US-Migrationspolitik: Trump-Regierung will Gerichte umgehen
Die US-Regierung von Präsident Trump liegt weiter mit der Justiz über Kreuz. Nun soll der nächste Trick helfen, unliebsame Richtersprüche erst gar nicht zuzulassen.
„Die Verfassung ist eindeutig, und das ist natürlich das oberste Gesetz im Land: Das Privileg des Habeas-Corpus-Gesetzes kann im Falle einer Invasion ausgesetzt werden. […] Ich würde also sagen, dass dies eine Option ist, die wir aktiv prüfen“, sagte Miller auf die Frage, ob die Regierung plane, das Recht auf Haftüberprüfung außer Kraft zu setzen.
Die Trump-Regierung hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder öffentlich darüber beschwert, dass Richter versuchen würden, die Abschiebungen von illegalen Einwanderern zu blockieren. Viele Fälle berufen sich dabei auf das Habeas-Corpus-Gesetz, welches es jeder Person erlaubt, die Verhaftung durch ein Gericht auf Rechtsmäßigkeit prüfen zu lassen.
In der US-Verfassung heißt es, dass dieses Recht nur ausgesetzt werden kann, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, „im Falle einer Rebellion oder Invasion“. Die Formulierung gibt der Regierung also einen gewissen Spielraum, die Gerichte zu umgehen.
Sowohl Miller in seiner Aussage am Freitag als auch andere Regierungsmitglieder inklusive Präsident Trump haben in der Vergangenheit die Situation an der amerikanischen Südgrenze mit Mexiko immer wieder als Invasion bezeichnet.
Ob die Regierung diese Option wirklich wahrnehmen wird, hängt laut Miller davon ab, ob die Gerichte „das Richtige tun oder nicht“. In der Geschichte der USA wurde das Habeas-Corpus-Gesetz erst viermal außer Kraft gesetzt. In drei der vier Fälle war es der US-Kongress, der die Suspendierung des Rechts auf Haftüberprüfung zunächst genehmigte.
Die illegalen Grenzübertritte entlang der Südgrenze sind seit Trumps Amtsantritt im Januar drastisch gefallen. Der Rückgang startete zwar bereits unter Ex-Präsident Joe Biden, doch das harte Durchgreifen der Trump-Regierung gegen die irreguläre Migration hat das Ganze weiter beschleunigt.
Im März kam es laut dem US-amerikanischen Heimatschutzministerium (DHS) nur zu etwas über 11.000 Festnahmen entlang der Südgrenze. Im März 2024 lag die Zahl noch bei 189.000.
Erst am Montag verkündete das DHS, dass Menschen, die sich ohne legales Aufenthaltsrecht in den USA befinden, eine finanzielle Hilfe von bis zu 1.000 Dollar in Anspruch nehmen können, wenn sie das Land freiwillig verlassen.
„Wenn Sie sich illegal hier aufhalten, ist die Selbstabschiebung der beste, sicherste und kostengünstigste Weg, die Vereinigten Staaten zu verlassen und einer Verhaftung zu entgehen“, sagte Heimatschutzministerin Kristi Noem in einer Erklärung.
Bürgermeister von Newark bei Protest verhaftet
Der Vollstreckungsarm des Ministeriums, die Behörde ICE, hat in den vergangenen Monaten tausende Menschen, die sich unerlaubt im Land befinden, verhaftet und abgeschoben. Trump begann seine zweite Amtszeit mit dem Versprechen, die größte Massenabschiebung in der Geschichte der USA, zu vollziehen.
Insgesamt halten sich laut Regierungszahlen knapp 11 Millionen Menschen illegal in den USA auf. Auch wenn die bisher veröffentlichen Daten noch keine Massenabschiebung bestätigen, so hat sich die Zahl der ICE-Verhaftungen verdoppelt und die Zahl derer, die sich in Haftanstalten befinden, ist auf einem Allzeithoch.
Beim Versuch, Menschen ohne Aufenthaltsrecht abzuschieben, sind der Behörde aber auch Fehler unterlaufen. Der vielleicht bekannteste ist der Fall von Kilmar Abrego Garcia, der in ein Gefängnis nach El Salvador deportiert wurde. Der Supreme Court hat die Regierung daraufhin aufgefordert, sich für dessen Rückkehr einzusetzen. Diese weigert sich und behauptet, dass Abrego Garcia ein Gewalttäter und Mitglied der Straßengang MS-13 sei. Für beides gibt es keine Beweise.
Vor allem Demokraten und Menschenrechtsorganisationen kritisieren das aktuelle Vorgehen der Trump-Regierung. Erst am Freitag wurde Ras Baraka, der demokratische Bürgermeister der Stadt Newark im Bundesstaat New Jersey, verhaftet, als er zusammen mit anderen Aktivisten und Kongress-Abgeordneten die Eröffnung eines Aufenthaltslagers für Migranten in der Stadt protestierte.
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