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Bündnis Sahra WagenknechtEinspruch gegen Ergebnis der Bundestagswahl abgeschmettert

Das BSW scheitert mit seinem Versuch, eine flächendeckende Neuauszählung der Bundestagswahl durchzusetzen. Wagenknecht will jetzt in Karlsruhe klagen.

Knapp daneben ist trotzdem vorbei: Der Partei von Sahra Wagenknecht fehlten nur 9.500 Stimmen für den Einzug in den Bundestag Foto: Axel Schmidt/reuters

Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist am Donnerstag im Wahlprüfungsausschuss des Bundestags mit dem Anliegen gescheitert, die Stimmen der Bundestagswahl vom Februar neu auszählen zu lassen. Die Mehrheit im Ausschuss hält die Einsprüche des BSW für unbegründet, wie der Vorsitzende Macit Karaahmetoğlu (SPD) in Berlin mitteilte.

Der Ausschuss folgt damit dem bereits vergangene Woche durchgesickerten 46-seitigen Entwurf für die Beschlussempfehlung. Das Fazit: Die Wagenknecht-Partei habe keinen Anspruch auf eine Neuauszählung der Bundestagswahl. Es gebe keine mandatsrelevanten Verstöße gegen Wahlrechtsvorschriften und damit auch kein Wahlfehler. Ende der Durchsage.

Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 hatte das BSW 4,981 Prozent der Stimmen erhalten. Die Partei scheiterte damit denkbar knapp an der 5-Prozent-Hürde. Letztlich fehlten nur 9.529 Stimmen für den Einzug in den Bundestag. Sahra Wagenknecht und Entourage geben sich seither überzeugt: Hier kann es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.

Im Vorfeld der Abstimmung hatte die AfD angekündigt, ihre zwei Mitglieder im Wahlprüfungsausschuss würden gegen eine Ablehnung der Neuauszählung stimmen. Und die extreme Rechte hielt offenkundig ihr Wort und sprang der Wagenknecht-Partei bei: Wie der Spiegel berichtet, gab es am Donnerstag genau zwei Gegenstimmen in dem neunköpfigen Gremium.

Wagenknecht vergleicht Deutschland mit „Bananenrepublik“

Nach dem Ausschuss muss sich nun zunächst noch das Plenum des Bundestags mit der Sache befassen. Folgen die Abgeordneten mehrheitlich dem Votum, will das BSW endlich das machen, was es ohnehin schon die ganze Zeit angekündigt hat: vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen.

Das BSW kommt am Wochenende in Magdeburg zu seinem Bundesparteitag zusammen. Nicht nur will sich die Partei hier etwas locker machen vom Personenkult und sich in „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“, kurz: ebenfalls BSW, umbenennen. Auch will Wagenknecht als Parteivorsitzende abdanken und künftig als Chefin einer neu zu gründenden Grundwertekommission agieren.

Erwartet wird, dass sie – wie auch Fabio De Masi, ihr designierter Nachfolger an der Parteispitze – sich in Magdeburg ausführlich an der Entscheidung des Wahlprüfungsausschusses abarbeiten werden. Den Ton setzte Wagenknecht unmittelbar nach dem Ende der Sitzung des Gremiums. „Deutschland hat die Wahlprüfung einer Bananenrepublik“, gab sie dem Spiegel zu Protokoll.

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12 Kommentare

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  • Wenn die Stichprobe des BSW Hand und Fuß haben, dann ist eine Nachzählung angebracht gewesen.

  • Ich habe mir gerade die Rede Sahra Wagenknechts auf phönix angeschaut.



    Es ist vorbei! So schnell wie möglich!



    In meinen Augen wird sie irgendwie immer mehr zur Sektiererinn. Da ist keine Frische mehr, Empathie schon gar nicht von Russland wll ich gar nicht anfangen. Wenn ich meinen Blick über die Delegierten schweifen lies und auch noch O. Lafontain beobachten durfte, nein, zwei Großvorhaben gescheitert!



    Abtritt des BSW!

  • Jede Meßgröße, auch eine Stimmauszählung, hat eine Ungenauigkeit bzw. Messunsicherheit, die mit den Methoden der Statistik ermittelt werden kann. Das heißt, ein Wahlergebnis, das weniger als die Messunsicherheit vom erforderliche Wert abweicht, muss nicht nur aus statistischen Gründen als erreicht betrachtet werden, sondern auch aus Respekt vor den Wählenden - stattdessen wurden ca. 2,5 Millionen Wählende kaltgestellt.

    Eine Messunsicherheit von 0,019% würde bedeuten, dass unter 5263 Stimmzetteln nur 1 Falschzählung angenommen wird. Bei 82,5% Wahlbeteiligung und 17% der Bevölkerung unter 18 Jahre entspricht dies 7500 Einwohner. Incl. ca. 15% nicht wahlberechtigte Einwohner sind es sogar knapp 9400 Einwohner, die 5263 Stimmzettel abgegeben haben. In einem Ort mit 9400 Einwohnern darf demnach (bei der genannten Meßunsicherheit von 0,019%) nur 1 Falschzählung vorkommen - schwer vorstellbar, dass dies der Fall ist.

    Bei der letzten Wahl sind wegen der 5%-Hürde ca. 6,8 Millionenn Stimmen (13%) unter den Tisch gefallen. Die Initiative MEHR DEMOKRATIE fordert deshalb die sog. Ersatzstimme.



    www.mehr-demokrati...rettet-die-stimmen

  • Irgendwo ist halt die Grenze. Und 1 Stimme mehrheit bleibt mehrheit, 1 Stimme zu wenig, zu wenig.

  • Eine souveräne Verliererin war sie noch nie...

