piwik no script img

Neue Waffen für IsraelDeutschland zündelt wieder mit

Cem-Odos Gueler

Kommentar von

Cem-Odos Gueler

Den eh inkonsequenten Waffenlieferungsstopp für Israel hat die Bundesregierung jetzt wieder aufgehoben. Dabei ist die Lage alles andere als sicher.

Der Waffenstillstand in Gaza gleicht einer Zitterpartie Foto: Jehad Alshrafi/AP/dpa

E igentlich müsste die Bundesregierung schon an ihrer eigenen Argumentation ablesen können, dass sie mit dem Feuer spielt. Denn wörtlich begründet sie die Ankündigung, wieder Rüstungsgüter nach Israel zu liefern, mit der Aussage, dass sich der Waffenstillstand in Gaza stabilisiert habe. Wie darf man diese Begründung verstehen? Dass es damit wieder Zeit ist, das Pulverfass in der Region neu zu befüllen?

Es ist eine bittere Umkehr von einem Weg, für den man Bundeskanzler Friedrich Merz loben musste. Er hatte durchgesetzt, wozu die Ampelregierung sich nie durchringen konnte: Israel für seine Kriegsführung in Gaza in die Verantwortung zu nehmen. Mit der Ankündigung, den Exportstopp für Waffen nach Israel wieder zurückzunehmen, gibt die Bundesregierung dieses – zugegebenermaßen kleine – Druckmittel wieder aus der Hand.

Es ist Zeichen einer unfassbaren Kurzsichtigkeit, den Waffenstillstand als Vorwand dafür zu nutzen, wieder deutsche Panzergetriebe nach Israel zu liefern. Denn so vieles ist weiterhin unklar. Eine wirklich tragfähige Perspektive für einen nachhaltigen Frieden in der Region fehlt völlig. Der Waffenstillstand gleicht weiterhin einer Zitterpartie. Die Vorwürfe von Kriegsverbrechen und Völkermord werden in Israel routiniert weggewischt.

Was bewegt die Bundesregierung in dieser Gemengelage zu dem Entschluss, wieder Waffen liefern zu wollen? Das Wohl der Rüstungsindustrie? Wie kann sie darin sicher sein, dass bei einem Wiederaufflammen der Kämpfe, Israel nicht wieder mit der gleichen Brutalität auch gegen die Zivilbevölkerung Gazas vorgehen würde?

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Möglicherweise sind es ja doch noch Gerichte, die eine Änderung in der deutschen Israel-Politik bewirken. Zuletzt war es das Berliner Verwaltungsgericht, dass eine Klage mehrerer Palästinenser gegen die deutschen Waffenlieferungen mit der Begründung zurückgewiesen hatte, dass solche Exporte derzeit nicht stattfänden. Mit der jetzigen Ankündigung ist diese Argumentation wieder gegenstandslos. Vielleicht lässt sich ja auf diesem Weg doch ein nachhaltiger Exportstopp für Waffen in die Region erreichen.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Cem-Odos Gueler
Parlamentsbüro
Berichtet seit 2023 als Korrespondent im Parlamentsbüro der taz unter anderem über die FDP, die Union und Verteidigungsthemen. Studium der Sozialwissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Köln, Moskau und London.
Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Solange die Hamas in ihrer Agenda die Vernichtung Israels stehen hat, sollte man Israel Waffen liefern.

  • Deutschland zündelt nicht nur. Steinmeier hat das WFP besucht, Hauptakteure im Kampf gegen Hunger weltweit und auch in Gaza, und hat auf die schlechte wirtschaftliche Lage des armen Deutschland hingewiesen. Die Bundesrepublik hat ihren Beitrag zum WFP um 63% gekürzt, schlimmer als die Trump Administration. Da versucht Wadephul Empathie zu zeigen, aber wenn es ums Portemonnaie geht, werden die Bundesbürger doch ungemütlich.

  • Auch darf man WJL nicht vergessen. Dort eskaliert die Situation, Morde gehen ungesühnt weiter, alles fast vollständig von der Weltöffentlichkeit ignoriert. Der Hintergrund für die erneute Belieferung Israels dürfte jedoch auch an dem Druck der hiesigen Rüstungsindustrie liegen. Deren Aktienwerte, die Tantiemen und Managerboni sind deutlich wichtiger als Menschenrechte.

  • Die Kritik an deutschen Waffenlieferungen an Israel greift zu kurz. Israels Sicherheit ist kein abstrakter Begriff, sondern eine tägliche Frage des Überlebens – umgeben von Akteuren, die seine Existenz offen infrage stellen. Deutschland trägt nicht nur wegen seiner Geschichte, sondern auch aus politischer Vernunft Verantwortung dafür, dass Israel sich verteidigen kann.



    Gerade weil die Lage im Nahen Osten instabil ist, wäre ein deutscher Rückzug aus der sicherheitspolitischen Unterstützung fatal. Ein Waffenstopp würde Israel nicht friedlicher machen, sondern verletzlicher – und es in die Abhängigkeit von Staaten treiben, die deutlich weniger Wert auf Menschenrechte, Völkerrecht und Transparenz legen.



