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Bergsturz in der SchweizKlimakatastrophe? Egal

Jonas Waack
Kommentar von Jonas Waack

Die Erderhitzung mag beim Bergsturz in der Schweiz nur eine kleine Rolle gespielt haben. Teil der Klimakrise ist die Katastrophe trotzdem.

Einige Menschen besichtigen den Erdrutsch im Lötschental. Naturkatastrophen wie diese werden sich in Zukunft häufen Foto: Cyril Zingaro/KEYSTONE/dpa

D er Bergsturz im schweizerischen Lötschental war eine Umweltkatastrophe, wie es sie schon immer gegeben hat. Gestein verwittert und reißt über Jahrhunderte. Vielleicht hat auch der Klimawandel eine Rolle gespielt: weil Permafrost, Gletscher und Schnee schmelzen.

Aber in einer Welt, in der die Erderhitzung immer mehr Katastrophen verursacht, häufiger und heftiger denn je, müssen wir nicht erst ausrechnen, wie viel wahrscheinlicher eine Naturkatastrophe aufgrund des Klimawandels geworden ist, um Klimaschutz zu fordern. Denn klar ist: Unsere Welt wird tödlicher und teurer.

Zu jeder Katastrophe, die auch ohne Erderhitzung eingetreten wäre, kommen neue dazu, die durch das Verbrennen von Öl, Gas und Kohle, durch die Rodung von Wäldern und die Trockenlegung von Mooren erst wahrscheinlich werden. Auch Katastrophen, die keine direkte physikalische Verbindung zur Erderhitzung haben, werden dadurch Teil der Klimakrise.

Es fällt leicht zu vergessen, dass Katastrophenschutz Arbeit ist und Ressourcen verschlingt, genauso wie das Auspumpen von Kellern nach Überschwemmungen oder das Löschen von Waldbränden. Häufen sich diese Ereignisse, muss mehr Geld, Material und Personal in Feuerwehr und Co gesteckt werden.

Mehr Bagger müssen Verwüstungen aufräumen. Das sind Bagger und Bauarbeiter, die keine Schienen legen oder Chipfabriken errichten können. Das Geld, das in neue Satelliten zur Überwachung von Berghängen oder Megagewittern fließt, fehlt woanders. Und fließt es nicht, werden Menschen später gewarnt, können sich schlechter vorbereiten, verlieren ihr Hab und Gut, sterben.

Der Begriff Klimaanpassung klingt nach ein bisschen kühlendem Stadtgrün und etwas höheren Deichen, dabei ist sie eine monströse Aufgabe, deren Ausmaß wir nicht einmal kennen: Wir stoßen weiterhin CO2 aus, die Erde erhitzt sich weiterhin.

Passen wir uns an eine Welt an, die 1,5 oder 2 oder 3 Grad heißer ist? Der Unterschied misst Hunderte Milliarden Euro und Millionen Menschenleben.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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7 Kommentare

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  • Wie Menschen, die in solchen Risikolagen leben, damit umgehen, zeigt die Doku über den Bergsturz von Bondo in Graubünden im Jahr 2017.



    „Wie der Klimawandel die Schweizer Alpen bedroht | Einstein | SRF Wissen“



    „Wie viel Risiko darf’s sein?“ : youtu.be/13jcAEZuQ4A?t=1586



    (taz.de/Nach-Gletsc...b_message_5017520)

    Verlustbefürchtungen und Ängste unter den jeweiligen persönlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen sind maßgebende Faktoren für die Entscheidungen im Umgang mit Risiken.

  • Ziemlich viel Ohnmacht. Die Leute aus Blatten wollen zurück in ihr schmales Tal, meine Nachbarn versiegeln ihren Rasen um Autoparkplätze zu schaffen, ein Häuschen am Fluss ist doch was Schönes, ... ...

    • @Joachim Kappert:

      Ihr Nachbar reagiert ja fix auf die Politik von Klingbeil, der ja jetzt den Klimawandel " befeuern " will , indem die SPD sich für die Subventionen für die Automobilindustrie eingesetzt hat. Die neuen E-Autos werden ja CO2 - Klimaneutral hergestellt. Nun beabsichtigt ihr Nachbar sicher ein neues E-Auto als Zweitwagen anzuschaffen.

  • Spektakulär sind Bergstürze und Gletscherabbrüche in uns bekannten Regionen allemal, aber geologisch betrachtet sind sie nicht so selten und daher auch nicht gänzlich unerwartet.



    "Klimawandel: Werden die Berge gefährlicher?



    30.05.2025



    Nach dem Gletscherabbruch in der Schweiz, der ein Bergdorf verschüttete, droht nun auch noch Überflutungsgefahr."



    Quelle



    www1.wdr.de/nachri...-gefahren-100.html

  • Nicht vergessen: durch den Klimawandel werden bedeutende Teile der Siedlungsfläche unbewohnbar. Bis Ende des Jahrhunderts wohl in der Größenordnung der Fläche, auf der 25% der Weltbevölkerung lebt (je nach Szenario. Aber wohl in jedem Fall bedeutende Flächen). Diese muss fliehen, unser fairer Anteil wären dann also rund 25 mio. Flüchtlinge.

    • @Ohne Klarname:

      Ohje da springt einem gleich das nächste (natürliche) Problem ins Auge, unsere Landwirtschaftlichen Flächen reichen dafür nicht. Die reichen ja jetzt genau genommen schon nicht.

      Und wenn ich das richtig verstehe, sind es ja genau solche Flächen die stark verschwinden werden, mit erhöhten Importen ohne damit anderen ihre Grundlage zu entziehen, ist folglich nicht zu rechnen...

    • @Ohne Klarname:

      Laut IPCC werden Teile Afrikas nahe dem Äquator und Teile Arabiens im Extremszenario RCP8.5 unbewohnbar, also wenn wir einen Anstieg der Globaltemperatur von über 4 °C und bis 7 °C im Jahr 2100 bekommen. Doch der IPCC erklärt seine Extremszenarien im AR6 Teil 3 Box 3.3 für unwahrscheinlich. Aus heutiger Sicht ist laut Zeke Hausfather (auf den sich der IPCC an der genannten Stelle bezieht) mit einem Anstieg der Globaltemperatur von etwa 2,5 Grad bis 2100 zu rechnen.