    • @Normalo:

      Souverän war der Umgang bestimmter Kreise mit Kritik allerdings auch noch nie; daher für Sie noch einmal der Link:



      taz.de/Wahlausschu...zaehlung/!6127384/



      Aber natürlich: wer den Staat als Privateigentum betrachtet, wird über Zweifel an der Auszählung großzügig hinwegsehen (und über die Probleme mit den Auslandsstimmen Haben wir noch nicht geredet). In anderen Fällen würde man von einer Bananenrepublik sprechen...

  • Es ist sicher auch Platz für eine national-beschränkt und traditionalistisch sozialistische Partei im Spektrum, so widersprüchlich das auch ist.



    Und vielleicht sollte mensch eine allgemeine Klausel einfügen, dass ab 0,0x % bei 5-%-Fällen zumindest breite Stichproben gezogen werden, ohne dass jemand klagen muss.



    Gleichwohl ist Wahl auch, mal unter den 5 % zu bleiben. Wenn sich das BSW mal neu aufstellt und marxistische Kritik nicht mehr mit eher stalinschem Sozialismus in einem Land kombiniert, dann klappt's womöglich nächstens. Inzwischen bin ich froh, dass die Linke nicht mehr so zerlegt ist, wie sie es mit den BSWern war. Schade um die Stimmen für dieses BSW ist es trotzdem. Personenparteien sollten wir doch anderen Ländern überlassen.

  • Schadenfreude ist unangebracht. Es braucht keine Klage des BSW mehr, um die Absurdität der parlamentarischen Republik als sogenannte repräsentative Demokratie offenzulegen. Dafür sorgen die politischen Eliten und Kommentatoren schon selbst, indem sie immer mehr offenlegen, dass es im republikanischen Wettbewerb nicht um die besten Lösungen für das Gemeinwohl aller Menschen geht und dass der Streit um regierungsfähige Mehrheiten ganz ohne demokratische Mitbestimmung der BürgerInnen auskommt. Die penetrante Wiederholung, dass Streit genauso zu Demokratie gehöre wie danach der demokratische Kompromiss, wird nicht verhindern können, dass sich immer mehr Menschen nicht repräsentiert fühlen und die elitäre Republik, gemäß ihrer institutionellen Aufstellung, als zunehmend autoritäre und repressive Durchsetzung von elitären Partikularinteressen erleben. Staatsmacht und Wirtschaftsmacht kleben aneinander wie Zwillinge, die sich gegenseitig brauchen, um sich Gesellschaften und Märkte gefügig zu machen. In der Krise halten sie zusammen und spritzen Pech und Schwefel in alle Richtungen.

  • Bei einem Wahlergebnis von 4,981 % halte ich die Forderung des BSW für absolut legitim und plausibel.



    Ich kenne natürlich jetzt nicht die Details des Prüfverfahrens, d. h. ich kann nicht beurteilen, ob alles gemacht wurde, was mit vertretbaren Aufwand zu leisten ist, um nachzuweisen, dass keine Auszählungsfehler vorliegen. Aber wir reden von 9.529 Stimmen für den Einzug in den Bundestag. Da sollte man wirklich alles versuchen, um jegliche Zweifel auszumerzen.



    Das ist vollkommen unabhängig davon, was man vom BSW hält. Und auch unabhängig davon, dass der Vorwurf Frau Wagenknechts, Deutschland habe die Wahlprüfung einer Bananenrepublik, mir dann doch reichlich unangemessen erscheint.

  • 9.529 Stimmen zu wenig sind eben 9.529 Stimmen zu wenig.



    Woher genau kommt eigentlich der Verdacht, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht? Nur weil es knapp ist? Ist ein knappes Ergebnis immer gleich Betrug?



    Wobei ich, ehrlich gesagt, 9.529 Stimmen gar nicht so knapp finde.

  • - Es fehlten nur 9.529 Stimmen oder 0,019%pkte für nicht nur eine Mandatsrelevanz, sondern sogar Koalitionsrelevanz.



    - Erfahrungswert: bei Nachzählungen gibt es immer kleinere Abweichungen um einige wenige Voten auf oder ab, die für das Gesamtergebnis in aller Regel nichts bedeuten



    - Korrekturen bei Neuauszählungen sollten aber statistisch gesehen alle Parteien gleichermaßen treffen. Aber rund 60%!! aller im vorläufigen Wahlergebnis bereits nachträglich korrigierten Stimmen sind auf das BSW entfallen; mehr als auf alle anderen Parteien zusammen. Statistisch fast unmöglich ein Zufall.



    - mögliche Ursache: die Kleinstpartei „Bündnis Deutschland“ stand auf dem Wahlzettel direkt über dem BSW. Etliche Wahlhelfer, so die Vermutung, hätten bei der Auszählung die ähnlich klingenden und nah beieinander platzierten Parteien verwechselt.



    - Das BSW selbst nahm eine Stichprobe von 50 Nachzählungen vor, bei denen durch eine nachträgliche Kontrolle 15 zusätzliche, zunächst übersehene oder falsch gewertete Stimmen für das BSW dazukamen. Hochgerechnet auf das gesamte Bundesgebiet würde das einem Plus von ca. 28.000 Stimmen für das BSW entsprechen – also mehr als genug für einen Bundestagseinzug.

    • @Maximilian Maiser:

      Ja, genau, und dann hätte es nicht für die KleiKo aus cDU und sPD gereicht, und deshalb hat es ein Geschmäckle, dass eine Neuauszählung abgeleht wird. Man darf gespannt sein, was das Bundesverfassungsgericht dazu sagen wird.

      Wie oben schon gesagt, müssten Wahlergebnisse, die innerhalb der Meßungenauigkeit liegen, generell anerkannt werden, das ist der wissenschaftliche Standard.