    Natürlich müssen Rüstungsexporte streng kontrolliert werden. Aber daraus einen pauschalen Verzicht abzuleiten, verkennt die Realität: Israel steht nicht vor der Wahl zwischen Krieg und Frieden, sondern zwischen gesicherter Verteidigungsfähigkeit und existenzieller Bedrohung. Deutschland stärkt mit seinen Lieferungen nicht Eskalation, sondern Abschreckung – und damit am Ende auch die Chance auf Stabilität.

    • @Zippism:

      Das ist eine bizarre Verkehrung der Realität: Israel war nie nur Opfer, und spätestens seit der arabischen Friedensinitiative (die übrigens auch von Iran unterstützt wurde), ist es offenkundig, dass israelische Regierungen eigene expansionistische und hegemoniale Bestrebungen über eine regionale Integration stellen (und sich dabei des Jubels jener Europäer sicher sein können, deren Blick auf die Welt über 1904 nicht herausgekommen sind. Um ihr Überleben kämpfen übrigens gerade die Palästinenser, die gerade einem Völkermord zum Opfer fallen.

    • @Zippism:

      Die Sicherheit der Palästinenser ist kein abstrakter Begriff, sondern eine tägliche Frage des Überlebens – gestellt von israelischen Akteuren, die ihre Existenz offen infrage stellen.

    • @Zippism:

      Vorschlag: defensive Waffen liefern wie die U-Boote, meinetwegen wieder zum Schnäppchenpreis, die dienen der nuklearen Abschreckung. Was aber dazu dient, Palästinenser zu unterdrücken, vertreiben, töten, das lassen wir besser mal endlich?



      Israel ist militärisch hyper-überlegen in der ganzen Region - und verhält sich leider ganz und gar verantwortungslos, derzeit.

    • @Zippism:

      Sie reduzieren Israel hier auf die Rolle des Opfers und erwähnen mit keinem Wort den Grund für das Aussetzen der Lieferungen, die Kriegsverbrechen in Gaza bis hin zum Völkermord. Vom Landraubbund Terror im Westjordanland Mal ganz zu schweigen.

  • Welche "Palästinenser" haben denn da geklagt? Das frage ich an einem Tag, wo mal wieder ein Palästinenser an einer deutschen Grenze festgenommen wurde, der Waffen ins Land schmuggeln wollte, die gegen jüdische Personen und Einrichtungen verwendet werden sollten.

    • @Amra:

      Auch wenn die Moderation es nicht tut, ich verurteile Ihren Rassismus.

      • @Schleicher:

        Die Feststellung, dass es Palästinenser gibt, die Terroranschläge verüben, ist für Sie Rassismus?

        Ich hätte erst Rassismus angenommen, wenn Amra nicht danach gefragt hätte, welche Palästinenser geklagt haben.

        Sondern für Amra alle Palästinenser irgendwie gleich wären.

        • @rero:

          Amra wollte das zumindest leider schon sehr deutlich suggerieren, so mein Eindruck. "mal wieder" und diese abstruse Verbindung und die Gänsefüßchen.



          Wer's braucht.

          • @Janix:

            Dass Palästinenser in Deutschland Anschläge begehen wollen, wäre nun keine Premiere.

            Den Umstand kann man schlecht mit "Rassismus!" entkräften.

            Ich persönlich würde mir wünschen, islamistische Anschläge hätte es nie gegeben und das hier wäre wirklich nur Rassismus.

            Die Gänsefüßchen verstehe ich so, dass es primär ein Zitat aus dem Artikel ist.

            Letztendlich nimmt Amra wohl an, dass hinter der Klage nicht einfache Palästinenser stecken, sondern Organisationen, die vielleicht gar nicht so palästinensisch sind.

            Nicht absurd, aber ob er recht hat, weiß ich nicht.

            Wo ich Ihnen voll zustimme: "Wer's braucht."

            • @rero:

              Naja, auch Hallenser begehen Anschläge in Deutschland.



              Wie viele Palästinenser gibt es "mal wieder", die an der Grenzen etc. etc.... um die lange Kette oben nicht mit einer Zitatwiederholung zu adeln? Eine Hyperbel zumindest sehen Sie da doch jetzt auch? Und wieso Amra jemandem seine Rolle abspricht, da würden wir uns doch wohl beide eine kleine Begründung wünschen.

              Und zurück dazu, dass nicht mehr mit deutscher Hilfe Quasi-Anschläge leider in Palästina (oder auch Israel) verübt werden. Dafür könnte unsere Regierung handeln.

  • ("Waffenlief_e_rung")



    Will man den brutalen Dauerkrieg Netanyahus noch belohnen? Hat man den Kompass schon wieder verloren? Geht es den Rüstungsindustriellen so schlecht, dass sie womöglich nicht mehr spenden können?



    Und wo bleibt die Anerkennung Palästinas und Druck in Richtung faire Lösung dort (neutraler Staat oder deren zwei in UN-Grenzen)?