piwik no script img

Waffenlieferungen an die UkraineMerz möchte die Taurus-Frage begraben

Der Kanzler will für weniger Transparenz bei Waffenexporten an die Ukraine sorgen. Sein Sprecher deutet eine Entscheidung bei Marschflugkörpern an.

Hatte sich offen dafür gezeigt, Marschflugkörper des Typs Taurus an die Ukraine zu liefern: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Foto: Liesa Johannssen/reuters

Berlin taz | Die neue Bundesregierung möchte sich der leidigen Debatte um die Lieferung von Taurus-Marschflug­körpern an die Ukraine entledigen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will wohl auch deshalb weniger detailliert über deutsche Waffenlieferungen nach Kyjiw informieren. „Es war der Wunsch des Bundeskanzlers, die Kommunikation über einzelne Waffensysteme zu reduzieren, und das hat auch mit dem Waffensystem Taurus zu tun“, sagte sein Regierungssprecher Stefan Kornelius am Montag in Berlin.

Merz hatte sich in der Vergangenheit wiederholt offen dafür gezeigt, Marschflugkörper des Typs Taurus an die Ukraine zu liefern. Damit hatte er auch den ehemaligen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor sich hergetrieben, der einen Export des weitreichenden Waffensystems aus Angst vor einer weiteren militärischen Eskalation in der Region stets abgelehnt hatte.

Die neue Bundesregierung bekräftigte die weitere militärische Unterstützung für der Ukraine. Kornelius deutete dabei an, dass eine Entscheidung zu Marschflugkörpern in den kommenden Tagen durchaus anstehen könne.

„Ich kann allgemein sagen, dass die Unterstützung auch das Thema long range fire, also Marschflugkörper mit einer gewissen Reichweite, betrifft“, sagte er. Und auf Nachfrage fügte er hinzu: „Ich habe gesagt, dass die Bundesregierung bereit ist, die Ukraine im Bereich long range fire deutlich zu unterstützen.“

Bei der Kommunikation zu Waffenexporten an die Ukraine wurde dabei auch eine Differenz innerhalb der Bundesregierung deutlich. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums widersprach den Ausführungen des Regierungssprechers, wonach künftig gar keine Informationen über Rüstungsexporte an das von Russland angegriffene Land veröffentlicht werden.

Das Verteidigungsministerium ist bislang transparent

„In der Zuspitzung ist es so nicht ganz richtig, wir würden immer noch sagen, welche Waffen wir liefern und welche Munition“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Michael Stempfle. Es gelte das Informationsinteresse der Bevölkerung und die Sicherheitsbestrebungen der Ukraine gegeneinander auszutarieren. „Welche Waffengattungen, welche Stückzahlen von Lenkflugkörpern, das ist für die Öffentlichkeit nicht so wichtig, ob es jetzt 300 oder 400 sind“, sagte Stempfle. Doch für Russland seien das wichtige Informationen.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums hat Deutschland inzwischen Militärhilfen in Höhe von etwa 28 Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine zur Verfügung gestellt oder für die kommenden Jahre zugesichert.

Bislang schlüsselt das Verteidigungsministerium seine Lieferungen an Kyjiw penibel auf seiner Internetseite auf: Von der Zahl der Patriot-Flugabwehrsysteme über Kampfpanzer bis zu Sturmgewehren und Erste-Hilfe-Kits lassen sich die Exporte Deutschlands bis ins Detail nachverfolgen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Mit jedem Tag mehr den wir den Ukrainern nicht den Taurus liefern wird Merz unglaubwürdiger und zeigt insbesondere in dieser Sache dass er Scholz nur vor sich hertreiben wollte und für die Oppositionsbank besser geeignet ist als für die Regierungsbank. Ein Frieden in Europa muss her, aber zu den Bedingungen der Ukrainer und ohne Putins Regime damit es ein dauerhafter Frieden wird.

  • „Es war der Wunsch des Bundeskanzlers, die Kommunikation über einzelne Waffensysteme zu reduzieren, und das hat auch mit dem Waffensystem Taurus zu tun“



    Nachdem Merz 2022 Scholz genau dafür kritisiert hat... Ich kann es ja durchaus nachvollziehen, dass man vorsichtig mit Details ist, wenn man mit einem blutrünstigen Angreifer zu tun hat, aber es ist wie mit dem Schuldenpaket: Erst blockieren und dann selber machen ist durch und durch verlogen und ekelhaft.

  • Unter anderem wegen des Zu- und Laufenlassens dieser leidigen Debatten über seine ganze Amtszeit hinweg ist Scholz abgewählt worden.

  • Wenn je nach Umfrage 60 bis 70% gegen die Tauruslieferungen sind, will man das doch nicht an die grosse Glocke haengen. Oder fallen die Tauruslieferungen ohne die Waffenruhe ins Wasser, weil man Angst hat, dass deutsche Soldaten in der Ukraine zum Ziel werden koennen?



    Scholz hatte die Nichtlieferung der Taurus vor allem damit begruendet, dass Deutschland dann offiziell im Krieg mit Russland waere, wenn deutsche Soldaten deutsche Waffen auf Russland schiessen. Bin ja mal gespannt wie Merz sich verhaelt, aus Erfahrung wuerde ich tippen, dass seine Aussagen von "gestern" nichts wert sind.