+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Sorge vor neuem Krieg im Libanon
Israel warnt vor einer Eskalation des Konflikts mit der Hisbollah-Miliz. Derweil sorgt Regierungschef Netanjahu beim US-Verbündeten für Verärgerung.
Drohende Offensive im Libanon
Israels Militär hat Pläne für eine Offensive im Libanon abgesegnet und damit Sorgen vor einer Eskalation des Konflikts mit der proiranischen Hisbollah-Miliz geschürt. Ranghohe Kommandeure hätten bei einer Lagebeurteilung „operative Pläne für eine Offensive im Libanon“ genehmigt, teilte das Militär am Dienstagabend mit. Die Bereitschaft der Truppen werde weiter erhöht.
Darauf angesprochen, sagte der Sprecher des Pentagons in Washington, Pat Ryder: „Ich werde mich nicht in Hypothesen ergehen oder darüber spekulieren, was passieren könnte, sondern nur sagen, dass niemand einen größeren regionalen Krieg will.“ Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte vor dem Hintergrund des Kriegs im Gazastreifen zwischen Israel und der mit der Hisbollah-Miliz verbündeten islamistischen Hamas: „Wir wollen keine Eskalation. Wir wollen keine zweite Front sehen.“
Israels Außenminister droht mit Eskalation
Israels Außenminister Israel Katz drohte am Dienstagabend auf der Plattform X: „In einem umfassenden Krieg wird die Hisbollah zerstört und der Libanon schwer getroffen.“ Weiter schrieb Katz: „Wir stehen kurz vor dem Moment der Entscheidung, die Regeln gegen die Hisbollah und den Libanon zu ändern.“ Zuvor hatte die Hisbollah Luftaufnahmen nach eigener Darstellung aus Nordisrael veröffentlicht. Die Bilder sollen etwa den Hafen von Haifa und andere wichtige strategische Orte in der Gegend zeigen und von einer Drohne aufgenommen worden sein. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah prahle damit, die Häfen von Haifa gefilmt zu haben, und drohe, sie anzugreifen, schrieb Israels Außenminister weiter.
Seit Beginn des Gazakriegs vor mehr als acht Monaten kommt es täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Hisbollah-Miliz im Grenzgebiet zwischen beiden Ländern. Auf beiden Seiten gab es dabei Tote. Israel will durch militärischen und diplomatischen Druck erreichen, dass sich die Hisbollah wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es eine UN-Resolution von 2006 vorsieht. Die Schiitenmiliz gilt als deutlich schlagkräftiger als die Hamas in Gaza.
Der US-Gesandte Amos Hochstein führte am Dienstag Gespräche im Libanon, um eine Waffenruhe zu erreichen. Nach libanesischen Informationen wollte Hochstein der libanesischen Regierung dabei eine scharfe Warnung der israelischen Seite übermitteln. (dpa)
US-Streitkräfte zerstören acht Drohnen der Huthi-Miliz
US-Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge in den vergangenen 24 Stunden acht Drohnen der Huthi-Miliz im Jemen zerstört. Zudem hätten Verbündete der USA eine Drohne der Huthis über dem Golf von Aden zerstört, erklärte das für den Nahen Osten zuständige US-Zentralkommando Centcom am Dienstag. Es seien keine Schäden oder Verletzte von Schiffen der USA und ihren Verbündeten oder Handelsschiffen gemeldet worden, hieß es weiter.
Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen, die große Teile der Küste des Jemen am Roten Meer kontrollieren, greifen seit November Schiffe im Roten Meer und im Golf von Aden an. Mit den Angriffen auf Frachter, die angeblich israelische Häfen ansteuern, wollen sie nach eigenen Angaben die Palästinenser im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen unterstützen.
Als Reaktion auf die Huthi-Attacken auf Frachtschiffe auf der wichtigen Handelsroute im Roten Meer hatten die USA und Großbritannien in den vergangenen Monaten Stellungen der Miliz im Jemen angegriffen. Zudem versuchen Kriegsschiffe zweier internationaler Koalitionen den Schiffsverkehr entlang der jemenitischen Küste zu sichern. Auch die Bundeswehr war zeitweise mit der Fregatte „Hessen“ als Teil der EU-Marinemission „Aspides“ vor Ort. Ab August soll die Fregatte „Hamburg“ an der Mission teilnehmen. (afp)
Weiteres Schiff nach Huthi-Angriff im Roten Meer gesunken
Ein Massengutfrachter ist Tage nach einem Angriff der jemenitischen Huthi-Rebellen im Roten Meer gesunken. Die unter liberianischer Flagge fahrende und in griechischem Besitz befindliche „Tutor“ sei vermutlich untergegangen, teilte die Seehandelsaufsicht der britischen Marine (UKMTO) am Mittwoch in einer Warnung an Seeleute in der Region mit. „Die Militärbehörden melden, dass an der zuletzt gemeldeten Stelle Schiffstrümmer und Öl gesichtet wurden“, hieß es. „Es wird angenommen, dass das Schiff gesunken ist.“
Die „Tutor“ war vor gut einer Woche von einem mit Bomben bestückten Huthi-Drohnenboot südwestlich der von den Rebellen kontrollierten Hafenstadt Hudaida angegriffen worden. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, hatte am Montag gesagt, bei dem Angriff sei „ein philippinisches Besatzungsmitglied“ getötet worden. Die Philippinen haben dies noch nicht bestätigt, aber ein Mann, der sich an Bord der „Tutor“ befand, wird seit mehr als einer Woche im Roten Meer vermisst.
