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Rentenreform des ArbeitsministeriumsBas bringt Rentengesetz auf den Weg

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will das Rentenniveau weiter sichern und die Mütterrente ausweiten. Die Vorhaben kosten Milliarden.

Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales stellt ihren Entwurf zum Rentenpaket vor Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Vor dem anstehenden SPD-Parteitag am Wochenende hat Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) nochmal Gas gegeben. Am Mittwochabend soll sie laut Medienberichten den anderen Ministerien einen Entwurf für ihr erstes Rentengesetz zur Abstimmung vorgelegt haben. Das Dokument, das auch der taz vorliegt, beinhaltet im Wesentlichen Vorhaben, auf die sich Union und SPD schon im Koalitionsvertrag geeinigt haben.

So soll das Rentenniveau wie verabredet bis zum Jahr 2031 bei mindestens 48 Prozent gesetzlich garantiert werden – das war insbesondere den Sozialdemokraten ein Anliegen.

Derzeit gilt die sogenannte Haltelinie nur bis Ende 2025. Würde das Rentenniveau nicht weiter festgeschrieben, so würde dieses „deutlich sinken und ein niedrigeres Alterseinkommen zur Folge haben“, heißt es im Entwurf. Die Renten würden „systematisch langsamer steigen als die Löhne.“

Zur Erklärung: Das Rentenniveau beschreibt wie hoch eine Durchschnittsrente nach 45 Beitragsjahren im Vergleich zum Durchschnittslohn ist. Es ist eine reine Rechengröße und sagt nichts über das tatsächliche Alterseinkommen einer einzelnen Person aus.

Altersarmut ist ein wachsendes Problem

Wichtig: Eine Erhöhung des Beitragssatz, der aktuell bei 18,6 Prozent liegt, soll durch die Sicherung des Niveaus „grundsätzlich vermieden“ werden. Die entstehenden Mehrkosten will der Bund aus Steuermitteln finanzieren – und das ist nicht wenig.

Laut Entwurf führt die Verlängerung der Haltelinie ab dem Jahr 2029 zu zusätzlichen Ausgaben von 4,1 Milliarden Euro. Im Jahr 2030 steigen diese Kosten auf 9,4 Milliarden an, 2031 dann auf 11,2 Milliarden.

Mit diesem Schritt möchte die Bundesregierung auf das bekannte Dilemma der gesetzlichen Rentenversicherung reagieren: Künftig werden immer weniger Ar­beit­neh­me­r*in­nen eine zunehmende Zahl an Rent­ne­r*in­nen finanzieren müssen – was zu niedrigeren Renten führen wird. Schon jetzt ist Altersarmut ein wachsendes Problem. 2024 galten laut Statistischem Bundesamt 19,6 Prozent der hiesigen Senioren ab 65 Jahren als armutsgefährdet.

Ein weiteres Vorhaben ist die Ausweitung der sogenannten Mütterrente. Künftig soll das Geburtsjahr bei der Anerkennung von Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung keine Rolle mehr spielen. Derzeit werden Mütter, die vor 1992 ein Kind geboren haben, benachteiligt. Dieses Vorhaben wurde im Vorfeld sehr kontrovers diskutiert, weil die Angleichung etwa 5 Milliarden Euro pro Jahr kostet. Die Regelung soll erst ab 2028 in Kraft treten.

Entwurf soll noch im Sommer beschlossen werden

Neben diesen zwei kostspieligen Vorhaben soll laut Entwurf Rent­ne­r*in­nen „die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber erleichtert werden.“ Ziel sei es, „eine freiwillige Weiterarbeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze“ einfacher zu gestalten.

Konkret heißt das: Ar­beit­ge­be­r*in­nen dürfen ältere Ar­beit­neh­me­r*in­nen mehrfach befristet einstellen. Bis Ende August soll das Kabinett den Gesetzentwurf beschließen, damit der Bundestag das Gesetz noch in diesem Jahr verabschieden kann.

Armin Grau, in der Grünenfraktion im Bundestag zuständig für Rentenpolitik, begrüßte zwar die Stabilisierung des Rentenniveaus, diese müsste aber auch nach 2031 gelten.

Kritisch betrachtet Grau die Ausweitung der Mütterrente. Dadurch werde „sehr viel Geld auch an Personen verteilt, die es nicht dringend benötigen“, erklärte er der taz. Bei Müttern, die im Alter kaum Geld haben, käme hingegen zu wenig an. Mit einem zielgenaueren Konzept wie der grünen Garantierente könne „mit denselben Kosten mehr für Mütter erreicht werden.“

Kritik auch von Linkspartei und IG Metall

Scharfe Kritik kam aus der Linkspartei. Mit ihren aktuellen Plänen würde die Ministerin vor der Altersarmut kapitulieren, erklärte Parteichefin Ines Schwerdtner und forderte eine Anhebung des Niveaus auf 53 Prozent sowie eine solidarische Mindestrente.

Auch IG Metall-Sozialvorstand Hans-Jürgen Urban nannte die Pläne zum Rentenniveau zwar „besser als nichts“. Die Absicherung verbliebe jedoch auf einem niedrigen Niveau und habe ein kurzes Verfallsdatum. „Für eine gerechte Rente müssen auch die Weichen in Richtung einer Erwerbstätigenversicherung für alle gestellt werden“, erklärte er.

Tatsächlich hatte die Arbeitsministerin kurz nach Amtsantritt vorgeschlagen, dass auch Beamt*innen, Abgeordnete und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten. Der Koalitionspartner CDU/CSU hatte den Vorstoß der Ministerin allerdings scharf kritisiert – das stand auch nicht im Koalitionsvertrag. Mit weiteren Rentenreformen soll sich eine Kommission befassen.

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2 Kommentare

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  • Das mit der von den Grünen und einst der SPD geforderten "Garantierente" haben wir doch längst. Nennt sich seit 2005 "Grundsicherung bei Erwerbsminderung und im Alter" und die Höhe der Leistungen wurde rein zufällig exakt auf das Niveau von Hartz IV alias "Bürgergeld" festgelegt.

    Die Kindererziehungsleistungen von Frauen auch vor 1992 bei der Rente anzuerkennen ist mehr als nur gerecht. Es ist mies, wie aktuell Gewerkschaften, Grüne und Linke aber auch die konservative Presse dagegen opponieren!

  • Das sind doch alles kleine Beträge, im Vergleich was für Schrott von Rheinmetall ausgegeben werden soll. Lieber eine Mütterrente als einen Leo.