+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israel meldet Tod von Hamas-Chef

Der Militär-Chef der Hamas, Mohammed Deif, sei Mitte Juli getötet worden, bestätigt Israel. Boris Pistorius ruft Deutsche dazu auf, den Libanon zu verlassen.

Boris Pistorius hält eine Rede

Er empfiehlt Deutschen nun die Ausreise aus dem Libanon: Boris Pistorius in Hawaii im Juli 2024 Foto: Soeren Stache/dpa

Israel bestätigt Tod von Hamas-Militärchef Deif

Israel hat den Tod des Chefs des militärischen Flügels der Palästinenserorganisation Hamas, Mohammed Deif, bestätigt. Deif sei bereits am 13. Juli bei einem Angriff im Gazastreifen getötet worden, teilte das Militär am Donnerstag mit. Nachrichtendienste hätten dies jetzt bestätigt.

Bei diesem Angriff wurden mehr als 90 weitere Menschen getötet, darunter auch vertriebene Zivilisten in nahe gelegenen Zelten, wie die Gesundheitsbehörden im Gazastreifen damals mitteilten.

Deif gehörte in den 1990er Jahren zu den Gründern des militärischen Flügels der Hamas und leitete ihn jahrzehntelang. Unter seinem Kommando verübte die Hamas Dutzende Selbstmordattentate gegen Israelis in Bussen und Cafés und baute ein gewaltiges Raketenarsenal auf, dessen Geschosse auch tief in israelischem Gebiet einschlugen. (ap)

Pistorius ruft Deutsche zur Ausreise aus dem Libanon auf

Angesichts der sich weiter verschärfenden Lage im Nahen Osten mahnt Verteidigungsminister Boris Pistorius Deutsche im Libanon, es nicht auf eine Evakuierung ankommen zu lassen. „Wichtig ist, dass jetzt alle, die im Libanon sind, die deutschen Staatsangehörigen, jetzt die Zeit nutzen, um dort auszureisen, um erstens sich nicht zu gefährden, aber auch nicht andere, die dann womöglich losfliegen müssen, um deutsche Staatsangehörige rauszuholen. Da hat jeder auch eine Verantwortung“, sagte Pistorius dem Deutschlandfunk.

Der SPD-Politiker versicherte, dass Evakuierungen schnell auf den Weg gebracht werden könnten, sollten sie nötig werden. Das Verteidigungsministerium beurteile mit dem Auswärtigen Amt und internationalen Partnern die Lage regelmäßig. „Wenn sich abzeichnet, dass das Risiko zu groß wird oder es schnell gehandelt werden muss, dann können wir innerhalb von zwei Tagen sofort handlungsfähig sein und Evakuierungen herbeiführen“, sagte Pistorius, der sich derzeit in Honolulu im US-Bundesstaat Hawaii aufhält.

Die ohnehin großen Spannungen im Nahen Osten haben sich weiter verstärkt, seit Israel am Dienstagabend einen Hisbollah-Kommandeur in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet hatte. Wenige Stunden später wurde der Auslandschef der islamistischen Hamas, Ismael Hanijeh, bei einem Angriff in der iranischen Hauptstadt Teheran getötet. Der Iran und die Hamas beschuldigen Israel für die Tötung Hanijehs und drohten mit Vergeltung. (dpa)

Tausende bei Trauerzeremonie für Hanijeh in Teheran

In der iranischen Hauptstadt Teheran nehmen Tausende Menschen an der staatlich-organisierten Trauerzeremonie für den getöteten politischen Anführer der islamistischen Hamas, Ismael Hanijeh, teil. Anwesend war auch die gesamte politische Elite des Irans, unter anderem der oberste Führer Ajatollah Chamenei und der neue Präsident Massud Peseschkian. Vor Hanijehs Sarg hielt Chamenei ein Totengebet.

Mit Rufen wie „Tod Israel“ und „Tod Amerika“ bekundete die Menge ihre Unterstützung für Hanijeh und die Hamas im Gazastreifen sowie ihren Widerstand gegen Israel. Die iranische Regierung hatte nach der gezielten Tötung des hohen Hamas-Führers in Teheran eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Bestattet wird Hanijeh am Freitag in seiner Wahlheimat Katar.

Hanijeh befand sich am Dienstag zu einem Besuch in Teheran, um der Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten Peseschkian beizuwohnen. Was genau zu seinem Tod führte, ist immer noch unklar. Experten sprechen von entweder einem Luft- oder einem Raketenangriff. Ort des Anschlags war eine „spezielle Residenz“ in Nordteheran – angeblich im Palast des ehemaligen persischen Schahs –, die normalerweise immer streng bewacht ist.

