piwik no script img

Taiwans bisher größtes MilitärmanöverMilitär allein reicht nicht

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Immer wieder bedroht China die Insel Taiwan, die es sich einverleiben will. Doch nun setzt Taiwan ein Zeichen – mit einem militärischen Großmanöver.

Reservisten in Taiwan beim Manöver Foto: Ann Wang/reuters

D as von der Volksrepublik China mit gewaltsamer Einverleibung bedrohte Taiwan hat am Dienstag sein größtes Militärmanöver seit Jahrzehnten begonnen. Gegenüber früheren Versionen der jährlichen Übung wurden die Zahl der beteiligten Soldaten sowie die Zeitdauer verdoppelt. Das war schon deshalb nötig, weil die Manöver zuletzt eher als Public Relations denn als Abschreckung wahrgenommen wurden.

Mit dem Rekordmanöver sendet die Regierung in Taipeh verschiedene Botschaften. 1. an China: Die selbst verwaltete und demokratisch regierte Inselrepublik will sich Pekings Drohungen nicht beugen. 2 an die eigene Bevölkerung: Die liberale Regierung nimmt die Verteidigungsfähigkeit ernst, bereitet sich auf das Worst-Case-Szenario vor, sensibilisert die Taiwaner. 3. an die USA: Washington hat sich vertraglich verpflichtet, Taiwan bei seiner Verteidigung zu helfen.

Ob das Waffenlieferungen bedeutet oder die Entsendung von US-Truppen in einen Krieg mit China, lassen die USA bewusst offen – um Peking im Unklaren zu lassen und Taiwans Unabhängigkeitsbefürworter nicht zu Provokationen zu ermuntern. Joe Biden ließ einst keine Zweifel daran, dass er Taiwan militärisch verteidigen würde, Trump lässt das aktuell offen und fordert von den Taiwanern mehr eigene militärische Anstrengungen.

Angesichts Chinas fortschreitender Aufrüstung und massiver Drohungen ist es für Taiwan – neben der Aufrechterhaltung seines „Silicon Shield“ genannten globalen Monopols bei Hochleistungschips – alternativlos, seine Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Beides reicht aber nicht. Zum einen kann Taiwan den Rüstungswettlauf nicht gewinnen, zum anderen dürfte Peking statt auf einen Frontalangriff lieber auf eine Seeblockade setzen.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Solange die Insel aber mehr als 90 Prozent ihrer Energie und 70 Prozent ihrer Lebensmittel importiert, ist sie durch Chinas Versuche der Unterwanderung, Destabilisierung und Blockade besonders verwundbar. Schon länger testet Peking mit einer Salamitaktik an Provokationen die Reaktio­nen Taiwans und der USA. Darauf haben diese noch keine überzeugenden Antworten gefunden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!