sagte, er erwarte sich, dass Peking seinen Einfluss auf Moskau geltend mache. Er und Xi seien sich einig, dass atomare Drohungen nicht akzeptabel seien. Der Bundeskanzler betonte, er habe auch heikle Themen wie die Menschenrechtslage oder Taiwan angesprochen. (ap)

Russland testet neues Atom-U-Boot

Das russische Verteidigungsministerium hat nach eigenen Angaben ein neues Atom-U-Boot erfolgreich getestet. Die „Generalissimus Suworow“ habe eine mit Nuklearsprengköpfen bestückbare Interkontinentalrakete vom Typ Bulawa (Nato-Code: SS-N-32) aus dem Weißmeer an der Barentssee abgefeuert, teilte das Ministerium in Moskau am Donnerstag der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge mit. Der Flug der Rakete bis zum Einschlag auf einem Übungsgelände der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka sei normal verlaufen. Das U-Boot soll demnach in den Bestand der russischen Pazifikflotte eingegliedert werden. (dpa)

Ein Mann aus Cherson schaut aus dem Busfenster. Die russischen Behörden haben zur Evakuierung aufgefordert Foto: dpa

US-Außenminister – Ukraine kann Cherson zurückerobern

Die ukrainischen Streitkräfte können die strategisch wichtige Stadt Cherson im Süden des Landes zurückerobern. Dies sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Donnerstag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz im Pentagon. Die Rückeroberung Chersons wäre eine bedeutende Niederlage für die russischen Truppen. Von Russland eingesetzte Beamte in der Region Cherson hatten zuvor berichtet, Moskau werde seine Truppen wahrscheinlich vom Westufer des Flusses Dnipro abziehen. Die Ukraine teilte mit, ukrainische Soldaten kämpften immer noch in dem Gebiet. Der Abzug der russischen Besatzungstruppen könnte auch eine Falle sein. Die Hauptstadt der Region und der Flusshafen Cherson sind die einzigen großen Städte, die Russland seit Beginn seiner Invasion am 24. Februar unversehrt erobert hat. (rtr)

IAEA findet keine Hinweise auf „schmutzige Bomben“

Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde haben in der Ukraine keine Hinweise auf einen geplanten Bau von sogenannten schmutzigen Bomben gefunden. Die IAEA teilte am Donnerstag mit, die von der ukrainischen Regierung angeforderten Inspektionen hätten keine Anzeichen für nicht deklarierte atomare Aktivitäten und Materialien ergeben. Russische Regierungsvertreter hatten behauptet, die Ukraine plane den Einsatz von „schmutzigen Bomben“, Bomben aus konventionellem Sprengstoff und nuklearem Material.

Die Experten inspizierten nach Angaben der IAEA drei Anlagen in der Ukraine und erhielten ungehinderten Zugang zu den Standorten. Bereits zuvor erklärte die Behörde, die Standorte würden regelmäßig von Inspektoren besucht, deren Aufgabe es sei, nicht deklarierte nukleare Aktivitäten und Materialien im Zusammenhang mit der Entwicklung schmutziger Bomben aufzuspüren.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja erklärte in der vergangenen Woche in einem Schreiben an die Mitglieder des Weltsicherheitsrates, eine ukrainische Atomforschungsanlage und ein Bergbauunternehmen hätten direkte Befehle von der ukrainischen Regierung erhalten, eine „schmutzige Bombe“ zu entwickeln. Westliche Staaten wiesen die Angaben ab und bezeichneten sie als offensichtlich falsch. Die ukrainischen Behörden sahen in den russischen Behauptungen einen Versuch, von Moskaus eigenen Plänen zur Zündung einer sogenannten schmutzigen Bombe abzulenken. (ap)

Selenski: „Energieterror“ auszuhalten, ist nationale Aufgabe

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Bevölkerung angesichts der massiven russischen Angriffe auf die Energie-Infrastruktur des Landes zum Durchhalten aufgerufen. „Den russischen Energieterror auszuhalten, ist jetzt unsere nationale Aufgabe“, sagte Selenski in seiner abendlichen Videoansprache am Donnerstag. Er sprach von rund 4,5 Millionen Menschen, die insbesondere in Kiew und zehn weiteren Gebieten immer wieder von Notabschaltungen betroffen seien.

Dass Russland zuletzt verstärkt Heizkraftwerke und Stromanlagen attackiere, sei „ein Zeichen von Schwäche“, sagte Selenski. Die russische Armee könne auf dem Schlachtfeld keine Erfolge erzielen und versuche nun, die Ukrainer auf diesem Weg zu „brechen“. Dies werde aber nicht gelingen.

Der Präsident rief die Kommunen mit Nachdruck zum Stromsparen auf. „Jetzt ist definitiv nicht die Zeit für helle Vitrinen, Schilder, Werbung und andere ähnliche Beleuchtung.“ Zudem müssten die Versorger den Menschen erklären, wann und warum Bereiche abgeschaltet würden.

