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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Berichte über neuen US-Vorschlag für Gaza-Waffenruhe

Ein neuer Vorschlag für eine 60-tägige Waffenruhe sorgt für Hoffnung: Demnach könnte die Hälfte der Geiseln freikommen und die UN wieder Hilfsgüter verteilen.

Weiterhin ein großes Problem im Gazastreifen: Die Verteilung von Hilfsgütern Foto: Hatem Khaled/reuters

Gibt es bald einen neuen Waffenruhe-Geisel-Deal?

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff hat nach israelischen Medienberichten einen neuen Vorschlag für eine 60-tägige Waffenruhe im Gaza-Krieg vorgelegt. Demnach sollten zehn im Gazastreifen festgehaltene Geiseln in zwei Schritten binnen einer Woche freigelassen werden, hieß es in mehreren Berichten. Zudem sollten die Leichen von 18 Verschleppten übergeben werden. Im Gegenzug sollten erneut palästinensische Häftlinge freikommen.

Den Berichten zufolge sollen während der zweimonatigen Waffenruhe Gespräche über ein Ende des Gaza-Kriegs geführt werden. Im Falle einer Einigung zwischen Israel und der islamistischen Hamas sollten die restlichen Geiseln und die sterblichen Überreste von Verschleppten übergeben werden.

Der Vorschlag sieht demnach ebenfalls vor, dass die Hilfslieferungen im Gazastreifen erneut von den Vereinten Nationen und den internationalen Hilfsorganisationen übernommen werden. Die israelische Armee soll sich wieder auf die Positionen vor Beginn der jüngsten Offensive im März zurückziehen, wie es weiter hieß.

Nach israelischen Angaben befinden sich derzeit noch mindestens 20 lebende Geiseln im Gazastreifen. Bei drei weiteren Entführten ist unklar, ob sie noch am Leben sind. Zudem befinden sich die sterblichen Überreste von 35 Verschleppten in dem abgeriegelten Gebiet mit unzähligen unterirdischen Tunnelanlagen. (dpa)

Israel genehmigt 22 neue Siedlungen im Westjordanland

Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotrich hat die Errichtung von 22 neuen Siedlungen im besetzten Westjordanland angekündigt. „Wir haben eine historische Entscheidung für die Entwicklung von Siedlungen getroffen: 22 neue Gemeinden in Judäa und Samaria“, erklärte er am Donnerstag im Onlinedienst X, wobei er die israelische Bezeichnung für das Westjordanland benutzte. Die Siedlungen gelten nach internationalem Recht als illegal. Durch den Schritt könnten sich die angespannten Beziehungen Israels zu Teilen der internationalen Gemeinschaft weiter verschärfen.

Einer Karte zufolge, die von der Likud-Partei von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu veröffentlicht wurde, sind die geplanten 22 Siedlungen im gesamten Westjordanland verteilt. Die Partei erklärte im Onlinedienst Telegram, das Vorhaben sei von Smotrich und Verteidigungsminister Israel Katz angeführt und vom Sicherheitskabinett genehmigt worden.

Israel hatte im Sechstagekrieg von 1967 die Kontrolle über das Westjordanland, Ostjerusalem und den Gazastreifen übernommen. Nach internationalem Recht ist die Errichtung israelischer Siedlungen in diesen palästinensischen Gebieten illegal. Trotz Protest aus dem Ausland hat Israel in den vergangenen Jahrzehnten dutzende Siedlungen im Westjordanland gebaut, wo nun mehr als 490.000 Israelis neben rund drei Millionen Palästinensern leben. (afp)

Tausende stürmen am Mittwoch Lagerhaus mit Nahrung

Im Gazastreifen haben tausende Palästinenser ein Lager des UN-Welternährungsprogramms (WFP) gestürmt. AFP-Reporter berichteten am Mittwochabend aus Deir al-Balah, wie die Menschen in das Lagerhaus einbrachen und Taschen und Kartons mit Lebensmittelvorräten mitnahmen. Gleichzeitig waren Schüsse zu hören.

„Erste Berichte deuten darauf hin, dass zwei Menschen gestorben sind und mehrere verletzt wurden bei dem tragischen Vorfall“, schrieb WFP im Onlinedienst X. „Humanitäre Bedürfnisse sind nach 80 Tagen vollständiger Blockade aller Lebensmittelhilfen und anderer Hilfsgüter für Gaza außer Kontrolle geraten“, erklärte WFP. Es forderte „dringend sicheren und ungehinderten humanitären Zugang, um sofort geordnete Lebensmittelausgaben“ im ganzen Gazastreifen zu ermöglichen.

