piwik no script img

Großprojekt in ÄgyptenSisis Pharaonen-Show

Nach 30 Jahren Planung öffnet das Grand Egyptian Museum in Gizeh. Machthaber al-Sisi inszeniert sich mit viel Pathos vor internationalen Gästen.

Neue Pyramide in Gizeh: Im Zentrum des Grand Egyptian Museum steht Ramses II

Von

Anna-Theresa Bachmann aus Gizeh

Es war ein Event, mit dem Ägypten seinem arabischen Spitznamen „Oum El-Donya“ – Mutter der Welt – alle Ehre machen wollte. Am Samstagabend feierte das Land die pompöse Einweihung des Grand Egyptian Museum (GEM) – eines Baus der Superlative, der rund 100.000 Artefakte aus dem antiken Ägypten beherbergt. Drei Jahrzehnte Planung und zwei Jahrzehnte Bauzeit waren der Eröffnung vorausgegangen, die durch den Arabischen Frühling, finanzielle Engpässe und die Gewalt im Nahen Osten immer wieder verschoben worden war.

Nun bekamen die Zu­schaue­r:in­nen aus 79 internationalen Delegationen, Staats- und Wür­den­trä­ge­r:in­nen arabischer Königshäuser sowie prominente Gäste aus Europa, etwa Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ein rund zweistündiges Spektakel geboten – eine Mischung aus Disney-Musical, Drohnenshow und Hochglanzwerbung für den ägyptischen Tourismussektor.

Wie zu erwarten, nutzte Machthaber Abdel Fattah al-Sisi die Bühne, um sich als Vater einer stolzen Nation zu inszenieren. Das Erbe der Pharaonen diente ihm dabei als verbindendes Symbol. Er erinnerte an Ägyptens Rolle als Friedensstifter in einer von Krisen geprägten Region – nur zwei Wochen, nachdem er gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump die Gaza-Konferenz von Scharm al-Scheich ausgerichtet hatte. „Lang lebe Ägypten, lang lebe die Menschheit“, rief er dem Publikum am Ende seiner mit Pathos angereicherten Rede zu.

Ein rund zweistündiges Spektakel – eine Mischung aus Disney-Musical, Drohnenshow und Hochglanzwerbung für den ägyptischen Tourismussektor

Vergessen schien die Kritik an dem Megaprojekt, das sich einreiht in die Erweiterung des Suezkanals, den Bau der neuen Hauptstadt und zahlreiche weitere Prestige- und Infrastrukturvorhaben seit al-Sisis Machtübernahme 2013. Mehr als eine Milliarde US-Dollar ließ sich Ägypten das neue Museum kosten – eine Summe, die das wirtschaftlich angeschlagene Land nicht allein aufbringen konnte. Zur Finanzierung nahm die Regierung Kredite aus Japan auf.

Ramses II empfängt

Auch rund um das Museum wurde kräftig investiert: Ein neuer Flughafen entstand in unmittelbarer Nähe, die Metro-Linie wurde bis direkt vor den Eingang verlängert. Ob die Rechnung am Ende aufgeht, bleibt abzuwarten. 15.000 Be­su­che­r:in­nen täglich sollen laut Plan durch die mit Alabaster und Glas verkleideten Hallen des GEM strömen. Gleich im Atrium empfängt sie dort eine elf Meter hohe Statue von Ramses II., die einst den Abgasen des Kairoer Verkehrs vor der Hauptbahnstation ausgesetzt war und nun ein würdiges neues Zuhause gefunden hat.

Zuletzt kamen laut offiziellen Angaben rund 4.000 bis 5.000 Be­su­che­r:in­nen pro Tag in den monumentalen Bau mit seiner Pyramiden-Aussichtsplattform im Westen Kairos. Denn seit 2024 war das Museum im Rahmen eines sogenannten Soft Openings bereits teilweise zugänglich.

Ab kommender Woche können Gäste nun erstmals alle Ausstellungsräume erkunden – darunter die vollständige Tutanchamun-Sammlung mit der legendären goldenen Totenmaske. Der Eintrittspreis von 25 US-Dollar für ausländische Be­su­che­r:in­nen ist zwar kein Schnäppchen, angesichts der Dimension und Pracht der Sammlung jedoch angemessen. Positiv fällt zudem auf, dass der gesamte Bau barrierefrei gestaltet ist – und dass im Food-Court und Souvenirbereich ägyptische Marken statt ausschließlich internationaler Ketten vertreten sind.

Ein begehrtes Exponat fehlt jedoch unter den Kulturschätzen: die berühmte Büste der Nofretete, die seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Berlin steht. Ob ihr Verbleib Thema zwischen al-Sisi und Steinmeier war, ließ der Bundespräsident auf seinem Instagram-Kanal offen.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare