: Drecksarbeit accomplished?
US-Präsident Trump behauptet, er habe die wichtigsten iranischen Atomanlagen komplett zerstören lassen. Doch nach dem Kriegseintritt der USA wächst die Sorge vor einer weiteren Eskalation2–5
Donald Trumps Entscheidung, Fordo und zwei weitere iranische Atomanlagen zu bombardieren, birgt viele Risiken, ist aber dennoch die richtige. Nur die USA besitzen die 13.000 Kilo schweren bunker buster, die tief in den Berg hineindringen können, in dem die Islamische Republik eine militärische Urananreicherungsanlage versteckt hält. Teherans Atomprogramm sei nun „vollständig und gänzlich ausgelöscht“ worden, behauptet der US-Präsident.
Sollte sich das bewahrheiten, kann man nur begrüßen, dass Irans atomare Ambitionen vorerst in Rauch und Flammen aufgegangen sind. Israel hat seit dem 7. Oktober die von Iran geführte „Achse des Widerstands“ aus Hisbollah, Hamas und Co massiv geschwächt. Nun steht Iran mit dem Rücken zur Wand. Die Bombe ist dem Regime wichtiger denn je – und seine letzte Chance, eine Abschreckung wiederherzustellen.
An Irans Motivation dürfte es wenig Zweifel geben: Im Herzen Teherans tickt seit 2015 eine Uhr, die die Tage zählt bis 2040. Dann spätestens soll der jüdische Staat ausgelöscht worden sein. Auf riesigen Plakattafeln wird Israel mit Vernichtung gedroht. Mit einer Atombombe besäße Iran endlich die Mittel dazu.
Die Islamische Republik wünscht auch den USA, dem „großen Satan“, unverhohlen den Tod. Die US-Regierung tut mit dem Angriff auf die iranischen Atomanlagen nicht nur Israel einen großen Gefallen, sondern der gesamten westlichen Welt. Niemand hier kann ernsthaft wollen, dass ein islamistischer Terrorstaat nuklear bewaffnet ist. Israel und die USA haben militärisch geschafft, was Iran diplomatisch verweigerte.
Jetzt ist die Zeit für eine Exitstrategie. Trumps Angriff muss als Startrampe dienen, um einen größeren Krieg zu vermeiden. Iran hat nun zwei Optionen: mit seinen noch verfügbaren militärischen Mitteln US-Stützpunkte anzugreifen und die Zukunft des Regimes aufs Spiel zu setzen; oder sein Atomprogramm völlig aufgeben. Man kann nur hoffen, dass Ayatollah Chamenei nicht so unbedacht ist, wie es seine Rhetorik befürchten lässt. Nicholas Potter
Kaum jemand will, dass der Iran Atomwaffen besitzt. Deswegen war es richtig, dass der Westen so lange mit dem Iran verhandelt hat, um ihn davon abzubringen, sie zu entwickeln. Doch Israel hat eine diplomatische Einigung stets unterlaufen: mal durch Cyberangriffe, mal durch Anschläge auf Atomwissenschaftler, nun durch einen Großangriff. Das macht die Welt nicht sicherer, im Gegenteil. Der Iran hat jetzt noch mehr Grund, nach Atomwaffen zu streben, um sich in Zukunft vor solchen ruchlosen Überfällen zu schützen. Und die USA treten in einen Krieg ein, dessen Folgen unabsehbar sind.
Einst warf Donald Trump dem damaligen US-Präsidenten Obama vor, sein Land in einen dritten Weltkrieg zu führen, weil der angeblich nicht in der Lage sei, mit dem Iran zu verhandeln. Dass Trump sich nun von Netanjahu in dieses Abenteuer hineinziehen lässt, ist ein Zeichen seiner Schwäche. Er verrät damit das isolationistische Versprechen, die USA aus Kriegen herauszuhalten, das er seinen Anhängern mal gegeben hat.
Israel ist die einzige Atommacht im Nahen Osten und besitzt eine der stärksten Armeen der Welt. Vom iranischen Atomprogramm war es nie existenziell bedroht, schon gar nicht akut. Die ritualisierte Dämonisierung Israels gehört zwar von Anbeginn zur Propaganda des iranischen Regimes. Doch das alleine ist kein Angriffsgrund. Deshalb bauscht Netanjahu seit 30 Jahren die Gefahr massiv auf und vergleicht den Iran geschichtsklitternd mit Nazideutschland. Als wäre das Regime nicht schlimm genug, wurde es zum „puren Bösen“ oder gar zum zentralen Glied einer ganzen „Achse des Bösen“ hochgejazzt.
Der echte Grund, warum Israel den Iran jetzt angegriffen hat, ist profaner: Netanjahu sieht einen günstigen Moment, die Landkarte des Nahen Ostens neu zu ordnen, jetzt, wo Hamas und Hisbollah geschwächt sind. Die ethnische Säuberung des Gazastreifens ist nur ein Teil seines Plans. Die Folgen sind ihm egal – und Trump offenbar auch. Aber ihre Politik der Stärke beruht darauf, dass man der Stärkere bleibt. Das ist nicht für alle Ewigkeit in Stein gemeißelt. Daniel Bax
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