Die Huthi haben seit November wiederholt Handelsschiffe im Roten Meer und im Golf von Aden angegriffen und dies mit dem israelischen Vorgehen im Gazastreifen begründet. Seit November haben die Huthi nach Angaben der U.S. Maritime Administration mehr als 50 Angriffe auf Schiffe verübt. Neben dem Philippiner wurden drei weitere Seeleute getötet. Ein Schiff haben die Huthi beschlagnahmt und neben der „Tutor“ ein weiteres versenkt. Eine Koalition unter Führung der USA reagiert seit Januar mit Gegenangriffen auf die Miliz. (ap)
Netanjahu geht US-Regierung wegen Waffenlieferung an
Unterdessen ging Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu die US-Regierung in einem Video wegen einer zurückgehaltenen Waffenlieferung mit harschen Worten an und sorgte damit für Irritation beim wichtigsten Verbündeten. Er habe US-Außenminister Antony Blinken kürzlich in Israel gesagt, es sei „unbegreiflich, dass die Regierung Israel in den vergangenen Monaten Waffen und Munition vorenthalten hat“, sagte Netanjahu in einer am Dienstag veröffentlichten Videoansprache. „Außenminister Blinken hat mir versichert, dass die Regierung Tag und Nacht daran arbeite, diese Engpässe zu beseitigen. Ich hoffe wirklich, dass dies der Fall ist.“
Blinken wies die Kritik entschieden zurück. Die USA hätten sich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Israel über das verfüge, was es brauche, um sich gegen eine Vielzahl von Bedrohungen zu verteidigen, sagte er auf Nachfrage in Washington. Daran halte man fest. Es gebe einen Fall, den US-Präsident Joe Biden öffentlich gemacht habe, nämlich die Lieferung von 2.000-Pfund-Bomben, die weiterhin überprüft werde, weil die US-Regierung Bedenken habe, dass die Bomben in einem dicht besiedelten Gebiet wie Rafah im Süden Gazas eingesetzt werden könnten. „Aber alles andere geht seinen gewohnten Gang“, sagte Blinken. Eine Sprecherin des Weißen Hauses sagte auf Nachfrage, es gebe nur diese eine zurückgehaltene Lieferung. (dpa)
Washington sagt Treffen mit Israelis ab
Nach der harschen Kritik von Netanjahu in dem Video habe das Weiße Haus ein eigentlich für Donnerstag in Washington geplantes Treffen mit ranghohen Vertretern Israels wieder abgesagt, schrieb der gut vernetzte israelische Journalist Barak Ravid in der Nacht zum Mittwoch auf X. Zuvor hatten die Bild-Zeitung und andere Medien berichtet, Blinken habe Netanjahu signalisiert, in den kommenden Tagen die Beschränkung der Waffenlieferung aufzuheben. Es werde einfacher sein, die zurückgehaltene Lieferung freizugeben, sobald Israels Militär den Einsatz in Rafah beende, zitierte das US-Nachrichtenportal Axios US-Beamte. Israels Armee hat ihre Kriegsziele in Rafah nach eigenen Angaben bald erreicht.
Die Hälfte der Kampfverbände der Hamas in Rafah sei zerschlagen, hieß es am Montag. 60 bis 70 Prozent des Territoriums der Stadt befänden sich unter „operativer Kontrolle“ der israelischen Truppen. Die Anfang Mai begonnene Offensive war stark umstritten, weil sich damals mehr als eine Million Palästinenser in Rafah aufhielten. Inzwischen sind fast alle in ein westlich gelegenes Gebiet geflüchtet, wo sie aber nur schwierig versorgt werden können. (dpa)
Erneut Massenproteste in Israel gegen Netanjahu-Regierung
Unterdessen kam es in Israel am Dienstagabend erneut zu Massenprotesten gegen die Regierung Netanjahu. In der Nähe des Parlamentsgebäudes in Jerusalem forderten die Demonstranten Neuwahlen, wie mehrere israelische Medien berichteten.
Viele Israelis werfen Netanjahu vor, sich den Forderungen seiner extremistischen Koalitionspartner zu beugen und deshalb auch einen Deal zur Freilassung der von der Hamas im Gazastreifen weiter festgehaltenen Geiseln zu hintertreiben. Einige von Netanjahus Ministern sind gegen ein Abkommen mit der Islamistenorganisation, da es auch eine Waffenruhe sowie die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen vorsehen würde. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers