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+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++Trump droht Hamas wegen ausgesetzter Geisel-Freilassung

Die Hamas will vorerst keine Geiseln mehr freilassen, der US-Präsident setzt ihr ein Ultimatum. Derweil wächst der Druck auf Ägypten und Jordanien.

Ex-Geisel Or Levy, durchs Helikopterfenster zu sehen links neben seinem Bruder, könnte einer der letzten Freigelassenen sein Foto: Nir Elias/reuters

Freilassung bis Samstag, 12 Uhr

Nach dem Stopp der Geisel-Freilassungen durch die Hamas hat US-Präsident Donald Trump den Islamisten ein Ultimatum gesetzt. Er sprach sich dafür aus, die zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation ausgehandelte Waffenruhe aufzukündigen, falls nicht alle verbliebenen Geiseln bis Samstagmittag um 12 Uhr frei sein sollten. Ansonsten „bricht die Hölle los“, drohte Trump in Washington.

Die Hamas hatte die für kommenden Samstag vorgesehene nächste Freilassung israelischer Geiseln auf unbestimmte Zeit verschoben. Zur Begründung teilte Hamas-Sprecher Abu Obeida mit, Israel halte sich nicht an die Vereinbarung zur Waffenruhe. Die ohnehin fragile Waffenruhe im Gazastreifen scheint nun noch akuter gefährdet. Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz versetzte die noch im Gazastreifen stationierten Truppen des Landes in höchste Alarmbereitschaft.

Welche konkreten Konsequenzen die Hamas von US-Seite zu befürchten hätte, ließ Trump offen. „Die Hamas wird herausfinden, was ich meine“, antwortete er auf Nachfrage von Reportern im Weißen Haus. „Das sind kranke Leute.“ Die Entscheidung liege aber letztlich bei Israel. „Ich spreche nur für mich“, sagte der Republikaner. Israel könne sich darüber hinwegsetzen. Er gehe nicht davon aus, dass die Islamisten der Forderung folgen werden, sagte Trump weiter – zumal fraglich sei, wie viele der Menschen in ihrer Gewalt noch am Leben seien. „Ich glaube, viele der Geiseln sind tot“, sagte der 78-Jährige. Es handele sich um eine „große menschliche Tragödie“. Die zuletzt freigelassenen Geiseln hätten ihn wegen ihrer schlechten Verfassung an Holocaust-Überlebende erinnert, sagte Trump. (dpa)

Guterres fordert Hamas zu weiteren Geiselfreilassungen auf

UN-Generalsekretär Antonio Guterres fordert die Hamas auf, weitere Geiseln wie vereinbart am Samstag freizulassen. „Wir müssen ein Wiederaufflammen der Feindseligkeiten im Gazastreifen, die zu einer unermesslichen Tragödie führen würden, um jeden Preis verhindern“, teilt Guterres mit. Beide Seiten müssten ihren Verpflichtungen aus der Vereinbarung für die Waffenruhe nachkommen. Die Verhandlungen in Doha für die zweite Phase müssten wieder aufgenommen werden.

Außerdem hat die Hamas hat US-Präsident Donald Trump aufgefordert, Drohungen zu unterlassen. Es gebe eine Vereinbarung, die von beiden Seiten erfüllt werden müsse, sagt der hochrangige Vertreter der Palästinenserorganisation Sami Abu Suhri zu Reuters. (rtr)

Trump setzt auf Druck auf Jordanien und Ägypten

Zudem drohte Donald Trump Jordanien und Ägypten, zwei wichtigen US-Verbündeten im Nahen Osten, mit finanziellen Konsequenzen, falls sie sich seinen Gaza-Plänen widersetzen sollten. Denen zufolge würden rund zwei Millionen Bewohner des Gebiets dauerhaft in arabische Staaten der Region umgesiedelt und der zerstörte Küstenstreifen unter Kontrolle der USA in eine wirtschaftlich florierende „Riviera des Nahen Ostens“ verwandelt.

