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US-MigrationspolitikTrump-Regierung will Gerichte umgehen

Die US-Regierung von Präsident Trump liegt weiter mit der Justiz über Kreuz. Nun soll der nächste Trick helfen, unliebsame Richtersprüche erst gar nicht zuzulassen.

Donald Trump würde am liebsten Millionen Menschen abschieben Foto: Evan Vucci/dpa

Washington D.C. taz | Die US-Regierung um Präsident Donald Trump überlegt, das Recht auf Haftüberprüfung außer Kraft zu setzen, um die Abschiebung von illegalen Einwanderern zu erleichtern. Dies erklärte der stellvertretende Stabschef für Politik im Weißen Haus, Stephen Miller, gegenüber Journalisten am Freitag.

„Die Verfassung ist eindeutig, und das ist natürlich das oberste Gesetz im Land: Das Privileg des Habeas-Corpus-Gesetzes kann im Falle einer Invasion ausgesetzt werden. […] Ich würde also sagen, dass dies eine Option ist, die wir aktiv prüfen“, sagte Miller auf die Frage, ob die Regierung plane, das Recht auf Haftüberprüfung außer Kraft zu setzen.

Die Trump-Regierung hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder öffentlich darüber beschwert, dass Richter versuchen würden, die Abschiebungen von illegalen Einwanderern zu blockieren. Viele Fälle berufen sich dabei auf das Habeas-Corpus-Gesetz, welches es jeder Person erlaubt, die Verhaftung durch ein Gericht auf Rechtsmäßigkeit prüfen zu lassen.

In der US-Verfassung heißt es, dass dieses Recht nur ausgesetzt werden kann, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, „im Falle einer Rebellion oder Invasion“. Die Formulierung gibt der Regierung also einen gewissen Spielraum, die Gerichte zu umgehen.

Sowohl Miller in seiner Aussage am Freitag als auch andere Regierungsmitglieder inklusive Präsident Trump haben in der Vergangenheit die Situation an der amerikanischen Südgrenze mit Mexiko immer wieder als Invasion bezeichnet.

Ob die Regierung diese Option wirklich wahrnehmen wird, hängt laut Miller davon ab, ob die Gerichte „das Richtige tun oder nicht“. In der Geschichte der USA wurde das Habeas-Corpus-Gesetz erst viermal außer Kraft gesetzt. In drei der vier Fälle war es der US-Kongress, der die Suspendierung des Rechts auf Haftüberprüfung zunächst genehmigte.

Die illegalen Grenzübertritte entlang der Südgrenze sind seit Trumps Amtsantritt im Januar drastisch gefallen. Der Rückgang startete zwar bereits unter Ex-Präsident Joe Biden, doch das harte Durchgreifen der Trump-Regierung gegen die irreguläre Migration hat das Ganze weiter beschleunigt.

Im März kam es laut dem US-amerikanischen Heimatschutzministerium (DHS) nur zu etwas über 11.000 Festnahmen entlang der Südgrenze. Im März 2024 lag die Zahl noch bei 189.000.

Erst am Montag verkündete das DHS, dass Menschen, die sich ohne legales Aufenthaltsrecht in den USA befinden, eine finanzielle Hilfe von bis zu 1.000 Dollar in Anspruch nehmen können, wenn sie das Land freiwillig verlassen.

„Wenn Sie sich illegal hier aufhalten, ist die Selbstabschiebung der beste, sicherste und kostengünstigste Weg, die Vereinigten Staaten zu verlassen und einer Verhaftung zu entgehen“, sagte Heimatschutzministerin Kristi Noem in einer Erklärung.

Bürgermeister von Newark bei Protest verhaftet

Der Vollstreckungsarm des Ministeriums, die Behörde ICE, hat in den vergangenen Monaten tausende Menschen, die sich unerlaubt im Land befinden, verhaftet und abgeschoben. Trump begann seine zweite Amtszeit mit dem Versprechen, die größte Massenabschiebung in der Geschichte der USA, zu vollziehen.

Insgesamt halten sich laut Regierungszahlen knapp 11 Millionen Menschen illegal in den USA auf. Auch wenn die bisher veröffentlichen Daten noch keine Massenabschiebung bestätigen, so hat sich die Zahl der ICE-Verhaftungen verdoppelt und die Zahl derer, die sich in Haftanstalten befinden, ist auf einem Allzeithoch.

Beim Versuch, Menschen ohne Aufenthaltsrecht abzuschieben, sind der Behörde aber auch Fehler unterlaufen. Der vielleicht bekannteste ist der Fall von Kilmar Abrego Garcia, der in ein Gefängnis nach El Salvador deportiert wurde. Der Supreme Court hat die Regierung daraufhin aufgefordert, sich für dessen Rückkehr einzusetzen. Diese weigert sich und behauptet, dass Abrego Garcia ein Gewalttäter und Mitglied der Straßengang MS-13 sei. Für beides gibt es keine Beweise.

Vor allem Demokraten und Menschenrechtsorganisationen kritisieren das aktuelle Vorgehen der Trump-Regierung. Erst am Freitag wurde Ras Baraka, der demokratische Bürgermeister der Stadt Newark im Bundesstaat New Jersey, verhaftet, als er zusammen mit anderen Aktivisten und Kongress-Abgeordneten die Eröffnung eines Aufenthaltslagers für Migranten in der Stadt protestierte.

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15 Kommentare

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  • Man darf dabei nicht vergessen das der Supreme Court das Monster selbst erschaffen hat.

    "Zwei Tage nach dem Urteil des Obersten US-Gerichts zur Immunität von Ex-Präsident Trump meinen Beobachter: Die Entscheidung wird die amerikanische Demokratie verändern."