Gleichzeitig mit der Hamas hat auch der Iran mit einem zeitnahen Vergeltungsakt gegen Israel gedroht. Chamenei und Präsident Peseschkian bezeichneten eine Strafaktion als das legitime Recht des Landes, da der Anschlag auf iranischem Boden verübt worden war. In einem Krisentreffen hat der iranische Sicherheitsrat diesbezüglich auch verschiedene Szenarien überprüft. Details dazu wurden bisher nicht bekanntgegeben.

Der Anschlag kam für den Iran zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Nur acht Stunden vorher wurde der als moderate geltende Peseschkian als neuer iranischer Präsident vereidigt. In seiner Rede sprach er von einer neuen Ära, in der er auch einen konstruktiven Dialog mit dem Westen führen wolle. Ob dieser Dialog auch nach einem eventuellen Vergeltungsangriff auf Israel möglich ist, halten Beobachter für unwahrscheinlich.

Der Iran steckt zudem in einer langjährigen Wirtschaftskrise. Peseschkian hatte vor seiner Wahl versprochen, mit außenpolitischen Reformen die desolate Wirtschaft wieder anzukurbeln. Was er nach Einschätzung von Beobachtern dabei definitiv nicht brauchen kann, ist ein Militärkonflikt mit Erzfeind Israel, der das islamische Land erneut in eine internationale Isolierung stürzen könnte.

Chamenei betet am Sarg von ermordetem Hamas-Führer

Der Oberste iranische Führer Ajatollah Ali Chameni und führende Vertreter palästinensischer Milizen haben dem in Teheran getöteten Hamas-Chef Ismael Hanijeh die letzte Ehre erwiesen. Chamenei betete am Donnerstag am Sarg Hanijehs, neben ihm stand Präsident Massud Peseschkian. Das Staatsfernsehen zeigte später, wie die Särge auf einen Lastwagen verladen und zum Asadi-Platz in Teheran gefahren wurden. Menschen warfen Blumen auf sie. (ap)

Indonesien findet Tötung von Hamas-Anführer Hanijeh inakzeptabel

Indonesiens Präsident Joko Widodo verurteilt die Israel zugeschriebene gezielte Tötung des Hamas-Anführers Ismael Hanijeh in Teheran. „Das war Gewalt, ein Mord, der nicht hinzunehmen ist, und er fand auf dem souveränen Territorium des Irans statt“, sagt Widodo. Indonesien in Südostasien mit seinen rund 280 Millionen Menschen ist weltweit das Land mit der größten Anzahl an Muslimen. Zudem unterhält der Inselstaat gute Beziehungen zu Russland und hofft auf eine stärkere Zusammenarbeit in Verteidigung und Energie. (rtr)

Besorgnis im UN-Sicherheitsrat über mögliche Eskalation im Nahen Osten

Zahlreiche Mitglieder des UN-Sicherheitsrates haben sich nach der Israel zugeschriebenen Tötung des Hamas-Politbüro-Chefs Ismael Hanijeh in Teheran besorgt über eine mögliche Eskalation im Nahen Osten gezeigt. Mehrere Mitglieder verurteilten die Tötung von Hanijeh am Mittwoch direkt, darunter China, Russland und Algerien. Der iranische Botschafter Amir Saeid Iravani forderte, der Sicherheitsrat müsse unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um Israel „für diesen Akt der Aggression zur Verantwortung zu ziehen“. Der algerische UN-Botschafter warf Israel, die Friedensbemühungen im Nahen Osten zu sabotieren.

Die meisten Länder im Sicherheitsrat äußerten ihre Besorgnis über eine Eskalation des Konflikts in der Region, in der Israel und die Hamas bereits im Krieg sind. Die stellvertretende französische Botschafterin Nathalie Broadhurst rief zu „größter Verantwortung und größter Zurückhaltung auf, um einen regionalen Flächenbrand zu vermeiden“.

Der stellvertretende US-Botschafter Robert Wood sagte, es sei besser, nicht über die Auswirkungen der jüngsten Ereignisse zu spekulieren. Ein größerer Krieg stehe weder unmittelbar bevor, noch sei er unvermeidlich. Sein israelischer Kollege Jonathan Miller sagte, „wir werden weiterhin handeln, um das gesamte israelische Volk zu verteidigen“. Die Hisbollah, die Hamas und die Huthi-Miliz seien nur dank des „Kopfes der Schlange“ in der Lage „Gift zu spucken“, fuhr er mit Blick auf die Unterstützung des Iran für die Gruppierungen fort.

Kurz vor der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates hatte UN-Generalsekretär António Guterres über seinen Sprecher erklären lassen, die Angriffe im Iran und im Libanon seien eine „gefährliche Eskalation“. (afp)

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