Israels Nachbarn Ägypten und Jordanien lehnen die Unterbringung von Palästinensern aus dem Gazastreifen in ihrem Land aber vehement ab. Trump sprach deshalb darüber, sie nötigenfalls mit finanziellem Druck gefügig machen. Auf die Frage einer Journalistin, ob er Hilfszahlungen an die beiden Länder einfrieren würde, falls sie sich diesem Ansinnen verweigern sollten, antwortete Trump: „Warum nicht?“ Wenn sie nicht zustimmen, würde er Zahlungen möglicherweise zurückhalten.

Beide Staaten gehören zu den engsten Verbündeten der USA in der Region. Jordanien erhielt offiziellen Angaben zufolge im vergangenen Jahr rund 1,3 Milliarden US-Dollar aus Washington, Ägypten knapp 215 Millionen Dollar. Jordaniens König Abdullah II. wird am Dienstag zu einem Treffen mit Trump im Weißen Haus erwartet. Ägyptens Außenminister Badr Abdellaty erteilte der Umsiedlung von Palästinensern bei einem Besuch in Washington eine klare Absage. (dpa)

Autonomiebehörde will „Pay to slay“-Zahlungen stoppen

Die Palästinensische Autonomiebehörde hat angekündigt, ihre Zahlungen an Familien von Terroristen, die entweder in Israels Gefängnissen sitzen oder bei ihren Angriffen getötet wurden, einzustellen. In Israel wurden die viel kritisierten Zahlungen oft als „pay to slay“ – für Töten bezahlt werden – bezeichnet. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas habe ein Dekret erlassen, um entsprechende Artikel in den Gesetzen aufzuheben, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa am späteren Montag.

Die Familien sollen Wafa zufolge weiterhin Anspruch auf finanzielle Leistungen im Rahmen des Sozialsystems haben – nach Kriterien, die für alle gelten. Die Einzelheiten zur Umsetzung des Dekrets waren zunächst jedoch unklar. Laut Wafa sollen die Programme zur Unterstützung von Gefangenen-Familien auf eine unabhängige Stiftung, das Palestinian National Economic Development Institute, übertragen werden.

Israel kritisiert den Schritt als Täuschung. „Dies ist ein neuer Betrug der Palästinensischen Autonomiebehörde, die beabsichtigt, die Zahlungen an Terroristen und ihre Familien über andere Kanäle fortzusetzen“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums.

Die Palästinensische Autonomiebehörde hatte zuvor erklärt, die „pay to slay“-Gelder dienten zur Unterstützung von Familien, die Einkommensverluste erlitten hätten und denen die Beschlagnahme oder Zerstörung ihres Eigentums durch israelische Behörden drohe. Um den internationalen Druck zu umgehen, hatte die Autonomiebehörde das System bereits mehrfach geändert und nach verdeckten Möglichkeiten gesucht, um es aufrechtzuerhalten. (dpa/taz)

🐾 Razzia in Jerusalemer Buchhandlung

Die israelische Polizei nimmt zwei palästinensische Besitzer fest. Stein des Anstoßes: Ein Malbuch mit dem Slogan „From the river to the sea“, berichtet taz-Korrespondent Felix Wellisch aus Jerusalem.

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16 Kommentare

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  • Was kommt als nächsts? Trump löst per Dekret die Verpflichtung zu Papierstrohalmen auf, weil ihm Plastikstrohhalme viel besser im Mund liegen?

  • Wo enden Trumps Befugnisse? Man gewinnt den Eindruck, dass er außerhalb jeder Kontrolle handelt und seine Befugnisse grenzenlos sind. Kürzlich noch eine Lawine von Strafzöllen gegen die halbe Welt, dann eine Executive Order wider die Verwendung von Papierstrohhalmen, dann wüste Drohungen gegen Verbündete und Nachbarn und nun die kreuzzüglerische Vertreibung ganzer Völker aus ihrer angestammten Heimat, aus persönlichen Profitstreben und dem des eigenen Clans. Wann setzten die verblieben US-Institutionen, die noch nicht gleichgeschalteten Teile der Justiz, diesem Treiben ein Ende ? Und fühlt sich eigentlich das Militär an die expansionistischen Weisungen dieses Präsidenten gebunden?

