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Was ist die Republik Somaliland?Ein Staat, der mit der Waffe geboren wurde

Somaliland ist seit 1991 ein eigener Staat. Der Norden Somalias wehrte sich einst erfolgreich gegen seine Vernichtung und will seine Freiheit wahren.

Das Kriegsdenkmal in Somalilands Hauptstadt Hargeisa erinnert an die Zerstörung der Stadt durch Somalias Luftwaffe 1988 Foto: Buufin

Zwischen den Bürotürmen von Somalilands Hauptstadt Hargeisa steht auf einer steinernen Kolonnade ein alter MiG-17-Kampfjet. Mit solchen Maschinen sowjetischer Bauart – daran erinnert das Kriegsdenkmal – legte Somalias Luftwaffe die Stadt 1988 in Schutt und Asche. Massive Luftangriffe sollten die Rebellenbewegung SNM (Somali National Movement) im Norden Somalias zerschlagen.

Für seinen Terrorfeldzug gegen die Zivilbevölkerung des nordsomalischen Issak-Clans heuerte Somalias damaliger Militärdiktator Siad Barre sogar weiße Piloten aus Südafrika an, darunter Veteranen des Rhodesienkrieges und dessen Terror gegen schwarze Befreiungsarmeen.

Zeitgenössische Berichte aus Somaliland 1988–89 sprechen von gezielten Tiefflugangriffen auf fliehende Menschen, von der Massenvernichtung ihrer Viehherden. Nach US-Angaben gab es sogar Chemiewaffeneinsätze mit von Libyen gelieferten Kampfstoffen. Hunderttausende starben, einige Beobachter sprechen von einem „Genozid“ an den Issak.

Das ist der Hauptgrund, warum sich die meisten Menschen in Somaliland nicht mehr vorstellen können, wieder in einem geeinten Staat Somalia zu leben. Somaliland ist seit 1991 wieder ein eigener Staat, so wie bereits zu Kolonialzeiten und auch 1960 nach der Unabhängigkeit einige Tage lang.

Somalia ist ein Zusammenschluss mehrerer Kolonien

Das geeinte Somalia entstand am 1. Juli 1960, nachdem die britische Kolonie Somaliland und das ehemals italienische UN-Mandatsgebiet Somalia weiter südlich jeweils getrennt die Unabhängigkeit erlangt hatten und sich zur „Somalischen Republik“ zusammenschlossen, mit Mogadischu als Hauptstadt.

Ein stabiler Staat mit freien Wahlen entstand im Norden Somalias, während der Rest in endlosen Clankriegen versank

Während zunächst zivile Politiker aus Nord und Süd in Mogadischu gemeinsam regierten, errichtete nach einem Militärputsch 1969 der Offizier Siad Barre eine sozialistische Diktatur und beförderte einen expansionistischen ethnischen Nationalismus: Somalia sollte nicht nur Britisch- und Italienisch-Somaliland umfassen, sondern auch Französisch-Somaliland (das 1977 als „Dschibuti“ unabhängig wurde) sowie von Somalis besiedelte Gebiete in Äthiopien und Kenia.

Ein Versuch, die von Somalis bewohnte Ogaden-Wüste in Äthiopien zu erobern, scheiterte 1977–78 spektakulär und trieb vor allem Issak-Soldaten in die Revolte. Der Norden, das alte Somaliland. wurde Aufstandsgebiet. Bald rebellierten auch andere Landesteile. Im Januar 1991 wurde Siad Barre gestürzt, siegreiche Rebellen eroberten Mogadischu – und zerstritten sich.

Stabilisierung fernab vom Chaos von Mogadischu

Die SNM zog sich in den Norden Somalias zurück und gründete im Mai 1991 die „Republik Somaliland“ neu. Ein stabiler Staat mit freien Wahlen entstand dort, während der Rest Somalias in endlosen Clankriegen versank und bis heute nicht wieder zu einer funktionierenden Staatlichkeit zurückgefunden hat. Regierung und Parlament in Mogadischu sind aus indirekten Wahlen auf Clanbasis hervorgegangen – ein Verfahren, das Somaliland bereits vor über 20 Jahren hinter sich lassen konnte.

Internationale Anerkennung blieb der Republik Somaliland immer versagt, aber informell arbeiten Geldgeber und ausländische Partner längst mit ihr zusammen. Ihre Stabilisierung verdankt sie vor allem ihrem ersten zivilen Präsidenten Mohamed Egal, der Somaliland schon 1960 führte und von 1993 bis zu seinem Tod 2002 erneut regierte.

Aus Egals politischem Lager kommt Somalilands heutiger Präsident Abdirahman Abdullahi, der im November 2024 gewählt wurde und jetzt mit Israel die historische erste Anerkennung Somalilands durch einen anderen Staat überhaupt eingefädelt hat.

Das sei keine „Bedrohung“, sondern einfach die „Anerkennung der Realität“, betont der Präsident jetzt in einer Ansprache. Während der Neugründung Somalilands 1991 war Abdullahi Somalias Botschafter in der Sowjetunion – damals ein Land im Endstadium des Zerfalls. Ebenso wenig wie die Sowjetunion darf aus seiner Sicht heute das alte Somalia wieder auferstehen. Das Kriegsdenkmal in Hargeisa steht dafür.

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2 Kommentare

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  • Sehr wichtige geschichtliche Informationen und Einordnung. Danke dafür.

    Die Geschehnisse um das Bombardement Somalilands durch den Diktator Barre erinnern stark an den serbischen Diktator Milosevic und sein Bombardement des Kosovo.



    Damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon: Kosovo wurde von den meisten Staaten der EU anerkannt, Somaliland nicht.



    Ein weiterer Beleg dafür, dass das Völkerrecht nach Gutdünken angewandt - oder in anderer Lesart - außer Kraft gesetzt wird.

    Was bei mir allmählich die Frage aufwirft, ob das Völkerrecht nicht ein Update braucht?

    Israels Anerkennung ist allein geostrategischen Erwägungen (Jemen, Huthi) geschuldet, Kosovos auch. Überkritische Stimmen sollten das abwägen.



    Ob die damals verfrühte Anerkennung Kosovos weiteres Blutvergießen vermieden hat, wie immer behauptet wurde, da bin ich mir nicht sicher.

    Ich kenne ein paar dieser nichtanerkannten Staaten, die meisten sind Rumpfstaaten und failed states, nicht lebensfähig. Transnistrien ist so ein Fall.

    Somaliland ist offenkundig eine löbliche Ausnahme. Wie arrogant wirkt es da, dass die EU-Länder diesen Staat bisher nicht anerkannt haben?

  • Noch ein afrikanisches Land, in dem Demokratie funktioniert, das aber im Rest der Welt vollkommen ignoriert wird, weil man lieber mit irgendwelchen machthungrigen Autokraten zusammenarbeitet. Die Anerkennung Somalilands hätte schon vor langer Zeit durch andere Demokratien erfolgen können, stattdessen haben das jetzt die Faschisten in Israel übernommen, aus völkisch motivierten Gründen. Was für eine Peinlichkeit.



    Ich dachte, der Rest der Welt ist so erpicht darauf, den Afrikanern Demokratie "beizubringen". Aber es ist wohl leichter, Hilfsgelder zu schicken, als sich mit Vertretern der Zivilbevölkerung auf Augenhöhe zu begegnen.