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Schwarz-Rot streitet über StromsteuerErste Belastungsprobe für die Koalition

Die Union will die Abgabe nicht nur für die Industrie, sondern auch für Privatverbraucher senken. Klingbeil und Merz verweisen auf die Haushaltslage.

Die Union will die Stromsteuer auch für Privathaushalte senken, die SPD fragt: „Woher soll das Geld kommen?“ Foto: Gottfried Czepluch/imago

Berlin dpa | Der Streit um die Stromsteuer wird zur ersten großen Belastungsprobe für die schwarz-rote Koalition. Unionspolitiker forderten vor einem Treffen der Koalitionsspitzen am Mittwoch eine Senkung der Stromsteuer für alle Verbraucher.

CDU, CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken sowie Umlagen und Netzentgelte zu reduzieren. Allerdings steht dort auch der Satz: „Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“

Das Kabinett beschloss im Zuge des Entwurfs für den Haushalt, dass es zum 1. Januar Entlastungen bei den Netzentgelten, einem Bestandteil des Strompreises, geben soll, außerdem soll die Gasspeicherumlage für Kunden abgeschafft werden. Zur Stromsteuer wurde beschossen, die Senkung für die Industrie, Land- und Forstwirtschaft zu verstetigen – von einem Drosseln für alle war keine Rede mehr.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sowie Kanzler Friedrich Merz (CDU) verwiesen auf Haushaltszwänge. Die Stromsteuer für private Verbraucher liegt derzeit bei 2,05 Cent je Kilowattstunde (kWh). Das europäische Mindestmaß beträgt 0,1 Cent je kWh.

Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU forderten eine zügige Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle Unternehmen sowie alle Verbraucherinnen und Verbraucher. In einem Papier, das die Fraktionsspitzen auf ihrer Konferenz im rheinland-pfälzischen Bad Dürkheim beschlossen, heißt es, es müssten zeitnah und „auf alle Fälle noch in dieser Legislaturperiode“ weitere Schritte zur Entlastung folgen – „sobald die finanziellen Spielräume hierfür bestehen“.

SPD: Union sät Zwietracht

Genau das ist das Problem: Die Koalition müsste für weitere Entlastungen bei der Stromsteuer an anderer Stelle Geld kürzen. Laut Bundesfinanzministerium würde eine Senkung der Stromsteuer für alle im kommenden Jahr rund 5,4 Milliarden Euro zusätzlich kosten. „Es kann nicht sein, dass wir beim Bürgergeld Rekordausgaben haben und deswegen andere wichtige Anliegen wie Entlastungen bei der Stromsteuer aufschieben müssen. Genau darüber wird im Koalitionsausschuss zu sprechen sein“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Er bezeichnete die Senkung der Stromsteuer für die Industrie als ersten Schritt. „Wir brauchen aber auch eine komplette Entlastung für den Mittelstand, das Handwerk.“

SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte mit Blick auf Söder: „Die Union tut gerade das, wofür sie die Ampel immer kritisiert hat. Sie kündigt gemeinsame Einigungen der Regierung von der Seitenlinie auf und sät Zwietracht.“ Wenn eine Finanzierung für weitere Entlastungen für Verbraucher bei der Stromsteuer gefunden werde, sei die SPD sofort dabei. „Dafür müssen aber auch CDU und CSU die Bereitschaft haben, eigene Lieblingsprojekte neu zu priorisieren“, sagte er.

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6 Kommentare

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  • Von einer Senkung der Energiepreise profitieren hauptsächlich die Vielverbraucher .



    ME. ist ein Klimageld, das als Ausgleich für die, durch eine CO2-Abgabe belasteten Energiekosten, an die Bevölkerung ausgezahlt wird, der bessere Weg. Auch im Sinne des Klimaschutzes.



    GeringverbraucherInnen, die in der Regel auch zu der weniger Einkommens-starken Bevölkerungsgruppe gehören und die ihr Energieverbrauch minimiert haben, profitieren davon mehr als Vielverbraucher, die umgekehrt finanziell oft gut aufgestellt sind

  • Liebe Koalition, falls Sie auf der Suche nach Finanzierungsquellen sind: Vermögens- und Erbschaftssteuer sowie klimaschädliche Subventionen bieten sich an.

  • Schuld sind also laut Söder "die Bürgergeldempfänger"...

    Man könnte natürlich auch Milliardäre und Spitzenverdiener angemessen besteuern (bzw. Abschreibungsmöglichkeiten und Steuerschlupflöcher abschaffen); Eine sinnvollere Erbschaftssteuer und eine Übergewinnsteuer einführen, das Ehegattensplitting abschaffen, und in den Bundesministerien wäre laut einer Bekannten, die dort als Beamtin arbeitet auch noch einiges Geld sinnvoller einzusetzen, etc.pp.

    Aber ja, wenn es nicht "die Flüchtlinge" sind, sind es "die Bürgergeldempfänger", die an der Belastung des "hart arbeitenden Mittelstands" schuld sind.

    Lieber Sündenböcke in die Wüste schicken, als von der Klientelpolitik ablassen.

  • Verkehrte Welt. Die Union gibt sich sozial und die SPD neoliberal. Es sei denn, es ist ein Marketinggag, bei dem die Union vom Scheitern dieses Vorschlags ausgeht, aber ihr Image damit verbessert. Denn so richtig glaube ich der Union bei diesem Vorstoß nicht.

  • Das ist ja so niedlich von Klüssendorf. Er beschwert sich, dass die CDU die SPD schlecht dastehen lässt. That's the game, kann man da nur sagen.



    Ein Tipp für Klüssendorf, wie er die CDU schlecht dastehen lassen kann: Er könnte vorschlagen, dass man die Senkung der Stromsteuer für die Wirtschaft verschiebt, bis weitere Einnahmequellen gefunden wurden und dafür die Stromsteuer für alle Privathaushalte senkt. Beides kostet 2,7 Mrd. €.



    Das wäre auch deshalb fair, weil die Wirtschaft schon jetzt 3 Mrd. € geschenkt bekommt, also dann 5,7 Mrd. € : 0 € für Private



    Oder: Er könnte vorschlagen, dass es ganz einfach ist, eine Finanzierungsquelle für die 2,7 Mrd. € zu finden, die die Senkung für Privatverbraucher kostet. Ganz einfach. Man müsste nur die 3900 reichsten Personen in Deutschland (die mehr als 100 Millionen € besitzen) mit einer Vermögenssteuer von 0,1% belasten. Dann hätte man sogar mehr. Oder mit 5%, dann hätte man 150 Mrd. € . Damit könnte man schon mal für eine Menge mehr Gerechtigkeit in Deutschland sorgen.



    Apropos: Das Finanzministerium behauptet heute, es würde 5,4 Mrd. € kosten. Das ist falsch. Privathaushalte verbrauchen ca 138 Mrd. kWh Strom. Bei 1,95Ct/kWh Senkung ...

  • Super. Es gibt Bereiche, da überbietet man sich mit immer höheren Beträgen, die man zum großen Teil zum Fenster raus werfen will und für die Masse der Bürger hat man nicht mal 5,4 Milliarden Euro.