    • @taz.manien:

      ÄTSCHIBÄTSCHI - ? - Jung - das sind doch mehrheitlich seine - von ihm - 🍊el 💨 inthronisierte Richterkarikaturen •

  • taz: *Trump-Regierung will Gerichte umgehen*

    Das hat nichts mehr mit einer Demokratie zu tun. Donald Trump arbeitet fleißig an seiner 'Agenda 47', die in weiten Teilen große Ähnlichkeit mit dem 'Project 2025' hat. "Project 2025 ist ein politischer Plan zur Umgestaltung der US-Bundesregierung und zur Konsolidierung der Exekutivgewalt zugunsten einer rechtsgerichteten Politik." (Quelle: WIKIPEDIA). Mit der 'Agenda 47' möchte Trump die Macht des Präsidenten (also seine Macht) ausbauen.

    ***Agenda 47*** de.wikipedia.org/wiki/Agenda_47

  • Eine alte, schwammig formulierte Verfassung ist ein hervorragendes Einfallstor für die Trump-Administration, damit lässt sich fast jede Sauerei rechtfertigen. Klar gibt es eine Invasion, durch Flüchtlinge. Warum nicht gleich das Kriegsrecht ausrufen im Krieg gegen Flüchtlinge?

  • "Selbstabschiebung" Es ist nicht zum Aushalten. Wie lange soll dieser Wahnsinn weitergehen? Und die Staatschefs überbieten sich darin, dem Orangenen zu Gefallen zu sein.



    Hat sich noch jemand gefragt, warum Starmer so glücklich ist, dass die lästige Sache mit den Geschlechtern vom Tisch ist? Wer hat ihm diesen Floh wohl ins Ohr gesetzt? MAGALabour kommt.

    • @Patricia Winter:

      Zynische Wortschöpfungen waren schon immer eine Domäne von -insbesondere rechten-Diktaturen, in Deutschland war das ab 1933 nicht anders. Wenn ich mir das von der AfD verwendete Vokabular anschaue, stellen sich mir vor Abscheu die Nackenhaare auf.

  • Können wir bitte die Trump-Regierung als das benennen, was sie mittlerweile ist? Ein autokratisches Regime. Das Argument der "nationalen Sicherheit" war schon immer ein gern genommenes Argument von Autokraten und Diktatoren, um Menschenrechte einzuschränken oder gleich ganz abzuschaffen.

    • @Minelle:

      Hörnmer mal rein -



      In Der Souveränitätseffekt …zeichnet Vogl die Genealogie der kapitalistischen Moderne mitsamt ihren Akteuren und Institutionen nach: private Financiers, Zentralbanken, Staatsgründungen. Er entlarvt damit – ähnlich wie Karl Marx – den liberalen Mythos einer Trennung von Politik und Ökonomie. Politische Entscheidungsmacht und modernes Finanzwesen gingen somit Hand in Hand. … bestimmt Vogl einen spezifischen entdemokratisierenden Machttypus, …in Anlehnung an Deleuze und Foucault als seigniorale Macht … und der das internationale Governance-Regime des Finanzmarktkapitalismus strukturiert. „Die Figuren seignioraler Macht […]…informell, diffus, instabil und nicht in eine konzise Systemgestalt übersetzbar. Man könnte hier von einer offenen und konstellativen Verdichtung, Fusion und Interaktion von Kräften unterschiedlicher Herkunft sprechen, deren Wirksamkeit gerade in der Schwäche institutioneller oder systemischer Prägung besteht.“ …zeigt die Entwicklung der kapitalistischen Finanzökonomie auf &… dass wir nicht in Demokratien leben, sondern in oligarchischen Systemen globalkapitalistischer Profitmaximierung, die von politischen und ökonomischen Eliten regiert werden.

  • Der Dekretator



    Trump eröffnet eine ganz neue Kategorie der Macht, eine "Dekretatie", bei der ein Präsident alleine durch Dekrete regiert und bestimmt.



    Schlimm genug, dass dies die Abgeordneten Republikaner zulassen, entmachten sie sich doch so selbst damit. Eigentlich müssten sie selbst es sein, welche diesem Treiben ein Ende setzen. Doch sind sie dazu schlichtweg zu feige. Und so verkommt die USA von der Demokratie zur Dekretatie.

  • Im Faschismus wird die Justiz gewöhnlich "gleichgeschaltet".

  • Habeas Corpus ist die Mutter der Rechtsstaatlichkeit und stammt aus dem Mittelalter. Wenn das angetastet wird, ist der Rechtsstaat definitiv verloren.

  • Was kommt als nächstes, der Volksgerichtshof und das Ermächtigungsgesetz? Dass Miller rechtsextrem ist, war schon vor der Wahl klar, die Unverholenheit, mit der er und seine Kumpane das Drehbuch "Deutschland 1933" in die Tat umsetzen, ist allerdings erschreckend.

    • @Flix:

      Projekt 2025. Das, von dem Trump immer behauptet hat, es nicht zu kennen und es jetzt 1:1 umsetzt.

      • @Minelle:

        Das sind mehr als 1000 Seiten, nie und nimmer hat er das gelesen, geschweige denn verstanden. Was aber in der Tat nichts daran ändert, dass es jetzt umgesetzt wird.

        • @Flix:

          Die Hauptfinanzierung kam von der Trump-Familie. Er hat vielleicht nicht alles gelesen und verstanden - bei dem Matschhirn kein Wunder - aber das Wesentliche werden ihm seine Speichellecker schon erklärt haben.