+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Kaum noch Zufluchtsorte in Gaza
Ein zweiter Grenzübergang nach Ägypten soll mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen ermöglichen. Die Häuserkämpfe in Chan Yunis gehen weiter.
Baerbock: „Weniger zivile Opfer“
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat Israel kritisiert und eine sanftere Gangart beim Kampf im Gaza-Streifen eingefordert. „Wir erwarten, dass Israel sein militärisches Vorgehen anpasst, um ziviles Leid zu lindern“, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag auf der Klimakonferenz in Dubai. Israel müsse „mehr humanitäre Hilfe“ im Gaza-Streifen zulassen, „militärisch gezielter“ vorangehen und „weniger zivile Opfer in Kauf“ nehmen. Niemanden könne es „kalt lassen, wenn tausende Kinder ums Leben kommen oder oder mutterseelenallein überleben“, betonte Baerbock. Israels Kampf gelte „der Hamas, nicht den unschuldigen Palästinensern“. Dem Konflikt seien „schon zu viele Zivilisten in Gaza zum Opfer gefallen. „ (taz/Susanne Schwarz)
Kaum noch Zufluchtsorte im Gazastreifen
Israels Bodenoffensive im Gazastreifen lässt den Hunderttausenden von palästinensischen Zivilisten kaum noch sichere Zufluchtsorte. In Rafah an der Grenze zu Ägypten suchten so viele Menschen Schutz vor den Kämpfen, dass die Stadt inzwischen weder Lebensmittel noch Strom und auch kein ausreichendes Trinkwasser mehr für sie habe, berichtete ein Reporter der britischen BBC in der Nacht zum Freitag. (dpa)
Hoffnung auf zweiten Grenzübergang nach Ägypten
Angesichts der wachsenden Kritik an den stockenden Hilfslieferungen nach Gaza und auf den Druck der USA hin hat sich Israel nun bereit erklärt, am Grenzübergang Kerem Schalom eine zweite Kontrollstelle für Lastwagen mit Hilfsgütern zu nutzen.
Damit werde Israel in den kommenden Tagen beginnen, meldete die Times of Israel unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter. Dies solle die Einfuhr einer größeren Anzahl an Lastwagen erleichtern, hieß es unter Berufung auf die zuständige israelische Cogat-Behörde. Kerem Schalom liegt viel näher an Rafah als der kleinere Übergang Nitzana, wo Israel bislang den Inhalt der Hilfstransporte inspiziert, bevor sie nach Rafah geschickt werden. Seit Kriegsbeginn gehen die Lieferungen ausschließlich über Rafah.
Wie der Palästinensische Rote Halbmond auf X mitteilte, fuhren am Donnerstag 69 Lastwagen mit Hilfsgütern über Rafah in den Gazastreifen. Die Laster seien mit lebenswichtigen Vorräten beladen gewesen. Vor dem Krieg fuhren 500 Lkw pro Tag in das Gebiet. Hilfsorganisationen beklagen, dass der Transport von Lastwagen mit Hilfsgütern nach Nitzana und zurück zu weiteren Verzögerungen bei der Versorgung der Zivilisten geführt habe, was Israel aber bestreitet.
Israel fürchtet, dass in den Lkw auch Waffen nach Gaza geschafft werden könnten, und inspiziert sie deshalb. Geht es nach den USA, soll Israel den Übergang Kerem Schalom auch wieder ganz für die Ein- und Ausfuhr von Hilfstransporten öffnen, wie die Times of Israel weiter berichtete. Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sieht dafür Chancen, wie er am Donnerstag in Genf sagte. Noch warte das UN-Nothilfebüro (OCHA) auf grünes Licht, aber es plane nun Konvois aus Jordanien mit Hilfsgütern, die über Kerem Schalom fahren sollen.
Kerem Schalom war der Grenzübergang, über den vor dem Terrorangriff der islamistischen Hamas und anderer Gruppen auf Israel am 7. Oktober die meisten Hilfsgüter nach Gaza gelangten. Die Nutzung von Kerem Schalom mache die Versorgung der Menschen in Not etwas einfacher, so Griffith. Aber nur ein Ende der israelischen Angriffe und eine Waffenruhe könnten die nötige Hilfe für die Menschen gewährleisten. (dpa)
USA richten erneut Mahnung an Israel
US-Außenminister Antony Blinken rief Israel erneut auf, mehr für den Schutz von Zivilisten in dem Küstenstreifen zu tun. Israels Führung habe zwar wichtige zusätzliche Schritte in diese Richtung unternommen, so Blinken am Donnerstag (Ortszeit). Es gebe aber nach wie vor eine Lücke zwischen dem, was er bei seinem jüngsten Besuch in Tel Aviv angeregt habe und was an Ergebnissen zu beobachten sei.
Es gehe zum Beispiel nicht nur darum, Sicherheitszonen einzurichten, sondern sie auch so zu kommunizieren, dass die Menschen tatsächlich wüssten, wohin, wann und auf welchem Weg sie flüchten könnten. Zudem müsse es in solchen Sicherheitszonen Essen, Wasser und Medikamente für die geflüchteten Menschen geben. Im Gazastreifen herrschten „unvorstellbare Verluste, Zerstörung und Elend“, schrieb auf X Cindy McCain, Leiterin des Welternährungsprogramms. Jeder leide Hunger. (dpa)
Israel: Hamas feuert aus Sicherheitszonen
Israels Militär erklärte unterdessen, dass die Hamas aus solchen „humanitären Sicherheitszonen“ heraus Raketen auf Israel abgeschossen habe. Israelische Medien veröffentlichten am Donnerstag derweil Bilder von Dutzenden im Gazastreifen festgenommenen Palästinensern in Unterhosen. Die Identität der Männer war zunächst unklar. Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari sagte, die Viertel Dschabalia und Schedschaija im Norden des Küstenstreifens seien „Hochburgen von Terroristen und wir kämpfen gegen sie“.
Wer in diesen Gebieten verblieben sei, aus Tunnelschächten oder aus Gebäuden komme, werde untersucht, um zu klären, „wer Verbindungen zur Hamas hat und wer nicht“. Man nehme alle fest und verhöre sie, erklärte Hagari. Derweil gehen auch in der südlichen Stadt Chan Yunis, die als Hochburg der Hamas gilt, die Häuserkämpfe weiter.
Die Zahl der in dem von Israel abgeriegelten Küstengebiet getöteten Palästinenser ist seit Kriegsbeginn laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde auf 17.177 gestiegen. Die Zahl lässt sich gegenwärtig nicht prüfen, die UN und andere Beobachter weisen aber darauf hin, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten. (dpa)
UN-Sicherheitsrat tagt zu Gaza
Nach dem Drängen von UN-Generalsekretär António Guterres will sich der Weltsicherheitsrat erneut mit der Situation im Gazastreifen befassen. Die Sitzung sei für 16.00 Uhr MEZ angesetzt. Die Vereinigten Arabischen Emirate legten einen neuen Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einem Waffenstillstand vor. Ähnliche Vorstöße waren bislang am Veto der USA gescheitert. (dpa)
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