  • "Zudem drohte Donald Trump Jordanien und Ägypten, zwei wichtigen US-Verbündeten im Nahen Osten, mit finanziellen Konsequenzen, falls sie sich seinen Gaza-Plänen widersetzen sollten."

    Ich gehe davon aus, dass die Staaten Jordanien und Ägypten sicherlich gerne helfen wollen, wie viele andere auch, sehe aber die Gefahr, dass beide Länder von der gazanischen Bevölkerung unter Umständen erheblich destabilisert werden. In Ägypten wäre der Zusammenschluss mit der Muslimbruderschaft naheliegend, was sicherlich zu Problemen führt, in Jordanien haben sie ja bereits einmal einen Bürgerkrieg geführt.

    Wenn die gazanischen BürgerInnEN nicht mehr in Gaza leben können/wollen, würden sie sich vielleicht eher über einen Wohnsitz in den USA und Europa freuen. Sie haben dort (auch) Freunde und Verwandte und beide Kontinente sind Sehnsuchtsorte für viele Menschen auf dieser Welt.

    • @*Sabine*:

      Die Palästinenser in Gaza haben eindeutig abgelehnt woanders hinzugehen. Mitwirkung an ethnischen Säuberungen ist keine Hilfe, es ist sogar ein Verbrechen. Ich kann es wirklich nicht fassen wie das hier von manchen Kommentatoren schön geredet wird. Auch nach deutschem Völkerstrafrecht §7 sind Vertreibungen/ ethnische Säuberungen strafbar. Warum ist das wohl so? Es ist auch nicht so, dass Ägypten und Jordanien dies nur ablehnen, weil sie befürchten einige von den Extremisten ins Land zu bekommen, sondern weil sie wissen dass die absolute Mehrheit ihrer Bevölkerung dies aus rein moralischen Gründen ablehnt. Viele Menschen dort haben besonders in den letzten Monaten die Friedensverträge beider Länder mit Israel kritisiert haben und sogar die Rufe nach einer Aufkündigung immer lauter wurden. Und ich wette bei dem derzeitigen Klima in Europa und den USA beim Thema Migranten, sind die bestimmt begeistert noch mehr aufzunehmen.



      Es ist schon bezeichnend wie hier immer wieder von einer Gruppe erwartet massive Völkerrechtsbrüche hinzunehmen und diese Brüche auch noch entschuldigt/schön geredet werden. Das zeigt wie sehr Dtl. nicht aus der Geschichte gelernt hat.

      • @Momo Bar:

        "Die Palästinenser in Gaza haben eindeutig abgelehnt woanders hinzugehen."



        Um das verbindlich und "eindeutig" zu wissen,müssten m.M.n. Einzelgespräche mit Ergründung der Wünsche und Bedürfnisse der gazanischen Bevölkerung erfolgen.

        "Mitwirkung an ethnischen Säuberungen ist keine Hilfe,es ist sogar ein Verbrechen."



        Ich gehe im Moment noch von freiwilligen Umzügen aus,vielleicht auch in der Form von Gaza-Erbpachtverträgen o.ä..

        "Das zeigt wie sehr Dtl. nicht aus der Geschichte gelernt hat."



        Ich bin der Ansicht,hätten sich im 2. WK ausschließlich die Alliierten an das Völkerrecht wie wir es heute kennen gehalten,hätten sie den Krieg verloren.Für mich ist das eine entsetzliche Vorstellung.