Am Vortag waren mindestens 47 Menschen bei einer chaotischen Lebensmittelausgabe durch die neue, von den USA unterstützte Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) verletzt worden. Das israelische Militär betonte, dass Soldaten nicht auf Zivilisten geschossen hätten. (afp)

Hilfsgüter vor einer Kulisse der Zerstörung an der Grenze von Israel und Gaza Foto: Amir Cohen/reuters

Große Demonstration in Tel Aviv

Tausende Menschen haben in Tel Aviv für ein Ende des Gaza-Kriegs und die sofortige Freilassung der Geiseln demonstriert, die sich noch immer in der Gewalt der islamistischen Hamas im Gazastreifen befinden. Die Angehörigen erinnerten am Mittwoch daran, dass ihre Liebsten – 58 Geiseln, einige davon nicht mehr am Leben – nun seit 600 Tagen verschleppt sind.

Auf dem Platz der Geiseln im Zentrum der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv fanden sich am Abend zahlreiche Menschen ein und erinnerten an das Schicksal der Geiseln. Die Mutter der Geisel Alon Ohel sagte auf der Bühne an ihren Sohn in Gaza gerichtet: „Heute Abend zählen wir 600 Tage ohne dich. Und du zählst die Sekunden – es sind fast 52 Millionen Sekunden.“

Freigelassene Geiseln berichteten auch von ihren Erlebnissen. „In den Tunneln kannst du nicht wissen, ob ein Terrorist eines Morgens aufsteht und dich einfach erschießt oder ob der Tunnel, in dem du schläfst, durch eine Bombe gesprengt wird“, sagte Iair Horn, der im Februar freigekommen war und dessen Bruder Eitan noch immer von Extremisten im Gazastreifen festgehalten wird.

Vor der Kundgebung kam es auf dem Platz zu chaotischen Szenen zwischen Demonstranten und der Polizei. Vor dem Hauptsitz der Partei von Regierungschef Benjamin Netanjahu wurden einem Bericht der Nachrichtenseite Ynet etwa 20 Menschen festgenommen. Sie hatten das Parteigebäude zuvor besetzt und die Straßen davor blockiert. (dpa)

🐾 Wer stoppt die Katastrophe in Gaza?

Eine neue Offensive der israelischen Armee und die Lage der Bevölkerung haben zu einer veränderten politischen Rhetorik geführt. Hat das Konsequenzen? Das fragen sich die taz-Redakteure Ulrich Gutmair, Lisa Schneider und Stefan Reineke im Bundestalk, dem politischen Podcast der taz. Taz-Parlamentskorrespondentin Sabine am Orde moderiert.

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5 Kommentare

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  • Solange die Hamas darauf besteht, weiterhin in Gaza militärisch aktiv zu sein, wird das nichts mit einem Frieden.

  • Wieso sind denn die Lebensmittel in dem jetzt von Gazanern gestürmten Lager nicht verteilt worden? Und wer hat die Gazaner erschossen, die an der Stürmen beteiligt waren?

    • @Budzylein:

      Die Lebensmittel waren für die Verteilung durch das World Food Programme vorgesehen. Der gesamte Ablauf dauert eben eine Weile, um ein Chaos zu vermeiden. Geschossen haben vermutlich Sicherheitskräfte der Hamas, da es sich – auch wenn die Betroffenen kurz vor dem Verhungern stehen – um Plünderer handelt.

    • @Budzylein:

      Wir wissen ohnehin wenig über diese Vorgänge … sind die Todesopfer erschossen oder im allgemeinen Tumult gestürzt und zu Tode getrampelt worden?



      Und es ist auf dieser Basis auch unangebracht und zu früh, einseitige Schuldzuweisungen vorzunehmen.



      Ist den israelischen Medien Konkreteres zu den Vorgängen zu entnehmen, kann jemand etwas dazu sagen?



      Auf alle Fälle zeigen die Berichte die absolute humanitäre Katastrophe in Gaza, wen auch immer man dafür zur Verantwortung ziehen möchte … und im Namen der Menschlichkeit appelliere ich an BEIDE Seiten (auf die von hier aus Einfluss genommen werden kann) - Israel und die zuständigen UN-Institutionen -, endlich (!) zu kooperieren, damit die Hilfslieferungen auch bei den Notleidenden ankommen und solche fürchterlichen Szenen vermieden werden können.

    • @Budzylein:

      Berechtigte Fragen. War nicht der UN bzw dem WFP ihre Arbeit von der israelischen Regierung untersagt worden?