Einsparungen im Haushalt: Kritik an Finanzierungsstopp für Seenotretter*innen
Organisationen wie Sea-Eye und SOS Humanity sollen kein Geld mehr aus dem Bundeshaushalt bekommen. Linke und Grüne sind sauer.
Grünen und Linken- Politiker*innen sind empört über Pläne der Bundesregierung, Seenotretter*innen die Finanzierung zu streichen. Bisher hatten Organisationen wie Sea Eye und SOS Humanity pro Jahr insgesamt rund 2 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt erhalten und damit einen Teil ihrer Aktivitäten finanziert. Im Haushaltsentwurf für das laufende Jahr, den das Kabinett am Dienstag beschlossen hat, findet sich dafür kein Posten mehr. Die privaten Rettungsorganisationen hatten in den letzten Jahre hunderttausende Geflüchtete vor dem Ertrinken gerettet.
Der innenpolitische Sprecher der Grünenfraktion, Marcel Emmerich, sagte der taz: „Mit der Streichung der Gelder verschärfen die Union und SPD nur die humanitäre Katastrophe an Europas tödlichster Außengrenze.“ Das sei ein „fatales Signal“, denn „Seenotrettung ist keine Straftat, sondern eine unabdingbare humanitäre Pflicht.“ Und weiter: „Das Sterben im Mittelmeer muss endlich ein Ende haben – es braucht legale und sichere Fluchtwege, keine Abschottungspolitik.“
Ähnlich äußerte sich die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, im Gespräch mit der taz: „Frontex wird mit hunderten Millionen ausgestattet, die Bundeswehr mit Sondervermögen gefüttert, aber wer Menschen vor dem Ertrinken rettet, geht leer aus.“ Das sei „nicht haushaltspolitisch“, sondern „ideologisch“. Und es zeige, „welche Leben dieser Bundesregierung etwas wert sind – und welche nicht.“
Großteil der Gelder ohnehin privat
Auch einige der betroffenen Organisationen selbst übten Kritik. So sagte Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye: „Die finanzielle Unterstützung hat für Sea-Eye zusätzliche Missionen ermöglicht und ganz konkret Menschenleben gerettet.“ Er zieht eine Verbindung zu neuen Schwerpunkten im Haushalt: „Der Schutz von Menschenleben und Menschenrechten darf in Deutschland nicht weniger wichtig sein als massive Investitionen in Rüstung.“
Ein Bündnis der Seenotrettungsorganisationen hatte erst letzte Woche Bilanz gezogen, Anlass war das zehnjährige Bestehen vieler der Initiativen. Über 175.000 Personen seien in dieser Zeit auf dem Mittelmeer gerettet worden, so das Fazit. Derzeit betreiben die Organisationen insgesamt 15 Schiffe, sieben Segelboote und vier Flugzeuge. Ein Großteil des nötigen Gelds stammt schon bisher aus privaten Spenden, sodass die wegfallenden staatlichen Mittel zwar Einschränkungen, aber nicht das Ende der Rettungsbemühungen bedeuten dürften.
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