        Ich habe aus Deutschlands Geschichte in erster Linie gelernt,dass ich keine (Kriegs-)Parteien/Personen unterstütze,die Israel und/oder jüdisches Leben (auch weltweit) auslöschen,verfolgen oder dezimieren wollen.Nach 6 Millionen von uns getöteten jüdischen Menschen finde ich das richtig.Und hätten wir nicht bereits 6 Millionen jüdischer Menschen getötet,würde ich es ebenso richtig finden,Israel und jüdische Menschen zu schützen.(Andere selbstverständlich auch,aber es geht hier um Israel/jüd. Mensche

    • @*Sabine*:

      Mitwirkung an ethnischen Säuberungen nennt man nicht "helfen".

  • Trump - Allein gegen alle



    Trump lässt rein gar nichts aus, sich in der ganzen Welt unbeliebt zu machen. Dabei setzt er sogar seine Verbündeten Jordanien und Ägypten öffentlich unter Druck, was dort sicher nicht gut ankommt. Er macht sich überall unbeliebt, außer bei "Demokrat" Netanjahu, der hält zu ihm, was kein Wunder ist.

    • @Hans Dampf:

      Hans Dampf ohne Kritik an Hamas Bruch des Abkommens, absehbar.

      Wer ohne Unterstützung durch die Welt ist, das sind die Geiseln, die verschleppten, die von Hamas ausgehungerten ermordeten.

      • @AlHozo Hoto:

        In keinem Wort wollte ich den Terror und das Leid, dieses mal einzig begonnen durch die Hamas damit relativieren. Die Hamas ist eine Terrororganisation und Hauptschuldiger an diesem Konflikt.

        • @Hans Dampf:

          Vielen Dank dafür. Diese Worte bedeuten heute viel.

  • "...hat US-Präsident Donald Trump den Islamisten ein Ultimatum gesetzt. (...) Ansonsten „bricht die Hölle los“, drohte Trump"



    Die Hamas zittert vermutlich schon, die haben ja noch nie Krieg erlebt.



    Preisfrage: welcher Interessent eines Grundstücks ist scharf darauf, dieses Grundstück zu verwüsten?

    • @Encantado:

      Dieses Verhalten ist sehr wohl bekannt: Von Immobilienhaien, die Altmietern das Leben in ihren Wohnung so unangenehm wie möglich machen, so daß sie von selbst ausziehen. Dann kann man die entmietete Immobilie schick renovieren und daraus Profit ziehen . Nichts anderes plant Trump in großem Stil im Gazastreifen.

  • Tatsächlich bin ich gespannt, was am Ende wirklich passieren wird.

    Frieden kann es nur ohne die Hamas und die anderen von IRAN unterstützen Terrororganisationen geben.

    Ich vermute, dass Ägypten und Jordanien nachgeben werden. Auffallend ruhig verhält sich Saudi Arabien.

    Es sieht so aus als würden die Karten im Nahen Osten neu gemischt. Man darf gespannt sein, wer sich den Amerikanern in den Weg stellt.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Von dem reduktionistischen Erklärungsansatz, der die Rolle Israels ausblendet einmal abgesehen: wenn Jordanien und Ägypten nachgeben, wäre das kein "Frieden", sondern eine ethnische Säuberung (die übrigens auch Saudi Arabien mit allem Nachdruck abgelehnt hat).

      • @O.F.:

        Das ist jetzt aber doch etwas zu schwarz-weiß gedacht, oder? Wäre es denn nicht einfach nur realistisch, wenn man so wie in der Ostukraine...und wäre das Denken in Dichotomien nicht doch einfach nicht hilfreich....

        Sie verstehen?

        • @Suryo:

          Nun ja, Gehässigkeit ersetzt kein Argument: Schwarz/Weiß -Denken ist das ja gerade nicht (ich habe geschrieben, man muss Israels Rolle mitdenken, nicht Israel wäre an allem Schuld). Darauf, dass eine ethnische Säuberung keine Lösung für den NO-Konflikt ist, können wir uns ja hoffentlich einigen. Also bitte, ich diskutiere gerne mit Ihnen, aber nicht in dem Ton.