„Wenn jemand acht oder zehn Stunden keinen Strom hat und auf der anderen Straßenseite alles angeschlossen ist, einschließlich der Straßenbeleuchtung, ist das definitiv unfair“, sagte Selenski. (dpa)

Weitere Luftangriffe auf ukrainische Ziele

In den vergangenen 24 Stunden haben die russischen Streitkräfte drei Raketen- und 16 Luftangriffe auf ukrainische Ziele verübt, teilte das ukrainische Militär am Donnerstagabend mit. Des Weiteren sollen über 35 Städte an der Südfront unter Beschuss genommen worden sein. Zudem habe man mehr als 30 Drohnenaufklärungsflüge verzeichnet. Der Erklärung zufolge flog die Ukraine 12 Angriffe auf von Russland besetzte Gebiete und traf dabei auch vier russische Flugabwehrstellungen. Das ukrainische Außenministerium beschuldigte die russischen Behörden, in den Provinzen Cherson und Saporischschja sowie in Luhansk und Donezk derzeit massenhaft Anwohner auf das Gebiet der Krim oder in die Russische Föderation umzusiedeln. (rtr)

Ukraine verurteilt „massenhafte Zwangsumsiedlungen“

Die Ukraine hat „massenhafte Zwangsumsiedlungen“ ihrer Bürger aus den von Russland besetzten Gebieten im Osten und Süden des Landes beklagt. Das Außenministerium in Kiew erklärte am Donnerstag, die russische Besatzungsverwaltung habe damit begonnen, Bürger aus der Region Cherson auf die annektierte Halbinsel Krim oder nach Russland zu bringen. „Ähnliche Abschiebungen werden von Russland auch in den Regionen Saporischschja, Lugansk und Donezk sowie auf der Krim vorgenommen.“ Das Ministerium beklagte zudem „Plünderungen“ durch die russischen Soldaten in den betroffenen Regionen.

Die von Moskau eingesetzten Behörden in Cherson hatten am Dienstag weitere Evakuierungen angekündigt, nachdem in der vergangenen Woche bereits rund 70.000 Zivilisten die Region verlassen hatten. Der von Moskau eingesetzte Gouverneur von Cherson, Wladimir Saldo, begründete dies mit dem Risiko „massiver Raketenangriffe“ der vorrückenden ukrainischen Armee.

Die Ukraine wertete dies hingegen als „Deportation“ ihrer Bürger durch Russland. Moskau hatte die ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja im September annektiert. (afp)

4,5 Millionen Ukrainer ohne Strom

Rund 4,5 Millionen Ukrainer waren wegen russischer Angriffe zeitweise ohne Strom, teilt Präsident Wolodimir Selenski in einer Video-Ansprache mit. Betroffen seien Menschen in Kyjiw und zehn anderen Regionen gewesen. Er fordert örtliche Behörden auf, für eine Verringerung des Stromverbrauchs zu sorgen. Es sei jetzt nicht die Zeit für Leuchtreklamen oder angestrahlte Schaufenster-Auslagen. (rtr)

G7-Staaten unterstützen entschlossen der Ukraine

Die G7-Staaten haben der Ukraine angesichts der anhaltenden russischen Angriffe auf die Infrastruktur des Landes weitere Unterstützung im bevorstehenden Winter zugesichert. Der russische Präsident Wladimir Putin versuche, „die Menschen verhungern, verdursten und erfrieren zu lassen, indem er gezielt zivile Infrastruktur angreift“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Donnerstag zum Auftakt eines zweitägigen G7-Außenministertreffens in Münster. „Und genau das werden wir als G7-Partner mit allem, was wir haben, versuchen zu verhindern.“

Baerbock verwies dabei unter anderem auf die deutsche Lieferung von Generatoren, Heizgeräten, Pumpen, Wohn- und Sanitärcontainern, Decken und Zelten in die Ukraine. Die G7 würden ihre Hilfen koordinieren, andere Staaten würden sich anschließen. Baerbock betonte, die G7-Gruppe werde Putins „Strategie des Brechens der Ukraine“ nicht hinnehmen, auch nicht des „Brechens des internationalen Zusammenhalts“.

Neben US-Außenminister Antony Blinken reisten die Chefdiplomaten aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan und Kanada nach Münster. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nimmt an den Beratungen in der nordrhein-westfälischen Stadt teil.

„Sie bombardieren, sie zerstören die zivile Infrastruktur von Millionen Ukrainern, die keinen Zugang mehr zu Elektrizität haben“, sagte Borrell mit Blick auf die russische Armee. „Putin ist bereit, das Land in die Dunkelheit zu stürzen.“ Auch Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna warf Russland eine „systematische“ Zerstörung der zivilen Infrastruktur in der Ukraine vor. Angesichts der humanitären Krise sei es nötig, die Bemühungen der westlichen Partner noch enger zu koordinieren.

Deutschland hat in diesem Jahr die Präsidentschaft der Gruppe sieben großer Industriestaaten inne. Bei dem Außenministertreffen in Münster stehen neben Russlands Krieg gegen die Ukraine auch der Umgang mit China und die Lage im Iran auf der Agenda. (afp)

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